Safer Internet Day

Facebook löscht

Foto: imago

Obwohl Google, Facebook und andere Internetgiganten zunehmend im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik stehen, konnte man Anfang der Woche plötzlich ganz andere Töne hören: Die Europäische Kommission zeigte sich sehr zufrieden darüber, wie führende Anbieter sozialer Netzwerke gegen Hass und Hetze vorgehen.

Die im Jahr 2016 in einem Verhaltenskodex zwischen EU-Kommission und den großen Internetplattformen vereinbarten Zielvorgaben würden weitgehend eingehalten, hieß es am Montag in Brüssel bei der Vorstellung eines Berichts.

BESCHWERDEN In einer sechswöchigen europaweiten Studie im November und Dezember 2018 wurde gemessen, wie schnell die Betreiber der Netzwerke nach Übermittlung einer Beschwerde reagieren.

Das Ergebnis: Führende soziale Medien wie Facebook, Twitter oder YouTube prüfen mittlerweile 89 Prozent der gemeldeten Inhalte innerhalb von 24 Stunden und entfernen 72 Prozent, so die Studie. Bei Einführung des Kodexes im Mai 2016 lagen diese Werte bei nur 40 beziehungsweise 28 Prozent. Weniger als ein Prozent der Beschwerden würden erst nach mehr als einer Woche bearbeitet, so die Studie.

89 Prozent der gemeldeten Inhalte werden innerhalb von 24 Stunden überprüft.

»Hate speech« Besonders Facebook hat laut Kommissionsangaben große Fortschritte gemacht. So wurden dort fast 93 Prozent aller Beschwerden wegen »Hate speech« innerhalb von 24 Stunden bearbeitet und 82 Prozent der angezeigten Inhalte tatsächlich entfernt (2016 waren es nur 28 Prozent).

Die Google-eigene Videoplattform YouTube handelte in 83 Prozent der Fälle innerhalb eines Tages, während bei Twitter zwar 88 Prozent der Eingaben sofort bearbeitet, aber nur halb so viele (44 Prozent) tatsächlich auch gelöscht wurden.

Insgesamt bemühten sich die Internetplattformen, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren und beim Löschen von Inhalten nicht über das Ziel hinauszuschießen, so die Kommission in ihrem Bericht.

TRANSPARENZ Allerdings sei die Rückmeldung an Nutzer, die Inhalte meldeten, noch verbesserungsfähig. Nur knapp zwei Drittel der User würden eine Antwort erhalten. Außerdem gebe es nach wie vor zu wenig Transparenz hinsichtlich der Kriterien für die Entfernung gewisser Inhalte.

Besonders Facebook hat laut Kommissionsangaben große Fortschritte gemacht.

Gleich mehrere Unternehmen haben in den vergangenen Monaten ihre Teilnahme am EU-Verhaltenskodex angekündigt, darunter Google+ und die Facebook-Tochter Instagram. Beide sozialen Netzwerke erfüllten bereits die Vorgaben, so die Kommission, lägen allerdings noch hinter Facebook, Twitter und YouTube zurück, was die Reaktionsschnelligkeit angeht.

AUSWIRKUNGEN Julia Mozer, Mitarbeiterin der jüdischen Organisation CEJI – A Jewish Contribution to an Inclusive Europe, die sich an der EU-Studie beteiligt hatte, betonte: »Es gibt da leider eine große Grauzone bei Hass und Hetze im Netz. Manches davon ist zwar nicht illegal, hat aber dennoch gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft und besonders auf die Adressaten dieser Verleumdungen.«

Die monierten Inhalte sind häufig auch antisemitischer Natur.

Rund 17 Prozent der gemeldeten Fälle beziehen sich auf ausländerfeindliche Hetze und Hass gegenüber Migranten, 16 Prozent aller gemeldeten Vorkommnisse bezogen sich auf Hass auf Menschen wegen deren sexueller Orientierung, 13 Prozent waren speziell gegen Muslime gerichtet, und zehn Prozent der im Berichtszeitraum monierten Inhalte waren antisemitischer Natur.

FREIWILLIGKEIT In Deutschland trat Anfang vergangenen Jahres das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft. Es macht Internetplattformen klare gesetzliche Vorgaben über die Entfernung illegaler Inhalte von ihren Seiten.

Die Europäische Kommission hingegen setzt auf freiwillige Maßnahmen und hat bislang auf gesetzgeberische Vorschläge verzichtet. Die Ergebnisse der neusten Studie dürften sie auf diesem Weg bestärken.

Stockholm

Wirtschaftsnobelpreis geht auch an jüdischen Ökonom

Joel Mokyr, Philippe Aghion und Peter Howitt werden für ihre Forschung zu nachhaltigem Wachstum geehrt

 13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Malibu

Kiss-Sänger Gene Simmons bei Unfall verletzt

Der 76-Jährige soll hinter dem Steuer das Bewusstsein verloren haben

 10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025

Literatur

Nobelpreis für Literatur geht an László Krasznahorkai

Die Literaturwelt blickt erneut gebannt nach Stockholm. Dort entscheidet man sich diesmal für einen großen Schriftsteller aus Ungarn - und bleibt einem Muster der vergangenen Jahre treu

von Steffen Trumpf  09.10.2025

Italien

»Mein Sohn will nicht mehr Levy heißen«

Wie ist es in diesen Tagen, Jude in einer europäischen Metropole zu sein? Ein Besuch bei Künstler Gabriele Levy im jüdischen Viertel von Rom

von Nina Schmedding  06.10.2025

Großbritannien

Empörung über Israels Einladung an Rechtsextremisten

Jüdische Verbände und Kommentatoren in Großbritannien sind entsetzt, dass Diasporaminister Chikli und Knesset-Sprecher Ohana ausgerechnet nach dem Anschlag von Manchester einen rechten Agitatoren hofieren

von Michael Thaidigsmann  06.10.2025

Türkei

»Zionist«: Robbie-Williams-Konzert in Istanbul am 7. Oktober abgesagt

Die Stadt verweist auf Sicherheitsbedenken – zuvor gab es online massive Proteste wegen jüdischer Familienbezüge des Musikers

 05.10.2025

7. Oktober

Ein Riss in der Schale

Wie Simchat Tora 2023 das Leben von Jüdinnen und Juden verändert hat

von Nicole Dreyfus  05.10.2025