Interview

»Einfach eine gute Politik machen«

Oskar Deutsch Foto: ikg wien

Interview

»Einfach eine gute Politik machen«

Oskar Deutsch über den Rechtsruck in Österreich und Befürchtungen in der jüdischen Gemeinde

von Martin Krauss  30.09.2013 21:56 Uhr

Herr Deutsch, bei den österreichischen Wahlen sind die sozialdemokratische SPÖ und die konservative ÖVP geschwächt worden, die rechtspopulistische FPÖ gestärkt. Was halten Sie davon?
Es gab einen Rechtsruck, also ein Anwachsen der rechten Protestwähler, die bei der FPÖ ihr Kreuz gemacht haben. Dennoch wird es wohl mit der Koalition von SPÖ und ÖVP weitergehen. Die rechte FPÖ wird nicht in die Regierung kommen, und das ist gut so.

Fürchten Sie, dass die FPÖ auf leisen Sohlen die Volksparteien überholen könnte?
Das hatten wir ja alles schon. Unter ihrem damaligen Vorsitzenden Jörg Haider hatte die FPÖ im Jahr 1999 ja schon fast 27 Prozent, jetzt sind es beinahe nur noch 21 Prozent. Also: Die Gefahr besteht so nicht mehr. Die Leute, die die FPÖ gewählt haben, taten das aus Protest, obwohl sie wissen, dass es eine ausländerfeindliche Partei ist.

Die FPÖ ist rassistisch und ausländerfeindlich. Wie antisemitisch ist sie denn?
Parteichef Heinz-Christian Strache selbst hat sich nicht antisemitisch geäußert, aber wir bezeichnen mit guten Gründen viele der FPÖ-Funktionäre als »Kellernazis«. Strache und die gesamte Partei haben in ihrem Wahlkampf gegen Ausländer und gegen Muslime gehetzt – da ist es bekanntlich kein großer Schritt, auch gegen Juden zu hetzen.

Jeder fünfte Österreicher hat die FPÖ gewählt. Wie kann man ihren Einfluss zurückdrängen?
Nicht jeder Fünfte hat sie gewählt. Man muss auch sehen, dass etwa 25 Prozent nicht zur Wahl gegangen sind. Es sind also weniger als ein Fünftel der Österreicher. Und was man dagegen tun kann? Einfach eine gute Politik machen. Österreich steht, was die Wirtschaftszahlen angeht, sehr gut da. Wenn die Regierungsparteien gut regieren, werden sie als große Volksparteien auch bald wieder stärker dastehen.

Besteht denn die Gefahr, dass sich die FPÖ als Koalitionspartner für die ÖVP andienen könnte?
Für eine Zweiparteienkoalition aus ÖVP und FPÖ reichen die Stimmen nicht. Und dass die beiden Parteien mit dem eurokritischen Team Stronach des austro-kanadischen Milliardärs Frank Stronach zusammengehen könnten, das zum ersten Mal ins Parlament gewählt wurde, glaube ich nicht. Die ÖVP ist für den Euro, Stronach dagegen – daher kommen sie nicht zusammen.

Wie beurteilen Sie den Erfolg des Teams Stronach? Wächst hier eine rechte Konkurrenz zur FPÖ heran, die die IKG mit Sorge im Auge behalten sollte?
Im Gegenteil. Wir haben gute Beziehungen zu Frank Stronach, auch ich persönlich. Er hat der IKG als Privatperson, bereits bevor er politisch tätig wurde, schon hohe Summen gespendet, und ich weiß, dass er in Kanada der jüdischen Gemeinschaft Toronto ebenfalls schon oft geholfen hat.

Mit dem Präsidenten des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs sprach Martin Krauß.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025

Österreich

»Geschichte wurde schon immer politisiert«

Die US-Historikerin Sarah Abrevaya Stein über Gier, Künstliche Intelligenz und den Baron-Wissenschaftspreis

von Stefan Schocher  09.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  09.07.2025