Antisemitismus

»Eine globale Bedrohung«

Liebe Geft Foto: Uwe Steinert

Antisemitismus

»Eine globale Bedrohung«

Liebe Geft über Judenhass, US-Präsident Donald Trump und die Wirkung von Schoa-Erziehung

von Ayala Goldmann  12.12.2019 12:50 Uhr

Frau Geft, einige Programme des Museums der Toleranz in Los Angeles richten sich an Schüler. Was können deutsche Lehrer, die mit Antisemitismus im Klassenzimmer konfrontiert sind, davon lernen?
Wir haben Lehrpläne und Techniken für Lehrer entwickelt. Es kommt immer darauf an, woher die Schüler ihre Ideen beziehen. Aber eines ist klar: Wir können Antisemitismus nicht hinnehmen, und wir müssen klären, woher die Ideen kommen. Wir leben in einer postfaktischen Welt, und das ist sehr beängstigend. Deshalb haben wir ein Pilotprojekt entwickelt, um Extremismus im Internet zu dechiffrieren und einen Dialog zwischen Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Herkunft zu initiieren.

Sie arbeiten mit Zeitzeugen der Schoa, ermutigen aber auch die Kinder der Zeitzeugen, die Geschichte ihrer Eltern zu erzählen. Ist das überhaupt möglich?
Eine der größten Herausforderungen in der Schoa-Bildung ist in der Tat, dass wir mit dem Verlust der letzten Überlebenden umgehen müssen. Einerseits stellen wir uns darauf ein, indem wir Berichte der Überlebenden aufnehmen. Wir haben aber auch ein Forum für die zweite und dritte Generation entwickelt. Natürlich können Kinder und Enkel nicht an die Stelle der Opfer treten, aber sie können darüber sprechen, wie deren Geschichte sie persönlich beeinflusst hat.

Der Anschlag auf die Synagoge in Halle an Jom Kippur hat uns schockiert. Wie beurteilen Sie die Lage der Juden in den USA?
Der Antisemitismus ist eine globale Bedrohung. Aber ich denke, es ist sehr wichtig, darauf zu achten, wie vor Ort darauf reagiert wird. Im Oktober 2018 wurde der schreckliche Anschlag auf die Synagoge in Pittsburgh verübt, das größte Massaker an Juden in der Geschichte der USA, und es war leider nicht der letzte Angriff. Aber die Polizisten in Pittsburgh sind in die Synagoge gerannt, um Juden zu retten. Die ganze Stadt war solidarisch, die Sportvereine, auch die Muslime. Dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach dem Mordanschlag in Halle an Jom Kippur eine Synagoge in Berlin besuchte, ist ein wichtiges Zeichen.

Wie sehen Sie im Vergleich dazu die Reaktion der Regierung von US-Präsident Donald Trump auf Pittsburgh?
Das ist konfus. Wir sehnen uns nach Zeichen der Unterstützung.

Fragen Sie sich eigentlich manchmal, ob Sie an Ihrer Arbeit etwas ändern müssen? Sie setzen sich seit Jahren für Toleranz ein, und die Intoleranz wächst ständig.
Ob wir erfolgreich sind, ist schwer zu messen. Vielleicht haben wir nicht genug getan, vielleicht gab es zu viel Selbstgefälligkeit. Früher war es inakzeptabel, sich als Antisemit zu outen. Heute hat sich das geändert, und wir müssen neue Wege suchen. Wenn wir es nicht schaffen, junge Menschen anzusprechen, verpufft unsere Botschaft.

Mit der Leiterin des Museums der Toleranz in Los Angeles sprach Ayala Goldmann.

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025