Aserbaidschan

Ein Jude singt beim ESC für ein muslimisches Land

Asaf Mishijev (M.) und seine Band Mamagama. Foto: Mamagama/ EBU

Aserbaidschan

Ein Jude singt beim ESC für ein muslimisches Land

Asaf Mishijev ist stolz auf seine Heimat – und ebenso stolz auf die jüdische Gemeinschaft und Israel

von Hannah Persson  05.03.2025 17:25 Uhr

Das muslimische, autoritär regierte Land Aserbaidschan schickt dieses Jahr den jüdischen Sänger Asaf Sefael Mishijev zum Eurovision Song Contest nach Basel. Der 32-Jährige ist Frontmann der Band Mamagama, die vom aserbaidschanischen Sender Îctimai für die aktuelle Ausgabe des jährlich stattfindenden internationalen Wettbewerbs ausgewählt wurde.

Mishijev lebt in der Hauptstadt Baku, wie rund 70 Prozent der im Land lebenden Juden, und ist in der insgesamt rund 30.000 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinschaft bekannt. Unter anderem, weil er 2013 einen jüdischen Musikwettbewerb gewonnen hat. Derzeit gebe er Gesangs- und Gitarrenunterricht für Kinder und Jugendliche in einem jüdischen Gemeindeklub, berichtet unter anderem das Nachrichtenportal »Jewish News«.

Lesen Sie auch

»Ich fühle mich nicht nur als Repräsentant meines Landes Aserbaidschan, auf das ich stolz bin, sondern auch als Repräsentant des jüdischen Volkes«, zitiert die israelische Nachrichtenseite »Ynet« Mishijev. Er könne auch Hebräisch, so der Sänger weiter. »Ich habe in Baku an einer jüdischen Schule studiert.« Davon gebe es zwei. »Unsere Beziehungen zu Israel sind sehr stark.« Zu Hause würde er manchmal auch auf Hebräisch singen, und er sei Fan israelischer Musiker wie Asaf Avidan, Yael Naim und der Mercedes Band. 2020 war er Kandidat der russischen Version von »The Voice« und habe dort vor allem Songs jüdischer Künstler gesungen, wie Avidans »Reckoning Day« und »Rehab« von Amy Winehouse.

Mishijevs Band Mamagama kombiniere Pop und Rock mit aserbaidschanischer Folklore, heißt es auf der offiziellen ESC-Bandwebsite. Der Name beschreibe »die rohe, unaufhaltsame Kraft von ›Mama‹, der ultimativen Schöpferin und Quelle des Lebens«, während »Gama« für das gesamte Klangspektrum stehe, so die Musiker. Neben Mishijev sind das Bahruz Efendiyev und Allahverdi Gumbetli. 2022 wurde das Trio auf dem Kënga Magjike Festival in Albanien als bester europäischer Act ausgezeichnet.

Mishijev identifiziert sich als Bergjude

Auch der Song, mit dem Mamagama im Mai in Basel antreten wird, steht schon fest: »Run With U« heißt er und sei »von Michael Jackson und Daft Punk inspiriert«, sagte Mishijev dem »Jewish Insider«. »Hauptsache funky.« Er habe ihn bereits als Teenager geschrieben, aber natürlich modernisiert. Allerdings gibt es im herrlich unmodernen, lustigen Video Computer-Disketten und Kassetten zu sehen.

Mishijev identifiziert sich als Bergjude. Die Gemeinschaft stammt ursprünglich aus Persien und hat ihre jüdischen Traditionen jahrhundertelang in der Abgeschiedenheit der kaukasischen Berge gepflegt. Auch wenn sehr viele Bergjuden infolge von Krieg und Unsicherheit nach dem Zerfall der Sowjetunion Alija machten oder anderweitig auswanderten, gibt es heute noch Orte jüdischen Lebens im Kaukasus, unter anderem die »Rote Siedlung« in Quba, dem jüdischen Zentrum Aserbaidschans. Hier leben heute noch etwa 3000 die eigene Sprache Juhuri sprechende Juden, es gibt eine Jeschiwa und seit 2020 das erste Museum der Bergjuden weltweit, heißt es über die Stadt. Auch Mishijevs Großeltern stammen von dort.

»Für die sind wir Helden«

Aserbaidschan brüstet sich immer wieder damit, dass es keinen Antisemitismus im Land gebe. Das betont auch der Ehrenkonsul der lokalen Jewish Agency, Roman Gurevich: »Aserbaidschan ist ein wichtiger und treuer Verbündeter des Staates Israel. Die Wahl eines jüdischen Sängers ist ein neuerlicher Beweis dafür.« Mishijev sagte denn auch, dass er sich freuen würde, »wenn die Israelis mich unterstützen«.

Erst einmal sind aber noch seine Musikschüler seine größten Fans: »Für die sind wir Helden.«

Nachruf

Letzter Kämpfer des Aufstands des Warschauer Ghettos gestorben

Michael Smuss wurde 99 Jahre alt

 24.10.2025

Wien

Nobelpreisträger warnt vor technischer Abhängigkeit von den USA

Joseph E. Stiglitz kritisiert Präsident Trump und ruft Wissenschaft und Medien zur Verteidigung der Medienfreiheit weltweit auf

von Steffen Grimberg  24.10.2025

Polen

Antisemitische Hetzer verhindern Konzert jüdischer Musiker

Der Chor der Pestalozzi-Synagoge in Berlin war eingeladen, in Września gemeinsam mit dem dortigen Kinderchor den Komponisten Louis Lewandowski zu ehren. Nach Hetze und Drohungen wurden alle Veranstaltungen abgesagt

von Sophie Albers Ben Chamo  23.10.2025

Großbritannien

Jiddisch verbindet

Zwischen Identitätssuche, Grammatik und Klezfest. Unsere Autorin war beim Sprachkurs »Ot Azoy« in London

von Sabine Schereck  23.10.2025

Rabbiner Noam Hertig aus Zürich

Diaspora

Es geht nur zusammen

Wie wir den inneren Frieden der jüdischen Gemeinschaft bewahren können – über alle Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinweg

von Rabbiner Noam Hertig  23.10.2025

Großbritannien

Ärztin wegen antisemitischer Agitation festgenommen

Dr. Rahmeh Aladwan wurde vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen, weil sie die Hamas-Verbrechen vom 7. Oktober verherrlicht hatte. Nun muss der General Medical Council über ihre Approbation entscheiden

von Michael Thaidigsmann  22.10.2025

Regierungsrätin und Vorsteherin der Gesundheitsdirektion Natalie Rickli lehnte die unverbindliche Anfrage des Bundes ab, 20 Kinder aus Gaza in der Schweiz aufzunehmen.

Schweiz

Kinder aus Gaza bald in Zürich?

In der Schweiz wird eine politische Debatte darüber geführt, ob verletzte Kinder aus dem Gazastreifen aufgenommen werden sollen

von Nicole Dreyfus  22.10.2025

Mexiko

»La Doctora« liefert

Die Sozialdemokratin und Physikerin Claudia Sheinbaum ist seit einem Jahr Präsidentin. Eine erste Bilanz

von Michael Ludwig  21.10.2025

Charlotte (North Carolina)

Schachgroßmeister Daniel Naroditsky mit 29 Jahren gestorben

Das Charlotte Chess Center würdigt ihn als »herausragenden Schachspieler, Lehrer und geliebten Freund«

 21.10.2025