Frankreich

Ein Abend im Louvre

Kam zum Dinner: First Lady Brigitte Macron Foto: Leonardo Kahn

Hoher Besuch im Louvre. Zum Jahres­dinner der französisch-jüdischen Dachorganisation CRIF trafen am Donnerstag vergangener Woche die wichtigsten Personen aus der französischen Politik und der jüdischen Gemeinde zusammen: unter ihnen Premierminister Jean Castex, viele Ministerinnen und Minister der aktuellen und früherer Regierungen, das deutsch-französische Historikerpaar Serge und Beate Klarsfeld sowie die Frau des französischen Präsidenten, Brigitte Macron.

Üblicherweise nimmt der Präsident an der jährlichen Veranstaltung selbst teil, doch weil am Morgen Russland der Ukraine den Krieg erklärt hatte, musste Emmanuel Macron zu einer Krisensitzung nach Brüssel reisen.

UKRAINE CRIF-Präsident Francis Kalifat erklärte gleich am Anfang seiner Rede dem ukrainischen Volk seine Unterstützung: »Die russische Invasion erinnert uns an Zeiten, die wir für abgeschlossen hielten.« Dann kam Kalifat auf den Schwerpunkt seiner Rede: den Antisemitismus in Frankreich. Die Zahl judenfeindlicher Angriffe hat im Vergleich zum Vorjahr um 75 Prozent zugenommen – fast dreimal so stark wie in Deutschland. 73 Prozent aller Straftaten mit religiös motiviertem Hintergrund wurden gegen Juden verübt, obwohl diese in Frankreich nur ein Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Die Angriffe passieren oft unter dem Deckmantel der Israel-Kritik, meinte der CRIF-Präsident und verwies auf die pro-palästinensischen Proteste im Mai 2021. In Deutschland seien dabei, »wie zu erwarten«, antijüdische Parolen gerufen worden. In Paris hingegen wurden die Demonstrationen abgesagt.

Kurz vor dem Jahresdinner hatte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin die Auflösung zweier israelfeindlicher Organisationen angekündigt: des Collectif Palestine Vaincra (Kollektiv Palästina wird gewinnen) sowie des Comité Action Palestine.

ISRAEL CRIF-Präsident Francis Kalifat scheute sich nicht, die anwesende Regierung in seiner Rede zu kritisieren. Er forderte sie auf, dem jüngsten Israel-Bericht von Amnesty International zu widersprechen. Im Gegensatz zu Frankreich hätten Deutschland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten bereits klar kommuniziert, dass Israel kein Apartheid-Regime ist.

Außerdem bat er Präsident Macron darum, seinen Vorsitz im EU-Rat zu nutzen, um Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Dies würde »allen Ländern Europas den Weg weisen«.

Vor den Präsidentschaftswahlen wird das »Dîner du CRIF« stets zum politischen Schauplatz. Diesmal lag der Name eines Kandidaten in aller Munde: Éric Zemmour. Weil er die antisemitische Vergangenheit Frankreichs verharmlost, vor allem die Judendeportationen unter dem Vichy-Regime, war der rechtsextreme Kandidat, obwohl er jüdisch ist, nicht eingeladen worden.

Bei einigen Gästen stieß diese Entscheidung auf Ablehnung. So kritisierte der Anwalt und Essayist Gilles-William Goldnadel den jüdischen Dachverband auf Twitter: »Armseliger CRIF, der niemanden mehr vertritt.« Éric Zemmour ist für etliche Juden ein beliebter Kandidat.

KAndidaten Doch CRIF-Präsident Francis Kalifat blieb standhaft und betonte in seiner Rede: »Ich rate, auf alle links- und rechtsextremen Kandidaten zu verzichten.«

Zum Jahresdinner waren diesmal drei Kandidaten gekommen: die Sozialistin Anne Hidalgo, die Rechtskonservative Valérie Pécresse und der Grüne Yannick Jadot. Letzterer wurde an diesem Abend mit Unbehagen empfangen, denn er hatte zwei Wochen zuvor Zemmour einen »Dienstjuden für Antisemiten« genannt.

Vor den letzten Präsidentschaftswahlen 2017 waren die Grünen wegen antisemitischer Parolen von der Gästeliste des Jahresdinners gestrichen worden. Diesmal betraf dies nur die rechtsextremen Kandidaten Marine Le Pen und Éric Zemmour sowie den Linken Jean-Luc Mélenchon.

Nach CRIF-Präsident Francis Kalifat hielt vergangene Woche Premierminister Jean Castex eine kurze Rede. Leider enthielt sie nicht das, was viele im Saal erwartet hatten: Ansätze, wie die Regierung in Zukunft effektiv gegen Antisemitismus vorgehen will. Doch kündigte Castex an, am 20. März gemeinsam mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog in Toulouse der vier jüdischen Opfer zu gedenken, die vor zehn Jahren in der Grundschule Ozar-Hatorah von einem Dschihadisten erschossen wurden.

Antisemitismus

Angriff auf Synagoge und Restaurant in Melbourne

Während etwa 20 Menschen Schabbat feierten, setzte ein Mann die Tür des Gebäudes in Brand. Kurz darauf wurde ein koscheres Restaurant gestürmt

 05.07.2025

Belgien

»Gaza gleich Auschwitz«-Karikatur gewinnt Wettbewerb

Der erste Preis des Press-Cartoon-Belgium-Wettbewerbs ging in diesem Jahr an eine Zeichnung einer Landkarte, in der die Umrisse des Eingangstores von Birkenau auf die des Gazastreifens gelegt sind

von Michael Thaidigsmann  04.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Großbritannien

Unterhaus: Palestine Action als Terrororganisation eingestuft

Mitglieder der radikalen Anti-Israel-Gruppe waren im Juni auf einen britischen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen und hatten dort Flugzeuge beschädigt

 03.07.2025

Ukraine

Putins Krieg und Trumps Frieden

Während sich die Medienaufmerksamkeit auf Nahost konzentriert, bombardiert Russland weiterhin das Land. Nun schlägt sogar der US-Präsident neue Töne an

von Michael Gold  03.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025