Die Provenienz und die historischen Hintergründe der Entstehung der Züricher Kunstsammlung Bührle sind seit Jahren Gegenstand intensiver öffentlicher Debatten. Am Mittwoch hat die Stadt Zürich nun mitgeteilt, dass der Stadtrat die vom Kunsthaus Zürich auf fünf Jahre geplanten Maßnahmen begrüße und unterstütze. Weiter betont er die Dringlichkeit einer raschen Umsetzung, die sich aus einer hohen gesellschaftlichen Relevanz ergäben.
So beantragte der Zürcher Stadtrat beim Gemeinderat einen Beitrag von drei Millionen Franken für die vertiefte Provenienzforschung der Sammlung Bührle im Kunsthaus. Die erwarteten Projektkosten für das fünfjährige Forschungsprojekt des Kunsthauses Zürich betragen inzwischen insgesamt 5,2 Millionen Franken.
Die Stadt Zürich unterstützte die Maßnahmen der Provenienzforschung aus ethischen und gesellschaftlichen Gründen und zur Stärkung der Glaubwürdigkeit des Kunsthauses, wie aus einer Medienmitteilung der Stadt am Mittwoch hervorgeht. »Die weitere und vertiefte Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft und Präsentation ist für den Stadtrat notwendig«, heißt es darin. Sie soll zu Transparenz über jüdischen Vorbesitz und NS-verfolgungsbedingten Entzug führen.
Forschungsbedarf dringend nötig
Das Kunsthaus plant gemäß Mitteilung ein auf fünf Jahre angelegtes Forschungsprojekt zur Provenienz der Werke der Dauerleihgabe. Im Rahmen dieses Projekts sollen daher sämtliche Werke systematisch gesichtet, kategorisiert und je nach Bedarf die Provenienzforschung dazu vertieft werden.
Zur Qualitätssicherung seien mehrere Maßnahmen vorgesehen, darunter die Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und die Einrichtung einer Expertenkommission. Weiter soll eine fundierte Grundlagenforschung sowie ein kontinuierlicher Austausch zum Thema Provenienzforschung im Allgemeinen gefördert werden.
Zudem will das Kunsthaus die historische Kontextualisierung der Präsentation der Dauerleihgabe weiterführen. Wie die Stadt verlauten lässt, plant das Kunsthaus in naher Zukunft eine Ausstellung, die die Rolle jüdischer Sammlerinnen und Sammler als Fördernde der Moderne in den Fokus nimmt, auch um damit weniger erforschte Perspektiven auf die Werke der Leihgabe zu vertiefen.
Frühere Provenienzforschung genügte Standards nicht
Seit Oktober 2021 werden rund 200 Werke der Stiftung Sammlung E. G. Bührle im Kunsthaus als Dauerleihgabe gezeigt. Im Auftrag von Stadt und Kanton Zürich und des Trägervereins, der Zürcher Kunstgesellschaft, überprüfte der Historiker Raphael Gross die bisherige Provenienzforschung zur Sammlung. Sein im Sommer 2024 veröffentlichter Bericht kam unter anderem zum Schluss, dass weiterer Forschungsbedarf mit Fokus auf die Klärung jüdischen Vorbesitzes besteht.
Die umfassende Analyse von Gross und seinem Forschungsteam ergab, dass die von der Stiftung Bührle vorgenommene Provenienzforschung zur Dauerleihgabe der rund 200 Werke nicht den Standards des Kunsthauses genügte und ein großer Bedarf an weiterer Provenienzforschung bestünde.
Ende Mai 2025 haben die Zürcher Kunstgesellschaft und die Stiftung Emil G. Bührle eine Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit und den Umgang mit der Leihgabe von über zweihundert Werken im Kunsthaus Zürich beschlossen. Unklar blieb jedoch seither, wie die beschlossenen Maßnahmen zur weiteren Provenienzforschung und zur Kontextualisierung der Sammlung Bührle im Zürcher Kunsthaus finanziert werden sollten.
Kritik von jüdischer Seite, weil sich die Sammlung nicht finanziell beteiligen will
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) und die Israelitische Cultusgemeinde Zürich (ICZ) begrüßen die geplanten Maßnahmen des Kunsthauses zur Provenienzforschung und Kontextualisierung der Bührle-Sammlung.
Wie der SIG diese Woche in einer Mitteilung jedoch schreibt, bleibt «die Kritik an der Bührle-Stiftung unverändert». Mit dem beabsichtigten finanziellen Beitrag der Stadt Zürich würden SIG und ICZ die Bemühungen und die weiteren Schritte zwar anerkennen, um «eine kritische und unabhängige Forschung zur Bührle-Leihgabe im Kunsthaus sicherzustellen und fortzuführen, wie es der SIG und die ICZ bereits gefordert haben».
Allerdings drücken die beiden jüdischen Institutionen unverändert ihr Unverständnis darüber aus, «dass sich die Stiftung Bührle auch weiterhin nicht an den Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen beteiligen wird». SIG und ICZ appellieren daher an die Verantwortlichen der Stiftung, «sich aktiv an der historisch-kritischen Aufarbeitung ihrer Sammlung zu beteiligen». ja