Hollywood

Die Oscars bleiben in der Familie

Es ist der zweite Oscar für Adrien Brody. Foto: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP

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Die Oscars bleiben in der Familie

Fast ohne Hassreden und politische Statements gerieten die 97. Academy Awards zum Fest des besten Kinos

von Sophie Albers Ben Chamo  06.03.2025 09:53 Uhr

Geht es nach der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, sind die besten Schauspieler unserer Zeit vor allem eines: jüdisch. Und sie heißen Adrien Brody und Mikey Madison. Das erste Mal seit 1987 gingen die beiden Hauptpreise an Juden. Zwar hat der Film The Brutalist über den Kampf eines Schoa-Überlebenden, der im Nachkriegs-Amerika an seine Architektenkarriere anzuknüpfen versucht, von seinen zehn Nominierungen nur drei in Oscars umwandeln können. Doch ist es für Brody nach The Pianist bereits der zweite. Auch Brutalist-Filmkomponist Daniel Blumberg wurde geehrt, dessen Musik in diesem Mammutwerk eine ganz eigene Rolle spielt.

Der Goldjunge für die beste Hauptdarstellerin bleibt ebenso in der Familie. Mikey Madison überzeugte in Anora als Stripperin Ani, die sich dem Liebesrausch mit einem verwöhnten russischen Oligarchensohn, gespielt von Mark Eydelshteyn, hingibt. »Anora« war mit fünf Oscars der Gewinner des Abends. Und dann ist da noch der schönste Verlierer, Timothée Chalamet, dessen Auftritt als Singer-Songwriter-Gott Bob Dylan in A Complete Unknown als Favorit galt. Doch ist das viel gelobte Biopic komplett leer ausgegangen.

Die Marc-Platt-Produktion Wicked konnte immerhin in den Kategorien Kostüm und Ausstattung jeweils eine goldene Statue in Empfang nehmen. Und Jesse Eisenbergs Roadmovie A Real Pain über zwei Cousins, die auf den Überlebensspuren ihrer Großmutter in Polen dem eigenen Schmerz nachspüren, fand immerhin Ruhm in der Kategorie Bester Nebendarsteller. Dank des brillant-anstrengenden Auftritts von Kieran Culkin.

Befreites Lachen im Dolby Theatre

Als Laudatoren sorgten Stars wie Scarlett Johansson, Ben Stiller und Billy Crystal für befreites Lachen im Dolby Theatre. Politisch wurde es, als der umstrittene No Other Land in der Kategorie Bester Dokumentarfilm gewann. Die Arbeit eines israelisch-palästinensischen Regiekollektivs berichtet vom unerträglichen Leben von Palästinensern in der Ortschaft Masafer Yatta im Westjordanland.

Während der anti-israelische Auftritt der Regisseure bei der Berlinale 2024 Teil eines größeren Skandals wurde, weil die Massaker des 7. Oktober komplett ausgeblendet wurden und stattdessen ausschließlich von »Genozid« und »ethnischen Säuberungen« die Rede war, sprach Yuval Abraham in seiner Dankesrede diesmal vom Leid beider Seiten: Die »grausame Zerstörung des Gazastreifens und seiner Bevölkerung« müsse ein Ende haben, »und die israelischen Geiseln, die bei dem Verbrechen am 7. Oktober brutal entführt wurden«, müssten befreit werden. Es gebe einen anderen Weg, so der Filmemacher, der auch an die US-Regierung austeilte. »Es ist noch nicht zu spät für das Leben, für die Lebenden.«

Auch Brody, der berichtete, dass ihn die eigene Familiengeschichte bei der Darstellung des László Tóth inspiriert habe, hatte etwas zum beunruhigenden Zustand der Welt zu sagen. In der mit fünf Minuten und 40 Sekunden längsten Oscar-Dankesrede aller Zeiten sagte er: »Ich bin hier, um einmal mehr für die anhaltenden Traumata und Auswirkungen von Krieg und systematischer Unterdrückung, von Antisemitismus und Rassismus zu stehen. Und ich glaube, wenn die Vergangenheit uns etwas lehren kann, dann ist es die Mahnung, den Hass nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.«

Dass ein Zusammen möglich ist, zeigten dann auch Gal Gadot und Rachel Zegler – absolut konträrer Meinung, wenn es um den Nahostkonflikt geht – in ihrer gemeinsamen Laudatio für den Oscar für die besten visuellen Effekte. Politische Statements bei der Abendgarderobenwahl blieben dieses Jahr weitgehend aus.

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