Irland

Der Präsident soll nicht reden

Michael D. Higgins Foto: IMAGO/PA Images

Nicht erst seit dem 7. Oktober gibt es zwischen Irlands Staatspräsidenten Michael D. Higgins (83) und der kleinen jüdischen Gemeinde atmosphärische Spannungen.

Doch in den letzten Monaten haben sie sich zu einem veritablen Sturm aufgeschaukelt. Der Grund: Higgins schießt nicht nur regelmäßig verbale Giftpfeile auf Israel, er wird auch beschuldigt, den Antisemitismus im eigenen Land herunterzuspielen und die Haltung innerhalb der jüdischen Gemeinde Irlands in Bezug auf antisemitische Strömungen im Land nicht ernst zu nehmen.

Im Dezember hatte Higgins bei einer Zeremonie zur Begrüßung der neuen Botschafterin der Palästinenser in Irland eine wahre Wutrede gehalten und sich und sein Land gegen den Vorwurf Israels verwahrt, Irlands Haltung zum Nahostkonflikt basiere in Wahrheit auf Antisemitismus.

Es sei eine »grobe Verleumdung«, wenn die israelische Seite behaupte, das irische Volk sei antisemitisch, wetterte Higgins. »Es ist eine sehr ernste Angelegenheit, ein ganzes Volk so zu brandmarken, nur weil es mit Ministerpräsident Netanjahu nicht einverstanden ist, der gegen so viele Aspekte des Völkerrechts verstoßen, die Souveränität des Libanon und Syriens verletzt hat und der in jedem dieser Länder Siedlungen errichten möchte.«

Als Reaktion darauf verkündete der israelische Außenminister Gideon Sa’ar Higgins die Schließung der Botschaft in Dublin und nannte Higgins undiplomatisch einen »antisemitischen Lügner«.

Jetzt wird dem 83-jährigen Präsidenten, der ähnlich wie der deutsche Bundespräsident in der Außenpolitik nur eine Nebenrolle spielt, auch von der irischen jüdischen Gemeinschaft deutlich zu verstehen gegeben, dass er bei der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag am 26. Januar nicht wie in der Vergangenheit als Redner auftreten solle.

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Maurice Cohen, Vorsitzender des Jewish Representative Council of Ireland, nannte es »unangemessen«, sollte Higgins in diesem Jahr erneut reden. »Seine Teilnahme könnte viele im Publikum, Juden als auch Nichtjuden, die an einem so bedeutenden Tag Würde und Einigkeit erwarten, vor den Kopf stoßen«, sagte Cohen der britischen Zeitung »Jewish Chronicle«. Die Gedenkfeier wird allerdings von einer von der Gemeinde unabhängigen Organisation veranstaltet. Bislang steht Higgins noch auf der Rednerliste.

Michael D. Higgins 2020 bei der Gedenkfeier in Auschwitz-BirkenauFoto: imago images/Lehtikuva

Irlands Oberrabbiner Yoni Wieder äußerte sich ähnlich wie Cohen. »Mit dieser Einstellung befürchte ich, dass seine Ansprache zum Holocaust-Gedenktag für viele irische Juden unweigerlich hohl klingen wird.« Higgins habe es nicht einmal für nötig befunden, das Vorhandensein von Antisemitismus in Irland anzuerkennen, geschweige denn etwas dagegen unternommen, sagte Wieder in einer Erklärung.

In der Vergangenheit hatte Higgins mehrmals bei der Gedenkfeier in Dublin gesprochen. Anlässlich des 75. Jahrestags der Befreiung des Nazi-Todeslagers Auschwitz-Birkenau nahm er 2020 auch an der dortigen Gedenkfeier teil.

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