Schweiz

Der Ölkönig

Marc Rich (1934–2013) Foto: dpa

Vielen Linken galt er als Inbegriff des Kapitalisten. Medien und Öffentlichkeit sahen in ihm oft den schillernden Typen, der sein Geld mit Erdöl machte. Doch das Leben von Marc Rich, der vergangene Woche im Alter von 78 Jahren in der Schweiz gestorben ist, war weitaus vielschichtiger.

In den 80er-Jahren geriet Rich durch seine Rohstoffgeschäfte in einen heftigen Streit mit den amerikanischen Behörden, vor allem mit einem jungen, ehrgeizigen Staatsanwalt namens Rudy Giuliani, der später Bürgermeister von New York werden sollte. Giuliani warf ihm vor, er habe mit dem Iran und Fidel Castros Kuba Geschäfte gemacht sowie Steuern hinterzogen.

Marc Rich verließ das Land seiner Träume ebenso blitzartig, wie er es mit seinen aus Deutschland stammenden Eltern Anfang der 40er-Jahre betreten hatte, und zog in die Schweiz. Dort, im Kanton Zug, war der Hauptsitz seiner weltweit operierenden Rohstofffirma.

Fahndungsliste In den USA erließ man ein Einreiseverbot gegen Rich. Einer der reichsten Männer der Welt war jahrelang Persona non grata der Weltmacht Nummer 1, das FBI fahndete nach ihm und setzte ein Kopfgeld auf ihn aus. Man erzählt, die Amerikaner hätten sogar einmal geplant, Rich aus der Schweiz zu entführen. Doch der Versuch scheiterte – anscheinend wegen eines Hinweises der Behörden in Bern. Erst als ihn der abtretende Präsident Bill Clinton 2001 in den allerletzten Stunden seiner Amtszeit begnadigte, sollte Rich aufatmen können.

Seine Beziehung zu Israel brach Rich in all den Jahren nie ab. Neben der spanischen und der amerikanischen besaß er auch die Staatsbürgerschaft des jüdischen Staates. Entsprechend großzügig spendete er für israelische Organisationen: Insgesamt 150 Millionen Dollar sollen es gewesen sein.

Spitzenpolitiker des Landes wie die früheren Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Ehud Barak gehörten zu seinen Freunden und sollen sich beispielsweise bei Bill Clinton auch für ihn eingesetzt haben. Es ist zu vermuten, dass Israel sich damit bei Rich dafür bedankte, dass er das Land auch in Krisensituationen mit Erdöl versorgen ließ, etwa während des Jom-Kippur-Kriegs 1973, als das Schicksal des Landes auf Messers Schneide stand.

Sponsor Auch in der jüdischen Schweiz hinterließ Marc Rich Spuren – vor allem in Form finanzieller Unterstützung der liberalen Gemeinde Or Chadasch in Zürich, deren Mitglied er bis zuletzt war. Begraben werden wollte er aber dann doch im Land der Väter: Sein letzter Wille war es, im Kibbuz Einat bei Tel Aviv seine letzte Ruhestätte zu finden. Als sein Sarg in Zürich ins Flugzeug geladen wurde, waren gerade einmal drei Menschen gekommen, um sich von ihm zu verabschieden: Es waren ehemalige Mitarbeiter – ein sehr diskreter Abschied für den »King of Oil«.

Kontroverse

Adidas-Chef entschuldigt sich für sein Lob eines Antisemiten

Björn Gulden hatte Kanye West (Ye) trotz dessen judenfeindlicher Ausfälle in Schutz genommen

 22.09.2023

USA

Taschlich retour

In Kalifornien sammeln jüdische Umweltaktivisten am Strand Müll – aus religiöser Überzeugung

von Jessica Donath  22.09.2023

Debatte

Auschwitz-Komitee kritisiert Adidas-Chef: »Unerträglich und zynisch«

Konzern-Chef Björn Gulden hatte Kanye West zuvor in einem Podcast verteidigt

 21.09.2023

Fußball

Tottenham-Boss: Haben Rückkaufrecht für Harry Kane

Der Wechsel des Torjägers zum FC Bayern ist für den Club eine offene Wunde

 21.09.2023

Großbritannien

Sie nannte sich Steve

Zum 90. Geburtstag von Dame Stephanie Shirley

von Christoph Meyer  21.09.2023

München

Flucht vor dem Brexit

Die Europäische Rabbinerkonferenz verlässt London und eröffnet ihren neuen Sitz in der bayerischen Landeshauptstadt

von Gabriele Riffert  21.09.2023

Entscheidung

UNESCO erklärt einstige sefardische Kolonie in Suriname zum Weltkulturerbe

Die »Jodensavanne« war Wohnort von sefardischen Juden in Suriname

 20.09.2023

Russland

Gershkovich bleibt weiter in U-Haft

Das Moskauer Stadtgericht kam einer Beschwerde der Verteidigung nicht nach

 20.09.2023

Rumänien

»Es gibt wieder Bedarf«

In der Stadt Oradea entsteht eine neue orthodoxe Jeschiwa, die Vorbeter ausbilden soll

von György Polgár  20.09.2023