Marokko

»Der Bedarf an Hilfe ist immens«

Serge Berdugo Foto: privat

Marokko

»Der Bedarf an Hilfe ist immens«

Serge Berdugo über das Erdbeben und die Unterstützung der jüdischen Gemeinde für die Opfer

von Tobias Kühn  14.09.2023 11:09 Uhr

Herr Berdugo, die jüdische Gemeinschaft in Marokko ist von dem verheerenden Erdbeben in der Nähe von Marrakesch weitgehend verschont geblieben. Doch wie helfen Sie denen, die durch das Beben in Not geraten sind?
Angesichts des Ausmaßes der Tragödie, die unser Land heimgesucht hat, beteiligen wir uns an der gewaltigen Mobilisierung des gesamten marokkanischen Volkes, um den Opfern zu helfen, die in völliger Not sind und nichts mehr haben.

Wie sieht die Hilfe aus?
Wir haben Lebensmittel an die Nachbarn einer Synagoge in der Mellah, dem traditionellen jüdischen Viertel der Altstadt von Marrakesch, verteilt. Jetzt sind wir dabei, einen langfristigen Aktionsplan auszuarbeiten, um unseren Mitbürgern zu helfen, die jetzt isoliert in einem schwer zugänglichen Gebiet leben. Der Bedarf ist immens, und wir arbeiten eng mit renommierten Partnern wie dem American Joint Distribution Committee zusammen.

In Marrakesch wurden mehrere Häuser rund um eine Synagoge durch das Erdbeben zerstört. Das Gebäude selbst ist bis auf ein paar Risse kaum beschädigt. Ist es zugänglich und nutzbar?
Nein, es ist in Gefahr und darf nicht betreten werden! Die andere Synagoge in der Mellah, Slat El Hazama, scheint aber unbeschädigt zu sein. Wir werden sie nach einem Sicherheitsgutachten wieder in Betrieb nehmen können.

Zum Zeitpunkt des Erdbebens in der Nacht zu Samstag befanden sich fast 500 Israelis in Marokko. War die Gemeinde in der Lage, sie zu unterstützen?
Meines Wissens haben israelische oder andere Touristen derzeit keine Probleme. Aber wenn das der Fall wäre, würden wir ihnen natürlich helfen.

Seit Sonntag hält sich das Rettungsteam einer israelischen NGO in Marokko auf. Inwiefern arbeitet die jüdische Gemeinde mit ihm zusammen?
Wir wissen, dass ein solches Team vor Ort ist und mit seinen marokkanischen Kollegen zusammenarbeitet. Aber dies ist ein Bereich, der nicht in unsere Zuständigkeit fällt.

Außerhalb von Marrakesch, in Ourika, befindet sich das Grab von Rabbi Shlomo Bel Hench, einem früheren Oberrabbiner von Marrakesch, der vor rund 500 Jahren starb. In welchem Zustand befindet sich das Grab nach dem Erdbeben?
Das Mausoleum und die Gräber aller Zaddikim der Region haben keinerlei Schaden erlitten.

In wenigen Tagen ist Rosch Haschana. Wie werden die Juden Marokkos das Neujahrsfest in diesem Jahr begehen?
Die Feiertage finden ganz normal statt – aber mit ständigen Gedanken an die Opfer und ihre Familien in Not.

Das Interview mit dem Präsidenten des Conseil des Communautés Israélites du Maroc führte Tobias Kühn.

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

 12.12.2025

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025