Grossbritannien

Dem Hass die Stirn bieten

Plakat zur Anzeigenkampagne Foto: PR

Grossbritannien

Dem Hass die Stirn bieten

Eine muslimische Initiative kämpft gegen Antisemitismus in der eigenen Community

von Daniel Zylbersztajn  05.06.2018 10:50 Uhr

Wir Muslime haben ein Wort für Juden: Schalom» steht in einer Anzeige, die Mitte Mai in drei britischen Tageszeitungen erschienen ist. Unterzeichnet haben sie 19 britische Muslime. Dahinter steht eine neue Gruppe namens «Muslime gegen Antisemitismus» (MAAS).

Der Text fordert die britischen Muslime dazu auf, gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen. In Bezug auf den Nahostkonflikt heißt es: «Wir müssen uns vor jenen hüten, die zynisch internationale Angelegenheiten dazu benutzen wollen, antisemitische Stereotype zu verbreiten.» Nichts könne die Verbreitung von Hass rechtfertigen. Sich gegen Antisemitismus zu äußern, sei genauso eine Pflicht, wie sich gegen antimuslimische Propaganda auszusprechen.

Personen Die Initiative und die Gruppe MAAS sind neu – doch die Personen, die dahinterstehen, sind durchaus bekannt. So ist beispielsweise Iman Atta der Direktor der Organisation Tell MAMA, die seit mehreren Jahren islamophobe Vorfälle dokumentiert. Auch der Gefängnis-Imam Mamadou Seydou Bocoum, die Präsidentin der türkisch-britischen Handelskammer, Emma Edhem, und der Direktor der interreligiösen Stiftung Faith Matters, Fiyaz Mughal, sind keine Unbekannten. Mughal ist der Gründer von MAAS, und er hat einst Tell MAMA ins Leben gerufen, wofür er viel Anerkennung erhielt.

Für den 47-jährigen Mughal ist die Gründung von MAAS die Konsequenz aus 20 Jahren Arbeit im interreligiösen Bereich, wie er sagt. In den vergangenen Jahren hat er oft mit dem jüdischen Community Security Trust (CST) zusammengearbeitet, um gemeinsam über Sicherheitsvorkehrungen für Juden und Muslime in Großbritannien nachzudenken.

«Wir dürfen nicht zulassen, dass Islamisten auf dem Rückgrat der Sache für Palästina unter unseren Jugendlichen Lügen über Juden verbreiten», sagt Mughal. Er fordert mehr Proaktivität gegen solche Ideologen, die Gemeinschaften aufreiben. Klar und voller Überzeugung sagt Mu­ghal: «Niemand kann sich als antirassistisch bezeichnen oder gegen Islamophobie kämpfen, wenn er im gleichen Zug Antisemitismus verbreitet.»

Vor einigen Wochen schrieb Mu­ghal in der Times of Israel, dass Muslime beim internationalen Al-Quds-Tag am 9. Juni keine Flaggen der Hisbollah dulden sollten, da sie eine Terrororganisation sei, die Menschenleben verachte, sowohl im syrischen Konflikt als auch in Israel. Unter Juden schüre diese Flagge Angst, sagt Mughal.

Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem umziehen zu lassen, gieße Öl ins Feuer der Anti-Israel-Lobby, sagt er und fügt an, dass er absolut verstehe, welche besondere Bedeutung Jerusalem für Muslime, Christen und vor allem Juden habe, denn er sei bereits dort gewesen. Israel sei ein legitimer Staat. Trotzdem könne man sich gegen Menschenrechtsverletzungen dort aussprechen, und auch er wünsche sich einen palästinensischen Staat – aber antisemitische Beschimpfungen und Drohungen seien vollkommen verfehlt.

Koran Und Mughal geht noch weiter. Er fordert, Imame sollten über kontroverse Koranpassagen sprechen, die Aussagen über Juden enthalten, und sie in ihren Kontext stellen. «Alle modernen Koranausgaben müssten Kommentare enthalten, die die Texte historisch einordnen.»

Wenn man dies nicht tue, glaubt Mughal, sei der Schaden für den Islam immens, weil dann extremistische Organisationen wie der IS das Schweigen für sich nutzten. «Alle religiösen Schriften enthalten Passagen, die heute schwer zu rechtfertigen sind. Sie werden aber nicht dadurch besser, dass man über sie nicht kontrovers diskutiert.»

Für Mughal und seine Mitstreiter bedeutet die Initiative «Muslime gegen Antisemitismus» das Ende einer allzu zaghaften Art, mit dem Antisemitismus unter Muslimen umzugehen. Die Kampagne habe mehr Power, weil sie die Probleme direkt anspricht, glaubt Mughal.

Nachdem sich die Initiative in Großbritannien etabliert hat, hofft MAAS, dass sie sich auf andere Länder ausdehnt. Ein deutscher Zweig, sagt Mughal, wäre durchaus denkbar.

http://muslimsagainstantisemitism.org

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025

Südafrika

Unvergessliche Stimme

Die Schoa-Überlebende Ruth Weiss hat sich als Journalistin, Schriftstellerin und Kämpferin für Menschenrechte einen Namen gemacht. Sie wurde 101 Jahre alt. Ein Nachruf

von Katrin Richter  10.09.2025