Niederlande

»Das riecht nach Antisemitismus«

Schilder bei einem Protest in Rotterdam gegen Israel im November 2021 Foto: imago images/ZUMA Wire

Aufregung in den Niederlanden: Vor Kurzem ging bei einigen staatlichen Universitäten des Landes ein Schreiben eines Vereins namens »The Rights Forum« ein.

Darin fordert Gerard Jonkman, Geschäftsführer des Vereins, die Leiter der Studieneinrichtungen auf, ihre gesamte Korrespondenz mit zehn israelischen Universitäten, 17 israelischen Unternehmen und Verbänden sowie »mit Organisationen, die den Staat Israel unterstützen«, zu veröffentlichen.

KONTAKTE Jonkman verlangt in seinem Schreiben, alle diesbezüglichen vorhandenen Datensätze herauszugeben, unter anderem mögliche Übereinkünfte mit akademischen  Einrichtungen in Israel und gemeinsame Austauschprogramme.

Das Rights Forum fordert die Adressaten auch zur Herausgabe von Unterlagen zur »Ermittlung/Erörterung potenzieller Risiken, die mit der Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten verbunden sind«, auf. Zudem will das Forum, welches in der Vergangenheit wiederholt mit einer sehr einseitigen Sicht auf den Nahostkonflikt und mit Parteinahme für die Sache der Palästinenser auffiel, die Offenlegung von Korrespondenzen der Universitäten mit zahlreichen einheimischen und internationalen Organisationen erreichen. 

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Namentlich genannt werden unter anderem die in den USA ansässigen jüdischen Verbände Bnai Brith International, Simon Wiesenthal Center und Anti-Defamation League (ADL), aber auch die deutsche Einrichtung RIAS, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben hat.

Außerdem fordert Jonkman die Offenlegung eventueller Kontakte mit der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) sowie mit der Koordinatorin der Europäischen Kommission für den Kampf gegen Antisemitismus, der deutschen EU-Beamtin Katharina von Schnurbein. Grundlage für das Auskunftsersuchen ist ein Gesetz aus dem Jahr 1991, demzufolge gegenüber staatlichen Behörden in den Niederlanden eine weitreichende Auskunftspflicht besteht.

EMPÖRUNG Das Auskunftsersuchen Jonkmans ist auf den 24. Januar datiert. Binnen 28, längstens aber 56 Tagen mögen die Angeschriebenen die komplette Korrespondenz von Januar 2012 bis Januar 2022 herausgeben, entweder in digitaler oder in Papierform.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die jüdische Zeitung »Nieuw Israëlietisch Weekblad« zitierte einen Universitätsangestellten mit den Worten: »Was ist dann der nächste Schritt? Dass Juden an Universitäten alle einen gelben Stern tragen sollen?« Laut der Zeitung, die den Brief Jonkmans am Donnerstag veröffentlichte, haben offenbar einige der Angeschriebenen bereits Schritte eingeleitet, um dem Ansinnen der NGO nachzukommen.

Der niederländische Oberrabbiner Binyomin Jacobs zeigte sich in einer ersten Stellungnahme empört über den Brief: »Das riecht nach Antisemitismus«, sagte er laut einer Pressemitteilung. Angesichts des Rufs des Rights Forum sei das aber keine Überraschung. Jacobs weiter: »Was mich wirklich beunruhigt, ist, dass so viele Universitäten einer offenkundig antisemitischen Aufforderung stattgegeben haben.« Das erinnere ihn daran, wie etliche Bürgermeister während der Besatzung durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg Listen mit den Namen jüdischer Bürger herausgegeben hätten.

EX-MINISTERPRÄSIDENT »Der Unterschied zwischen Antizionismus und Antisemitismus ist nur noch hauchdünn. In all den vielen Jahren, die ich in den Niederlanden verbracht habe, kann ich mich nur selten an ein derart giftiges Umfeld für Juden erinnern«, erklärte der Rabbiner.

Das Rights Forum wurde 2009 vom heute 91-jährigen früheren niederländischen Ministerpräsidenten Dries van Agt, einem Christdemokraten, gegründet. Eigenen Angaben zufolge versteht sich die NGO als »Wissenszentrum zur Palästina/Israel-Frage« und will sich für einen »gerechten Frieden« zwischen Israelis und Palästinensern einsetzen. Auf der Webseite des Forums wird hauptsächlich Israel angegriffen; von einem »Apartheid-System« ist die Rede.

Gerard Jonkman war der Vergangenheit für das Niederländische Rote Kreuz im Libanon tätig und beriet dort zeitweilig auch das Deutsche Rote Kreuz.

Schweiz

Fünf Übergriffe auf Juden an einem Wochenende in Zürich

Die jüdische Gemeinschaft der Schweiz ist zunehmend verunsichert - der Antisemitismus hat ein Allzeithoch erreicht

 11.12.2024

Osteuropa

Der Zauber von Lublin

Isaac Bashevis Singer machte die polnische Stadt im Roman weltberühmt – jetzt entdeckt sie ihr jüdisches Erbe und bezieht es in die Vorbereitungen auf das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2029 mit ein

von Dorothee Baer-Bogenschütz  10.12.2024

Sofia

Nach Nichtwahl ausgeschlossen

Bulgarien steckt in einer politischen Dauerkrise - und mittendrin steht ein jüdischer Politiker, den seine Partei jetzt ausschloss

von Michael Thaidigsmann  09.12.2024

Vatikan

Papst Franziskus betet an Krippe mit Palästinensertuch

Die Krippe wurde von der PLO organisiert

 09.12.2024

Österreich

Jüdisch? Arabisch? Beides!

Mit »Yalla« widmet sich das Jüdische Museum Hohenems einer komplexen Beziehungsgeschichte

von Nicole Dreyfus  07.12.2024

Australien

Anschlag auf Synagoge »völlig vorhersebare Entwicklung«

Die jüdische Gemeinde in Australien steht unter Schock. Auf die Synagoge in Melbourne wurde ein Anschlag verübt. Die Ermittlungen laufen

 06.12.2024

Streit um FPÖ-Immunität

Jüdische Studenten zeigen Parlamentspräsidenten an

Walter Rosenkranz habe Ansuchen der österreichischen Staatsanwaltschaft auf Aufhebung der Immunität von drei FPÖ-Parteifreunden verschleppt.

von Stefan Schocher  05.12.2024

USA

Trump will Jared Isaacman zum NASA-Chef ernennen

Der mögliche zweite Jude auf dem Chefsessel der Weltraumbehörde hat ehrgeizige Vorstellungen

von Imanuel Marcus  05.12.2024

Frankreich und der Nahe Osten

Diplomatisches Tauziehen

Paris soll eine Schlüsselrolle im Aushandeln der Waffenruhe im Libanon gespielt haben

von Florian Kappelsberger  04.12.2024