Das vor wenigen Tagen eröffnete Danziger Museum des Zweiten Weltkriegs ist infolge eines Gerichtsurteils von der Schließung bedroht.
Das Oberste Verwaltungsgericht in Polen hob am Mittwoch in Warschau ein Urteil der Vorinstanz auf, das eine Vereinigung des Danziger Museums mit dem Museum Westerplatte verhindert hatte. Nun hat die polnische Regierung die Möglichkeit, die beiden Häuser rechtlich zu vereinigen, wie sie es von vornherein angestrebt hatte.
Hauptausstellung Der Entscheidung des regionalen Gerichts, das die Vereinigung der beiden Museen stoppte, »habe die rechtliche Grundlage« gefehlt, urteilte das Oberste Verwaltungsgericht. Nach dem neuen Urteilsspruch könnte die national-konservative Regierung auch eine Veränderung der Hauptausstellung im Museum des Zweiten Weltkriegs durchsetzen. Aus ihrer Sicht ist in der derzeitigen Präsentation die polnische Perspektive nicht genügend berücksichtigt worden.
»Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs lässt sich nicht nur aus polnischer Perspektive erzählen«, sagte der Gründungsdirektor Pawel Machcewicz im März der Jüdischen Allgemeinen. »Was wir zeigen, ist der Krieg, wie ihn die Zivilbevölkerung erlebte – in Polen und in anderen Ländern.« Gerade in Polen mit seinen vielen zivilen Opfern sei dieser Ansatz gerechtfertigt. Denn von den 5,5 Millionen polnischen Staatsbürgern, die im Krieg ums Leben kamen, waren nur etwa 300.000 Soldaten. Die anderen waren Zivilisten – darunter mehr als drei Millionen polnische Juden.
Über das am 23. März eröffnete Museum wird seit Jahren zwischen dem Lager der nationalkonservativen Regierungspartei »Recht und Gerechtigkeit« (PiS) und dem der Vorgängerregierung unter der Partei »Bürgerplattform« (PO) gestritten. Anhängern der PiS ist das Museum, das unter der Regierung der PO im Jahr 2008 gegründet wurde, nicht patriotisch genug. Bereits 2013 versprach Jaroslaw Kaczynski als PiS-Vorsitzender, dass das Museum nach dem Regierungswechsel so umgestaltet werde, »dass es dem polnischen Blickpunkt entspricht.«
Seit Dezember 2015 plant das Warschauer Ministerium für Kultur und Nationales Erbe die Zusammenlegung des Museums des Zweiten Weltkriegs mit dem Museum Westerplatte. Die Gedenkstätte erinnert an den Beginn des Zweiten Weltkriegs, den deutschen Angriff auf das polnische Munitionsdepot auf der Halbinsel Westerplatte im Jahr 1939. Die Verbindung beider Einrichtungen würde »das Potenzial steigern« und die Kosten senken, betonte das Ministerium.
Urheberrecht Nach Ansicht von Museumsdirektor Machcewicz ist dies ein »juristischer Kunstgriff«, um ihn zu entlassen und so die Ausstellung des Weltkriegsmuseums kontrollieren zu können. Er erwägt eine Klage aufgrund von Urheberechtsverletzungen, sollte die Ausstellung in Danzig verändert werden. Kulturminister Piotr Glinski forderte der Museumschef am Mittwoch auf, die Hauptausstellung zu erhalten und sie sich einmal selbst anzusehen.
Das mit 450 Millionen Zloty (rund 100 Millionen Euro) erbaute Museum des Zweiten Weltkriegs gilt als teuerstes Museum des Landes. Es zeigt in seiner Hauptausstellung auf 5000 Quadratmetern rund 2000 Exponate.
Janusz Marszalec, stellvertretender Direktor des Weltkriegsmuseums, erklärte gegenüber den polnischen Medien, dass er mit der Fusion beider Museen für Mai rechne. Die polnischen Bürger sollten sich bis dahin die Ausstellung in Danzig ansehen, um sich selbst ein Bild zu machen. epd