Angela Buchdahl

Buddhistische Wurzeln

In Korea geboren, amtiert Rabbi Angela Buchdahl (M.) heute an der Central Synagogue in New York, einer der größten Gemeinden in den Vereinigten Staaten. Foto: Michael Priest

Als Rabbi Angela Warnick Buchdahl 16 war, nahm sie an einer Taglit-Reise nach Israel teil. Gemeinsam mit gleichaltrigen Jugendlichen sollte sie ihre jüdischen Wurzeln erkunden.

Die Tochter einer Koreanerin und eines amerikanischen Juden erfuhr Zurückweisung und Ausgrenzung vonseiten orthodoxer Israelis, weil sie laut der Halacha als Tochter einer Nichtjüdin keine Jüdin ist. Das amerikanische Reformjudentum erkennt aber seit 1983 Kinder jüdischer Väter als jüdisch an, wenn sie sich mit dem Judentum identifizieren. Von Israel aus rief Buchdahl ihre Mutter an und klagte: »Ich will am liebsten gar keine Jüdin mehr sein.« Die Mutter entgegnete: »Angela, ist das wirklich möglich?«

Bald merkte auch Buchdahl selbst, dass es nicht möglich war. Sie konnte ebenso wenig aufhören, Jüdin zu sein, wie sie ihre asiatische Herkunft ablegen konnte.

EINWANDERUNG Heute ist Buchdahl 48 und Rabbinerin an der Central Synagogue in New York, mit rund 2000 Haushalten eine der größten Reformgemeinden im Land.

Buchdahl wurde in Korea geboren. Als Fünfjährige siedelte sie mit ihrer jüngeren Schwester und den Eltern in die Vereinigten Staaten über. Ihre buddhistische Mutter trat nicht zum Judentum über. Die Familie war jedoch aktiv bei Temple Beth El in ihrer neuen Heimatstadt Tacoma im Bundesstaat Washington.

Sehr früh schon fühlte sich Angela Buchdahl zu liturgischer Musik hingezogen. »Musik war meine Eintrittskarte ins Judentum«, sagt sie. Seit ihrem fünften Lebensjahr spielt sie Klavier, später kamen Gitarre, Flöte und Gesang hinzu.

studium Nach dem Studium an der Yale University wollte sie Rabbinerin werden. Das Hebrew Union College, eine Ausbildungsstätte für Reformrabbiner, schickte sie zum Studium nach Los Angeles. Doch sie merkte, dass ihr die Musik fehlte, und sie wollte gern näher bei ihrem Freund und späteren Ehemann sein, der in New York studierte. Also bewarb sie sich an der Kantorenschule in New York.

»Ich verliebte mich in das Studium und wollte diesen Aspekt der Gottesdienstleitung meistern«, sagt sie. 1999 schloss sie das Kantorenstudium ab und bewarb sich erneut am Rabbinerseminar. Seit 2001 ist sie beides: voll ausgebildete Kantorin und Rabbinerin.

»Sehr oft kamen nach dem Gottesdienst Beter auf mich zu und fragten, woher Angela kommt«, erinnert sich Rabbi Rick Jacobs, Präsident der Union for Reform Judaism, des Dachverbands für Reformgemeinden. Als Rabbiner des Westchester Reform Temple in Scarsdale, New York, arbeitete er mehrere Jahre mit Buchdahl zusammen.

gottesdienst Obwohl er sehr wohl wusste, wonach diese Leute fragten, antwortete er immer: »Tacoma, Washington.« – »Aha. Und ist sie Jüdin?«, wurde weiter gebohrt. »Ich konnte es nicht fassen. Angela hatte gerade in ihrer bezaubernden Art einen wunderschönen Gottesdienst geleitet, und die Leute fragen mich, ob sie Jüdin ist!«, sagt Jacobs noch Jahre später entrüstet.

2006 wurde Buchdahl Kantorin an der Central Synagogue, sieben Jahre später stellte die Gemeinde sie als Senior Rabbi an. »Ich glaube nicht, dass ich heute in dieser Position wäre, wenn ich nicht vorher als Kantorin dort gearbeitet hätte«, sagt sie.

Asiatische Juden fühlen sich von Rabbinerin Buchdahl ermutigt.

Es sei ein großer Vorteil gewesen, dass die Gemeinde sie schon kannte, vor allem angesichts der geringen Zahl an Frauen, die große Gemeinden leiten. Ihre buddhistische Mutter habe ihre Spiritualität stark geprägt, sagt Buchdahl, die heute selbst drei Kinder hat. »Sie hat mir vermittelt, dass Gott überall ist und wir alle miteinander verbunden sind«, erzählt sie.

INTEGRATION Rabbi Rick Jacobs sieht Buchdahl in mehrfacher Hinsicht als Beispiel gelungener Integration. »Viele glauben, dass Kinder aus ›gemischten Ehen‹ keine tiefen Wurzeln im Judentum haben und sich nicht verbunden fühlen«, sagt er. »Doch wie man an Angela sieht, kann man das nicht verallgemeinern.«

Außerdem zeige Buchdahl Zweiflern, dass auch Menschen, die nicht dem traditionellen Bild eines Rabbiners entsprechen, Führungspositionen einnehmen können. Jüdisches Aussehen gebe es ohnehin nicht, sagt Jacobs. »Im Judentum geht es nicht ums Aussehen, sondern um Werte und Pflichten.«

Die Bloggerin Kristin Eriko Posner beschreibt, was es für ihr Dazugehörigkeitsgefühl bedeutet hat, jemanden wie Angela Buchdahl als Vorbild zu haben. Die Konvertitin mit japanischen Wurzeln war zu Tränen gerührt, als sie sah, wie Buchdahl gemeinsam mit dem damaligen Präsidenten Barack Obama im Weißen Haus die Chanukkakerzen entzündete. »Da stand eine Frau, die aussah wie ich, und sie wurde als Führungspersönlichkeit dargestellt«, schreibt Posner. »Ihre bloße Existenz zeigt Leuten wie mir, was möglich ist.«

sündenböcke Zurzeit ist diese Sichtbarkeit sehr relevant. Seit Beginn der Corona-Pandemie stieg in den Vereinigten Staaten die Zahl der rassistisch motivierten Übergriffe und Straftaten gegen asiatisch-amerikanische Personen stark an. »Asiaten sind die Sündenböcke der Stunde«, sagt Buchdahl.

Sie ist sehr dankbar dafür, dass sie es nie als Problem empfand, ihre asiatische Herkunft und ihre jüdische Identität miteinander in Einklang zu bringen.

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