In dem Pariser Vorort Nanterre steht momentan eine 42-jährige Frau vor Gericht. Die Algerierin wird beschuldigt, jüdische Kinder in ihrer Obhut und deren Eltern vergiftet zu haben.
Leila Y. wurde im Februar 2024 von der Polizei verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Eltern der drei Kinder im Alter von zwei, fünf und sieben Jahren hatten sie wenige Wochen zuvor als Kindermädchen engagiert. Sie hatte im Haus der Familie gewohnt.
Y. habe schädliche Substanzen, darunter Seifenlotion, ins Essen und die Getränke der Familie gemischt. Im Wein der Eltern wurde Haushaltsreiniger festgestellt. Zudem waren die Kosmetika der Mutter mit einem Reizmittel versetzt. Einige Wochen, nachdem die Frau ihren Dienst angetreten hatte, schöpften sowohl die Kinder als auch die Mutter Verdacht.
Während der Untersuchungsrichter sowie die Anwälte der Familie von einem eindeutigen antisemitischen Motiv ausgehen, machte die Verteidigung der Algerierin Konflikte über eine angeblich ungerechte Bezahlung geltend. »Die fraglichen Aussagen konzentrieren sich auf eine Klassenfrage und finanzielle Ressentiments«, so die Anwältin von Y.
Die Familie sei »geizig« gewesen, gab Leila Y. während ihrer Vernehmung durch die Polizei an. Ihre Tat sei aber als »Warnung« gedacht gewesen. Doch bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung hatte sie Medienberichten zufolge auch gesagt: »Ich hätte niemals für eine jüdische Frau arbeiten dürfen. Sie hat mir nur Ärger eingebracht.«
Geständnis widerrufen
Der Untersuchungsrichter erklärte später, ihre Aussagen vermittelten »antisemitische Stereotypen über das Verhältnis zu Macht und Geld« und stünden in direktem Zusammenhang mit der Straftat stehen». Leila Y. hingegen behauptete, sie habe die Lebensmittel nur deshalb mit Seifenlotion manipuliert, weil sie die Familie zum Nachgeben animieren wollte, was ihre Bezahlung anging. «Ich wusste, dass es ihnen Schmerzen bereiten könnte, aber nicht genug, um sie zu töten.»
Ihr Geständnis widerrief die Frau später wieder. Ihre Anwältin behauptet nun, Y. habe die Substanzen nur den Eltern verabreicht, nicht aber den Kindern. Doch im Prozess wurde sie nicht nur von der Familie, sondern auch von einem Sicherheitsmann der jüdischen Schule, die zwei der Kinder besuchen, belastet. «Sie beschwerte sich über diese Familie und sagte, sie seien geizig und wollten ihr nicht mehr bezahlen, nicht einen Euro mehr. Aber sie haben Geld, sie könnten es mir geben», sagte der Wachmann aus.
Laut den Anwälten der jüdischen Familie soll die Kinderbetreuerin auch auf die Mesusa an der Haustüre geschlagen und die Kinder mehrfach über ihr Judentum ausgefragt haben. Der Präsident des jüdischen Dachverbandes CRIF, Yonathan Arfi, ist dem Verfahren als Nebenkläger beigetreten.
Medienberichten war die Manipulation der Lebensmittel nicht die einzige Verfehlung von Leila Y. So soll sie sich den Job im Haushalt der jüdischen Familie mit einem gefälschten belgischen Personalausweis gesichert haben. Y. hatte schon zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung kein Aufenthaltsrecht mehr in Frankreich und war ausreisepflichtig. mth