Aachen

Aufrüttelnde Appelle gegen Judenhass beim Karlspreis

Robert Habeck bei seiner Ansprache im Aachener Rathaus Foto: picture alliance / REUTERS

Aufrüttelnde Appelle gegen Judenhass haben die diesjährige Verleihung des Karlspreises in Aachen geprägt. Neben dem Preisträger, Rabbiner Pinchas Goldschmidt, riefen unter anderem der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Aachens katholischer Bischof Helmut Dieser zum entschiedeneren Kampf gegen Antisemitismus auf.

Die zu den bedeutendsten europäischen Ehrungen gehörende Auszeichnung wurde am Donnerstag an Goldschmidt (60), den Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz, sowie an alle jüdischen Gemeinschaften in Europa verliehen.

Goldschmidt mahnte in seiner Dankrede, jüdisches Leben sei leider nicht mehr selbstverständlich und oft nur noch unter strengen Sicherheitsvorkehrungen möglich. Viele Juden hätten Angst, sich öffentlich zu ihrer Religion zu bekennen: »Judenhass tobt sich auf den Straßen aus, bei Demonstrationen, auf denen offen zum Mord an Juden aufgerufen wird.«

Antisemitismus durch Hamas-Terror neu entfacht

Antisemitismus sei nie tot gewesen, fügte der Rabbiner hinzu: »Aber seit dem islamistischen Pogrom in Israel am 7. Oktober 2023 ist er in einer Art und Weise entfacht, die die Sicherheit und Freiheit jüdischen Lebens - gerade auch in Europa - ernsthaft bedroht.«

Die europäischen Gesellschaften müssten dem mehr entgegensetzen. Antisemitismus müsse in all seinen Formen erkannt, benannt und bekämpft werden. Dazu gehöre die uralte rassistische rechtsradikale Gestalt, aber der Judenhass komme auch als »Antizionismus« und »Israelkritik« vor und sickere in Disziplinen wie Postcolonial Studies ein.

Auch er habe Probleme mit der heutigen israelischen Regierung, ergänzte Goldschmidt - und »auch mich lassen die Bilder aus dem Gazastreifen nicht kalt, wie könnten sie«? Aber es sei doch offensichtlich: »Die Hamas hat den Krieg begonnen. Und sie könnte ihn sofort beenden. Indem sie die Geiseln freilässt, die Waffen streckt und ihrem eigenen Volk ein echtes Leben ermöglicht.«

»Wann soll ’nie wieder‹ sein, wenn nicht jetzt?«

Extremismus von rechts und links »und insbesondere der radikale politische Islam - die Pervertierung einer Religion - gefährden nicht nur das jüdische Europa«, mahnte der Preisträger weiter. Sie bedrohten Sicherheit, Freiheit und Zukunft von ganz Europa. Alle freiheitsliebenden Demokratien müssten »endlich wehrhaft werden«, forderte Goldschmidt zum Schluss: »Wann, frage ich Sie, soll ’nie wieder‹ sein, wenn nicht jetzt?«

In seiner Laudatio betonte Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), der Preis für Goldschmidt setze ein Zeichen gegen Antisemitismus und »dafür, dass jüdisches Denken und jüdisches Leben Europa reicher macht«. Er nannte es einen »Auftrag an uns alle. Gerade in dieser Zeit: Aufzustehen, wenn Menschen unterdrückt, Minderheiten bedroht werden oder Gewalt eingesetzt wird.«

Bei einem Gottesdienst vor der Preisverleihung rief Aachens katholische Bischof Helmut Dieser dazu auf, allen Formen von Judenhass entschieden entgegenzutreten - auch an der Wahlurne: »Als Angehöriger des Volkes, das für die Schoah, den systematischen Massenmord an sechs Millionen jüdischen Menschen in Europa, verantwortlich ist, empöre ich mich zutiefst darüber und rufe alle Landsleute auf, niemals mehr Antisemitismus unwidersprochen zu lassen oder gar die zu wählen, die sich nicht überzeugend davon distanzieren«.

Regierungsrätin und Vorsteherin der Gesundheitsdirektion Natalie Rickli lehnte die unverbindliche Anfrage des Bundes ab, 20 Kinder aus Gaza in der Schweiz aufzunehmen.

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