Frankreich

Antwort auf falschen Diskurs

Verharmlost die antisemitische Vergangenheit Frankreichs: Hobby-Historiker Éric Zemmour Foto: imago images/PanoramiC

In Zemmour contre l’histoire (Zemmour gegen die Geschichte) widerlegen 16 renommierte französische Historikerinnen und Historiker zahlreiche Falschbehauptungen des rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour. Die knapp 60-seitige Broschüre erschien dieser Tage im Pariser Verlagshaus Gallimard.

Das Heft beginnt mit einer Frage: »Sollte man Éric Zemmour auf dem Gebiet der Geschichte antworten?« Ähnlich wie beim früheren US-Präsidenten Donald Trump stellt sich nun auch in Frankreich die Frage, wie man mit einem Kandidaten umgeht, der von wissenschaftlichem Konsens wenig hält. Es sei jedoch wichtig, dass sich die Wissenschaft offenkundig von Éric Zemmour distanziere, schlussfolgert das Historiker-Kollektiv.

forschungselite Der frühere Kolumnist Zemmour genießt in Frankreich das Ansehen eines berüchtigten Intellektuellen. In seinen Kolumnen prangert der Hobby-Historiker eine vermeintlich politisch-korrekte Forschungselite an, welche die Ambivalenz historischer Tatsachen ausblende. Er hingegen erkenne die Komplexität der Geschichte und wirft dadurch Debatten auf, die seit mindestens 50 Jahren als wissenschaftlich abgeschlossen gelten.

Unter anderem verharmlost der rechtsextreme Kandidat die antisemitische Vergangenheit Frankreichs: die Judenverfolgung im 13. Jahrhundert durch Ludwig den Heiligen, die kafkaeske Verurteilung von Alfred Dreyfus und die Deportationen während des Vichy-Regimes. Wozu versucht Éric Zemmour die antisemitische Politik von Marschall Philippe Pétain zu rechtfertigen, wo doch das Vichy-Regime für nahezu alle Franzosen als dunkle Epoche gilt, fragen sich viele.

Der auf Vichy-Frankreich und Antisemitismus spezialisierte Historiker Laurent Joly, einer der Autoren von Zemmour contre l’histoire, stellt zwei Thesen auf. Indem der Kandidat behauptet, Pétain habe 1942 nur ausländische Juden an die Nazis ausgeliefert, um französische Juden von der Deportation zu bewahren, inszeniert er den Kriegsverbrecher Pétain zum Befreiungskämpfer des französischen Volkes und stellt ihn somit auf das gleiche Podium wie Charles de Gaulle.

WAHLSTRATEGIE Joly zufolge versuche sich Zemmour an einem Tabubruch: dem Zusammenschluss von konservativen und rechtsextremen Wählern. Die Union aller rechten Lager ist Éric Zemmours zentrale Wahlstrategie. Das unterscheidet ihn wesentlich von der rechtspopulistischen Kandidatin Marine Le Pen.

Joly behauptet außerdem, dass Éric Zemmour versuche, mit seiner Verharmlosung der Judendeportation eine Basis für seine eigene Politik zu schaffen. Der rechtsextreme Präsidentschaftskandidat verspricht, im Falle seiner Wahl Hunderttausende Ausländer aus Frankreich auszuweisen. Dafür müsste er ähnlich wie damals Philippe Pétain gegen internationales Recht verstoßen.

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025