Frankreich

Adieu, Monsieur le Président

Zweite Amtszeit beendet: Richard Prasquier Foto: Rolf Walter

Am 26. Mai wählt die Dachorganisation der französischen Juden, CRIF, einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Richard Prasquier, ein früherer Kardiologe, hat die zwei erlaubten Amtszeiten von jeweils drei Jahren vollendet und darf nicht erneut kandidieren. Der Abstimmung kommt eine große Bedeutung zu, da der CRIF die jüdische Gemeinde in Frankreich in allen politischen Fragen vertritt.

Der CRIF wurde 1943 gegründet. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, »die Juden zu vereinen, ihre Rechte zu verteidigen, die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten und den Antisemitismus zu bekämpfen«, erklärt der Pariser Historiker und Soziologe Samuel Ghiles-Meilhac, der im vergangenen Jahr eine wissenschaftliche Studie über den Verband veröffentlicht hat.

Der Präsident des CRIF wird von der Generalversammlung gewählt, die sich aus den 72 Regionalverbänden der Organisation zusammensetzt. Insgesamt gibt es 152 Wahlberechtigte. Erhält keiner der Kandidaten im ersten Durchgang die absolute Mehrheit, treten die zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen in einem zweiten Wahlgang erneut gegeneinander an.

Kandidaten Vier Männer gehen ins Rennen: François Guguenheim, Delegierter des CRIF der Region Poitou-Charentes, Arié Bensemhoun, Präsident der jüdischen Gemeinde von Toulouse, Gil Taïeb, Vizepräsident des jüdischen Sozialfonds, und Roger Cukierman, der das Amt bereits von 2001 bis 2007 innehatte.

Derzeit zeichnet sich noch kein klarer Favorit ab, auch wenn Cukierman und Bensemhoun wohl die bekanntesten Persönlichkeiten sind. Der 77-jährige Cukierman ist Aschkenase und Banker. Er gilt als nicht besonders religiös und eher rechtsgerichtet. Für ihn spricht vor allem seine mehrjährige Erfahrung als früherer CRIF-Chef. »Es ist etwas merkwürdig, dass er zurückkommen will, denn das stünde nicht für die Erneuerung der Organisation«, meint Samuel Ghiles-Meilhac.

Sefardisch Arié Bensemhoun ist Sefarde, observant und nordafrikanischer Abstammung – wie rund 70 Prozent der Juden in Frankreich. In den vergangenen Monaten erwarb er sich im ganzen Land Respekt durch seine zahlreichen öffentlichen Auftritte nach den Anschlägen des Terroristen Mohammed Merah vom März 2012. Nicole Yardeni, die Präsidentin des CRIF der Region Midi-Pyrenées, hält Bensemhoun für einen geeigneten Nachfolger Prasquiers. »Er versteht die Mehrheit der französischen Juden gut, und ich denke, er wird eine Politik der Öffnung gegenüber allen religiösen Strömungen verfolgen, eine Politik der Einheit und Vielfalt.«

Der 63-jährige frühere Geschäftsmann François Guguenheim ist CRIF-Delegierter der Region Poitou-Charentes und engagiert sich seit Jahren hauptsächlich für die Erinnerung an die Schoa innerhalb des französischen Yad-Vashem-Komitees. Er würde gerne die Haltung des CRIF zu Israel verändern, schreibt er in seinem Programm: »Der CRIF sollte zwar hinter Israel stehen, er ist aber nicht seine offizielle Vertretung.« Guguenheim präsentiert sich als »der Mann des Dialogs«, den der CRIF seiner Ansicht nach dringend braucht. Guguenheim dürfte allerdings eher geringe Chancen haben, gewählt zu werden, da er aus einem kleinen Regionalverband kommt und ihm daher die Basis fehlt.

Der vierte Kandidat ist der Zahnarzt Gil Taïeb (56), Vizepräsident des Vereinigten Jüdischen Sozialfonds (FSJU). Er war 2012 – ohne Erfolg – als freier Kandidat bei den französischen Parlamentswahlen angetreten; viele werfen ihm seinen Ehrgeiz vor. Taïeb will darum kämpfen, dass »die Regierung mit harter Hand gegen den Antisemitismus vorgeht«. Er weist darauf hin, dass sich 55 Prozent der rassistischen Akte im Land gegen Juden richten.

USA

Personifizierter Hass

Menschen wie Nick Fuentes waren lange ein Nischenphänomen. Nun drängen sie in den Mainstream und sind gefährlicher denn je

von Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025