Musik

»Wanna see me dance?«

»Es war eine Ehre, Israel zu vertreten«: Noa Kirel sang sich mit ihrem Lied »Unicorn« in die Herzen der Zuschauer. Foto: picture alliance / empics

Das Einhorn ist wieder in Israel gelandet. Die Popsensation Noa Kirel hatte mit ihrem Titel »Unicorn« einen fantastischen dritten Platz beim Eurovision Song Contest in Liverpool ersungen und ertanzt. »Es fühlt sich großartig an, nach so langer Zeit mit so großem Stolz nach Hause zu kommen«, sagte sie zu ihren Fans, die am Flughafen Ben Gurion auf sie warteten.

»Das hat meine Erwartungen übertroffen, wir haben unser Land auf der größten Bühne der Welt bekannt gemacht. Eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde. Es war eine Ehre, Israel zu vertreten«, freute sich die 22-Jährige. »Das Erlebnis, mit solch hochkarätigen Künstlern auf der Bühne zu stehen, überstieg meine Vorstellungskraft. Ich habe mit ganzem Herzen und ganzer Seele vorgetragen.«

Schon vor dem Wettbewerb galt »Unicorn« bei den Wettbüros als ein Top-Ten-Song. Dass das Ergebnis für die Israelin so gut ausfiel, überraschte und ist ganz der Energie und dem Können der jungen Sängerin aus Hod Hascharon zu verdanken. Die Choreografie war eindeutig eine der besten des Wettbewerbs und so wie die zungenbrecherische Zeile in ihrem Lied: »phenome, phenome, phenomenal«. Gewinnerin des weltgrößten Gesangswettbewerbs ist Laureen aus Schweden mit ihrer Ballade »Tattoo«. Ein Ausgang, der den Voraussagen entsprach.

PUBLIKUMSLIEBLING Zwar erhielt Laureen von Anfang an von den meisten europäischen Ländern die höchste Punktzahl und stand fest auf dem obersten Platz der Tabelle, doch Publikumsliebling war ein anderer. Schon vor der Bekanntgabe des Ergebnisses der Zuschauerstimmen tönte das Publikum in der Halle immer wieder »Cha Cha Cha«. Der Mix aus »Industrialmetal und Hyperpop« des Finnen Käärijä kam gut an und rauschte an allen anderen vorbei durch das höchste Publikumsergebnis auf den zweiten Platz mit insgesamt 526 Punkten.

Doch Laureen konnte er auch damit nicht mehr überholen. Die Schwedin gewann mit 583 Punkten vor Käärijä, dem Kirel mit 362 Punkten folgte. Auf Platz vier ist Italien mit einer typischen Italo-Ballade von Marco Mengoni. Der Wettbewerb war in diesem Jahr in Liverpool ausgetragen worden. Im Jahr zuvor hatte das ukrainische Kalush-Orchestra gewonnen, doch wegen des russischen Angriffskrieges in dem osteuropäischen Land übernahm Großbritannien die diesjährige Veranstaltung.

Noch auf der Bühne liefen Noa Kirel Tränen über die Wangen. Nach einer atemlosen Show mit waghalsigen Tanzeinlagen war die Künstlerin völlig erschöpft. Doch noch war die Anspannung nicht vorbei. Denn erst nach den nervenzermürbenden letzten Minuten der Abstimmung war klar: Israels Noa hatte es mit ihrem »Unicorn« auf Platz drei geschafft. In der Pause trat auch die ehemalige Gewinnerin des ESC, Netta, in Liverpool auf. Die hatte es mit ihrem Lied »Toy« 2018 auf den ersten Platz geschafft. Hinter der Bühne verkürzten sich die beiden charismatischen Frauen die Zeit und sangen ein Spontan-Medley ihrer Hits.

DANK Mit »Unicorn«, einem Dance-Popsong, der auch orientalische Elemente enthält, riss die Künstlerin das Publikum förmlich von den Sitzen. Die Antwort auf ihre Frage »Wanna see me dance?« war eindeutig: Europa wollte Noa tanzen sehen – und Europa gefiel, was es sah! Nach dem Ergebnis bedankte sie sich bei den Unterstützern: »Ich habe keine Worte. Danke, danke, danke. Ich liebe euch, meine Einhörner.«

Nach dem Erfolg des Einhorns wandten sich israelische Politiker an die Künstlerin. Kultur- und Sportminister Miki Zohar twitterte: »Für uns hast du gewonnen.« Auch Premierminister Benjamin Netanjahu gratulierte: »Voller Respekt für Noa Kirel. Du bist phänomenal – und für uns die Nummer eins.«

Die Sorge, dass ein schlechtes Abschneiden ihrer internationalen Karriere eventuell schaden könnte, muss die 22-Jährige nun nicht mehr haben. Schon vor dem Finale zeichnete sich ab, dass sie mit ihrer Performance den Geschmack der ESC-Fans trifft. Auf der Videoplattform YouTube hatte sie mit mehr als 5,2 Millionen die meisten Views aller Eurovision-Songs bekommen.

ZWISCHENFALL Trotzdem kennen sie noch nicht alle: Kurz bevor Noa Kirel nach ihrem Auftritt in Liverpool nach Israel zurückkehrte, ereignete sich im Flugzeug ein lustiger Zwischenfall. Alles begann damit, dass auf den Bildschirmen in den Sitzlehnen eine Nachricht erschien: »Herzlichen Glückwunsch an Noa. Wir sind stolz auf dich.«

Kirel wurde daraufhin von ihrem Nachbarn, Rabbiner Yosef Tzvi Rimon, gefragt, ob sie wisse, wer diese Noa sei. Worauf die Künstlerin etwas überrascht erwiderte: »Das bin ich!« Der Rabbiner wunderte sich, was sie gemacht habe, dass ihr diese Ehre zuteilwerde. Also erzählte sie ihm vom ESC und ihrem grandiosen Abschneiden.

Europa wollte Noa tanzen sehen – und Europa gefiel, was es sah!

»Noa und ihre Mutter erklärten mir, dass ihr Großvater ein Rabbiner und großer Gelehrter war, und Noa sagte, dass sie beim Eurovision Song Contest das Morgengebet gesprochen und am Schabbat kein Mobiltelefon benutzt habe«, erzählte der Rabbiner im Anschluss seiner Familie. »Sie hat mich gefragt, was ich mache. Ich habe ihr gesagt, dass ich der Rabbiner von Gusch Etzion bin, und wenn sie jemals eine Frage hat, kann sie sich melden.«

Als Beweis für das Treffen knipste Noa ein Selfie der beiden – während das Einhorn, das EL AL auf das Flugzeug geklebt hatte, durch das Fenster lächelte.

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