Lesen Sie in den »Wahlsplittern« alles rund um Kampagnen, Parteien und Kandidaten.
Kritik
Premierminister Benjamin Netanjahu ist am Wahltag heftig kritisiert worden. Seine Äußerung, dass »die Araber in riesigen Scharen zu den Wahlurnen laufen«, sollte Warnung für die Wähler sein, dass eine Rechtsregierung in Gefahr ist. Viele bezeichneten den Kommentar als Rassismus. »Kein westlicher Regierungschef würde je so einen Satz sagen«, schrieb Schelly Jachimowitsch von der Arbeitspartei auf ihrer Facebook-Seite. »Stellt euch vor, ein Staatsoberhaupt in einer Demokratie würde beispielsweise warnen, dass seine Regierung in Gefahr ist, weil ›dunkelhäutige Menschen in Massen wählen gehen‹. Das wäre schrecklich, oder?« Später korrigierte Netanjahu seine Aussage und meinte, er habe sagen wollen, dass »ausländische Geldgeber und linke Organisationen die Araber in Massen zu den Urnen fahren würden«. Eine vom Likud einberufene Pressekonferenz und geplante Ansprache wurde vom Obersten Gerichtshof untersagt. Wahlkampf in den Medien ist am Tag der Stimmabgaben strengstens verboten. In den sozialen Netzwerken treiben die Parteien allerdings weiterhin ihre Kampagnen voran.
Beteiligung
Um 20 Uhr erreichte die Wahlbeteiligung zur 20. Knesset 65,7 Prozent. Das sind zwei Prozent mehr als zur selben Zeit der Parlamentswahl von 2013. Aufseiten der arabischen Israelis haben zu dieser Uhrzeit rund 45 Prozent ihren Stimmzettel in die Urne gesteckt. Damit liegen sie rund neun Prozent hinter der allgemeinen Beteiligung. Die Wahllokale sind in den großen Städten noch bis 22 Uhr geöffnet. In vielen kleinen Ortschaften und Dörfern haben sie bereits seit 19 Uhr die Pforten geschlossen.
Betrug
Etwa 800 Verdachtsfälle von Wahlbetrug sind am Dienstag bei der Polizei eingegangen. Mehr als 50 Meldungen werden nun von den Ermittlungsbehörden weiter untersucht. Die Fälle umfassen das Vortäuschen einer anderen Identität sowie das Fälschen oder Stehlen von Wahlzetteln. In der nördlichen Stadt Safed etwa kam ein Einwohner in das Wahllokal und musste zu seiner großen Verwunderung feststellen, dass bereits jemand vor ihm eine Stimme in seinem Namen abgegeben hatte. In der arabischen Großstadt Um-Al-Fachem wurde ein Wahlbeauftragter festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, persönlich mehrere Umschläge mit Wahlzetteln in die blaue Box geworfen zu haben.
Busse
Kurz vor der Wahl hatten die Parteien noch einmal all ihre Kräfte, Helfer und Gelder mobilisiert, um die Wähler für sich zu gewinnen. Benjamin Netanjahus Regierungspartei Likud wollte mit einer Tür-zu-Tür-Kampagne Leute dazu bewegen, vom Sofa aufzustehen und an die Urnen zu gehen. In den vergangenen Tagen hatte der Likud zusehends Stimmen verloren und stagnierte bei 21 Sitzen. (Ab vier Tagen vor der Wahl ist es nach dem israelischen Wahlgesetz nicht mehr erlaubt, Ergebnisse von Umfragen zu veröffentlichen.) Einwohner von jüdischen Siedlungen im Palästinensergebiet wurden am Dienstag im Zuge der Kampagne mit Bussen in israelische Städte gebracht, um die Menschen aufzurufen, Rechts-Parteien zu wählen.
Lob
Der ehemalige Premier- und Verteidigungsminister sicherte seine Unterstützung offiziell Isaac Herzog zu. »Ich kenne ihn seit Jahrzehnten, als er als Regierungssekretär in meiner Regierung arbeitete, und als Minister an meiner Seite.« Ehud Barak nannte Herzog weise, erfahren und verantwortungsbewusst. Er habe herausragende Fähigkeiten, Entscheidungen in Sachen Sicherheit und Soziales zu treffen. Außerdem würde er von allen Oberhäuptern der Welt, die ihn getroffen haben, geschätzt. Jedoch zeigten sich nicht alle Mitglieder der Arbeitspartei, deren Vorsitzender Herzog ist, glücklich über die Hilfe von Baraks Seite. Denn er war es, der 2011 die Partei verließ, eine neue gründete und schließlich in einer Koalition mit Netanjahu saß. Viele sehen in ihm den Mann, der den Weg zu einer Rechtsregierung erst ebnete.
Reden
Netanjahu hatte nichts als Schelte übrig für die öffentliche Unterstützung seines Herausforderers Herzog durch Barak. »Barak und Boujie tun sich wieder zusammen. Das letzte Mal geschah das 1999, als sie eine Linksregierung mit Konzessionen, Rückzügen und der Teilung Jerusalems ins Leben riefen. Es endete mit der zweiten Intifada und explodierenden Bussen in israelischen Städten.« Netanjahu indes verfuhr nach dem Motto: »Was interessieren mich meine Reden von gestern?« Am Montag vor der Wahl erklärte er, dass seine letzte Ansprache in der Bar-Ilan-Universität, in der er eine Zweistaatenlösung propagiert hatte, keine Gültigkeit mehr habe. Unter ihm werde es keinen Palästinenserstaat geben.