Der UN-Sicherheitsrat hat sich für einen von US-Präsident Joe Biden vorgestellten, mehrstufigen Plan für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg ausgesprochen. Eine entsprechende Resolution wurde vom mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen am Montag (Ortszeit) in New York angenommen.
14 Mitgliedsländer stimmten dem Entwurf zu, die Veto-Macht Russland enthielt sich. Mit dem völkerrechtlich bindenden Entschluss unterstützte das Gremium erstmals seit Kriegsbeginn einen spezifischen Plan für eine Waffenruhe. Das Papier spricht einem von Biden vorgestellten Plan, der eine Beendigung der Kämpfe im Gazastreifen in drei Phasen vorsieht, seine Unterstützung aus.
Den USA zufolge hat nur die palästinensische Terrororganisation Hamas dem Plan bislang nicht zugestimmt. Eine klare und öffentliche Zustimmung zu dem Plan gab es bislang aber auch von der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nicht.
»Ohne Verzögerungen und ohne Bedingungen«
In der völkerrechtlich bindenden Resolution heißt es jedoch, dass Israel den Plan akzeptiert habe. Die Hamas wird aufgefordert, dies ebenfalls zu tun und drängt alle Beteiligten zu einer Umsetzung des Plans »ohne Verzögerungen und ohne Bedingungen«.
Die islamistische Hamas begrüßte die Resolution des Sicherheitsrats und bekräftigte den Willen, die indirekten Verhandlungen für eine Übereinkunft fortzuführen. Die positive Reaktion schien jedoch keine formelle Annahme des vorgeschlagenen mehrstufigen Plans darzustellen.
Seit ihrer Machtübernahme in Gaza im Jahr 2007 hat die Hamas Israel wiederholt angegriffen und sämtliche Waffenruhen gebrochen. Dieser Terror gipfelte in den Massakern vom 7. Oktober 2023. Seither ist Israel entschlossen, die Terrorgruppe komplett zu zerschlagen. Ein weiteres Ziel der Israelis ist die Befreiung weiterer Geiseln aus der Gewalt der Terroristen.
Erklärtes Ziel
Katar, Ägypten und die USA bemühen sich als Vermittler seit Monaten darum, ein Abkommen für eine Feuerpause im Gaza-Krieg, eine Befreiung der Geiseln und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu erreichen.
Zuvor hatten Repräsentanten der Hamas und des Islamischen Dschihad am Montag bei einem Treffen in Katar bekräftigt, Teil jeglicher Vereinbarung müssten ein vollständiges Ende des Krieges, ein umfassender israelischer Abzug aus dem Gazastreifen, ein Wiederaufbau des Küstenstreifens sowie ein Ende der Blockade sein.
Die Aggressoren in diesem Krieg wollen die Kämpfer offenbar beenden, um sich neu formieren zu können. Weitere Massaker in Israel hat die Hamas bereits angekündigt. Eine Auslöschung Israels ist ihr erklärtes Ziel.
Uneingeschränkte Unterstützung
Der von Biden Ende Mai vorgestellte Entwurf eines Deals sieht zunächst eine vollständige und uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen vor. In diesem Zeitraum würde eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind.
In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen. Es war bereits das elfte Mal seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen, dass der UN-Sicherheitsrat über eine Resolution zu dem Konflikt abgestimmt hat. Nur vier Resolutionsvorschläge wurden angenommen.
Die Europäische Union rufe zur sofortigen Umsetzung des Plans auf, teilte EU-Chefdiplomat Josep Borrell unterdessen am Abend mit. Die Staatengemeinschaft unterstütze den von Biden vorgelegten umfassenden Fahrplan uneingeschränkt, bekräftigte der Außenbeauftragte.
Vision einer Zweistaatenlösung
In der nun verabschiedeten Resolution betont der UN-Sicherheitsrat auch das Festhalten an der Vision einer Zweistaatenlösung, bei der Israel und die Palästinenser friedlich nebeneinander leben können. Dafür sei es wichtig, das Westjordanland und den Gazastreifen wieder unter der Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) zu vereinen.
Israels Regierung lehnt dies aktuell aber vehement ab. Dies hängt auch mit der Unterstützung des Terrors durch die PA zusammen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der zuletzt vor 18 Jahren für vier Jahre gewählt wurde, gibt offen zu, dass seine Behörde sogenannte »Märtyrer« finanziell unterstützt. Es handelt sich um Terror-Renten für Terroristen, die Israelis ermorden.
Derweil erhöht US-Außenminister Antony Blinken bei seinen diplomatischen Bemühungen um eine Waffenruhe den Druck vor allem auf die Hamas. Bei seinem achten Besuch im Nahen Osten seit Kriegsbeginn vor acht Monaten traf Blinken am Montagabend in Jerusalem Netanjahu.
»Einziger Außenseiter«
Der US-Außenminister machte bei dem Treffen deutlich, dass die USA und führende Politiker weltweit hinter dem von Biden vorgestellten Plan für eine Waffenruhe stehen, wie das US-Außenministerium am Montag mitteilte. Blinken hatte zuvor in Ägypten gesagt, dem von Biden vorgestellten Plan habe nur die Hamas nicht zugestimmt.
»Die einzige Partei, die nicht Ja gesagt hat, ist Hamas«, sagte er in Kairo. »Länder in der Region und weltweit« würden den Plan unterstützen. »Der einzige Außenseiter derzeit ist Hamas.«
Am Dienstagmorgen kommt Blinken mit dem israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog zusammen. Während seiner Nahostreise will er bis Mittwoch außer Ägypten und Israel auch Jordanien und Katar besuchen. In Jordanien nimmt er an einer Konferenz teil, die mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen erreichen will.
Deir al-Balah und Al-Bureidsch
Nach der Befreiung von vier Geiseln aus einem Flüchtlingsviertel im zentralen Abschnitt des Gazastreifens am Samstag setzt die israelische Armee ihre Einsätze in dem Gebiet fort. Israelische Truppen seien unter anderem in Deir al-Balah und in Al-Bureidsch aktiv, teilte das Militär am Montag mit.
Sie gingen dort gegen Terror-Infrastruktur über und unter der Erde vor sowie gegen Raketen-Abschussrampen. Es seien mehrere unterirdische Tunnel zerstört worden. In Al-Bureidsch hätten Soldaten mehrere Terroristen getötet, darunter ein Mitglied der Nuchba-Truppen der Hamas, das an dem Massaker am 7. Oktober teilgenommen habe.
Im israelisch-libanesischen Grenzgebiet dauerten die heftigen Gefechte zwischen Israel und der Terrororganisation Hisbollah derweil an. Die israelische Armee teilte am Montag mit, eine ihrer Drohnen sei in libanesischem Luftraum von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden. Sie sei auf libanesischem Gebiet niedergegangen. Zuvor waren zwei Flugkörper aus dem Libanon im Norden Israels abgefangen worden. dpa/ja