Israel

UN: »Glaubwürdige Informationen« über Vergewaltigungen durch Hamas

Der 7. Oktober ist der dunkelste Tag in der Geschichte des jüdischen Volkes nach 1945. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Fünf Monate nach dem Überfall der palästinensischen Terrorgruppe Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel haben die Vereinten Nationen Vorwürfe sexualisierter Gewalt während des Massakers in einem Bericht als glaubwürdig eingestuft. Es gebe »berechtigten Grund zur Annahme«, dass es zu Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen an mindestens drei Orten gekommen sei, heißt es in dem Papier, das am Montag (Ortszeit) in New York veröffentlicht wurde.

Zudem gebe es überzeugende Informationen, dass sexualisierte Gewalt auch gegen verschleppte Geiseln verübt worden sei und dies momentan im Gazastreifen weiter andauern könnte.

Israels Außenminister Israel Katz hatte der UNO zuvor vorgeworfen, die Verbrechen der Hamas »unter den Teppich kehren« zu wollen. Ein UN-Sprecher wies dies zurück. Die israelische Armee sieht derweil klare Anzeichen dafür, dass die Terroristen bei ihrem Überfall auch Frauen als »Sklavinnen« verschleppt haben.

Vergewaltigt und ermordet

In dem von der UN-Sonderbeauftragten für sexualisierte Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, nach einem Besuch in Israel angefertigten Bericht, kommt die Weltorganisation nun zu dem Schluss, dass bei den meisten Vorfällen am Tag des Massakers Opfer einer Vergewaltigung anschließend getötet wurden.

Zudem seien in dem Bericht Fälle von sexueller Schändung von Frauenleichen aufgeführt, hieß es weiter. Die UN-Organisation hatte für den Bericht nicht das Mandat, Schuldige zu benennen. Es brauche eine »umfassende Untersuchung«, hieß es.

Die Untersuchung von Pattens Team fand von Ende Januar bis Mitte Februar statt. Es habe Dutzende Treffen mit Vertretern von israelischen Behörden und Organisationen gegeben, mehr als 5000 Fotos und 50 Stunden Video seien gesichtet worden. Die Vereinten Nationen führten 34 Interviews mit Zeuginnen und Zeugen durch.

Mangelndes Vertrauen

Mit überlebenden Opfern sprach das Team aber nicht. Grund sei einerseits deren andauerndes Trauma. Hinzu komme »mangelndes Vertrauen« der Opfer in internationale Organisationen wie die UN, hieß es. Der Hintergrund: Die UN-Organisation UNRWA hat nach Ansicht Israels lange gegen Israel und gegen den Frieden gearbeitet.

Antisemitisches Unterrichtsmaterial in UNRWA-Schulen ist eines der Probleme, über das öfter berichtet wurde. Hinzu kommen die Terror-Vorwürfe gegen mehr als 30 UNRWA-Angestellte und die Verabschiedung einer hohen Anzahl an anti-israelischen Resolutionen beim UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) in Genf. Ein weiterer Aspekt: Die Organisation UN Women hatte erst sehr spät auf die Berichte der sexualisierten Gewalt gegen Frauen am 7. Oktober reagiert.

Israels Militär veröffentlichte unterdessen Tonaufnahmen, die beweisen sollen, dass bei dem Überfall auf Israel Frauen auch als »Sklavinnen« verschleppt worden seien. Auf den Aufnahmen, die vom Tag der Invasion stammen sollen, sind die Stimmen von Männern zu hören. Nach israelischer Darstellung soll es sich dabei auch um Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA handeln.

So soll etwa der Lehrer einer UNRWA-Schule gesagt haben, er habe eine »Sklavin« gefangen genommen, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Montagabend. Eine Reaktion von UNRWA zu den Vorwürfen stand zunächst aus.

Gantz in Washington D.C.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris brachte unterdessen bei einem Treffen mit dem israelischen Minister Benny Gantz in Washington ihre »tiefe Besorgnis« über die humanitären Bedingungen im Gazastreifen zum Ausdruck. Sie habe zudem über die Dringlichkeit eines Geisel-Abkommens gesprochen und Israels »konstruktiven Ansatz« in den Verhandlungen begrüßt, teilte das Weiße Haus im Anschluss mit.

Harris habe die Hamas aufgefordert, die vorliegenden Bedingungen zu akzeptieren. Die USA bemühen sich mit Ägypten und Katar als Vermittler unter Hochdruck um eine befristete Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln. Einen Durchbruch gibt es bei den indirekten Verhandlungen bisher nicht.

Gantz, der Israels Kriegskabinett angehört, und Harris hätten auch die Lage in der mit Hunderttausenden palästinensischen Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah im Süden Gazas erörtert, hieß es. Sie hätten über die Notwendigkeit eines umsetzbaren Plans zum Schutz der Zivilisten gesprochen, bevor eine größere Militäroperation in Rafah in Erwägung gezogen werde.

Diskussion um Hilfsgüter

In Rafah an der Grenze zu Ägypten leben derzeit rund 1,5 Millionen Menschen auf engstem Raum. Israel plant eine Bodenoffensive in dem Gebiet. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen verschärft die US-Regierung seit Wochen ihren Ton gegenüber der israelischen Regierung - und fordert Israel auf, deutlich mehr Hilfe in das Küstengebiet zu lassen und neue Grenzübergänge zu öffnen.

Nach Israelischen Angaben ist die Menge der Hilfe, die nach Gaza geliefert werden kann, jedoch nicht begrenzt. Verzögerungen bei der Einfuhr haben demnach andere Gründe. Die Bevölkerung des Küstenstreifens wurde durch ihre eigene Führung, die Hamas, in diese Lage gebracht. Die Terroristen weigern sich bisher, weitere Geiseln freizulassen und beschießen Israel weiterhin mit Raketen.

Nach dem Start amerikanischer Hilfslieferungen aus der Luft haben die Vereinten Nationen die Menge der gelieferten humanitären Güter als unzureichend bezeichnet. Zwar helfe jede Lieferung, sagte Sprecher Stephane Dujarric am Montag in New York. »Aber es entspricht weder der Größe noch dem Umfang dessen, was wir brauchen.«

Es seien Hilfslieferungen mit Lastwagen über den Landweg nötig. Die USA hatten angesichts der humanitären Katastrophe im Gazastreifen am Wochenende damit begonnen, die Zivilbevölkerung dort aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen - auch andere Länder werfen dort humanitäre Hilfe aus Flugzeugen ab. Auch Israel ist in diese Bemühungen involviert. dpa/ja

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