Syrien

Übergangsregierung soll »Massaker« angerichtet haben

Einheiten der syrischen Armee auf dem Weg nach Latakia. In dem Regierungsbezirk leben die meisten Alawiten, einer Minderheit, der auch die Assads angehören Foto: picture alliance/dpa

Dem Ausbruch der Gewalt in Syrien zwischen Anhängern des gestürzten Langzeitherrschers Baschar al-Assad und den neuen Machthabern sind nach Schätzung von Aktivisten bereits mehr als 1.000 Menschen zum Opfer gefallen. Sicherheitskräfte der islamistischen Übergangsregierung hätten dabei regelrechte »Massaker« unter den Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten angerichtet, zu der auch Ex-Präsident al-Assad gehört. Unter den Getöteten seien 745 Zivilisten, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Abend. 

Das Blutvergießen hatte am Donnerstag begonnen. Laut der neuen Machthaber hatten bewaffnete Anhänger der gestürzten Assad-Regierung Sicherheitskräfte in der Nähe der Küstenstadt Dschabla in der mehrheitlich von Alawiten bewohnten Provinz Latakia überfallen. Die Angriffe der Aufständischen schienen koordiniert zu sein, schrieb das Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington. Am Freitag verlegte die Übergangsregierung deswegen größere Truppenkontingente in die Region. Seitens der Regierungstruppen seien Artilleriegeschütze, Panzer und Raketenwerfer eingesetzt worden, hieß es.

Angst unter den Alawiten 

Vor allem unter den Alawiten seien Angst und Schrecken weit verbreitet, sagte ein Bewohner. »Es gibt viele Übergriffe und Tötungen aufgrund der Religionszugehörigkeit. Es kommt auch zu Diebstählen«, schilderte er. Unter den Todesopfern seien auch Frauen und Kinder, berichtete die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die den Konflikt über ein Netzwerk von Informanten verfolgt. Sie sprach von Massakern in 29 Orten der Gouvernements Latakia, Tartus, Hama und Homs und warf Kämpfern der islamistischen Übergangsregierung Kriegsverbrechen vor. 

Die Anhänger des gestürzten al-Assad würden versuchen, diese Morde zu nutzen, um Minderheitengruppen zu mobilisieren, heißt es in einem Bericht des ISW. Vor allem unter den Alawiten wachse das Gefühl, dass die Interimsregierung der neuen islamistischen Machthaber sie unterdrückt und ausgrenzt. Für Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa sind die Auseinandersetzungen die erste große Prüfung. Der frühere Rebellenchef hatte sich am Freitagabend an die Bevölkerung gewandt und erklärt, Überbleibsel der Ex-Regierung hätten mit ihren Angriffen versucht, »das neue Syrien zu testen«. 

Versorgung der Bevölkerung wird schwieriger

Die Beobachtungsstelle in Großbritannien rief die internationale Gemeinschaft zum dringenden Handeln auf und forderte die Entsendung von Experten, um Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Zudem appellierte sie an die syrischen Behörden in der Hauptstadt Damaskus, die Verantwortlichen für die berichteten Hinrichtungen zur Rechenschaft zu ziehen. In Latakia sei es außerdem zu Ausfällen bei der Strom- und Wasserversorgung gekommen. Bäckereien hätten die Produktion eingestellt und Märkte seien geschlossen, was es der Bevölkerung immer schwerer mache, sich zu versorgen, hieß es. 

Nachbarländer sind besorgt

Syriens Nachbarländer machen sich angesichts der schwierigen Sicherheitslage in der Region Sorgen: Die Außen- und Verteidigungsminister sowie die Geheimdienstchefs der Türkei, Jordaniens und des Irak treffen sich daher heute in der jordanischen Hauptstadt Amman mit ihren syrischen Kollegen, um über Sicherheitsbedrohungen, Terrorismusbekämpfung und organisierte Kriminalität zu sprechen, wie türkische diplomatische Quellen mitteilten. Als ein Fokus der Gespräche gelten auch die Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Tausende IS-Kämpfer werden in Gefängnissen im Nordosten Syriens festgehalten. dpa

Westjordanland

Israel will gegen illegale Selbstjustiz vorgehen

Zuletzt häuften sich Angriffe radikaler Siedler. Generalstabschef Zamir: Israels Militär wird das nicht tolerieren

 17.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Debatte

Netanjahu: Gewalttätige Siedler sind Minderheit

Israels Premier: Die große Mehrheit der Siedler ist gesetzestreu und dem Staat gegenüber loyal

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025

Miss-Universe-Show

Miss Israel erhält Todesdrohungen nach angeblichem Seitenblick

Auch prominente Israelis sind immer öfter mit Judenhass konfrontiert. Diesmal trifft es Melanie Shiraz in Thailand

 17.11.2025

Israel

Ex-Geisel fühlt sich »völlig im Stich gelassen«

Rom Braslavski, von der Hamas vom Novafestival verschleppt und jahrelang gequält, zieht die bittere Bilanz seiner Rückkehr

von Sabine Brandes  17.11.2025

Nahost

Hamas hortet offenbar moderne Waffen im Ausland

In afrikanischen Staaten und im Jemen sammeln die Terroristen laut Medienberichten Feuerwaffen und andere Waffengattungen

 17.11.2025

Berlin

Bundesregierung hebt Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wieder auf

Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, ihre massiv kritisierte Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen

von Michael Fischer  17.11.2025

Untersuchungskommission

7. Oktober: Netanjahu-Regierung will sich selbst untersuchen

Die Regierung Netanjahu hat auf Druck des Obersten Gerichts nach mehr als zwei Jahren einer Untersuchung der Versäumnisse, die zum 7. Oktober geführt haben, zugestimmt. Allerdings will man das Gremium und den Untersuchungsumfang selbst bestimmen

 16.11.2025 Aktualisiert