Nahost

Tod eines Brückenbauers

Juliano Mer-Chamis, hier ein Foto aus dem Jahr 2004, wurde am Montag Opfer eines Anschlags. Foto: rtr

In einer Region, in der ethnische, religiöse und nationale Feindschaft identitätsbildend für Kollektive wie Individuen ist, war Juliano Mer-Chamis schon von seiner Biografie her ein Brückenbauer. Als »hundertprozentig palästinensisch und hundertprozentig jüdisch« bezeichnete sich der 1958 in Nazareth geborene Sohn einer jüdischen Mutter und eines arabischen Vaters. Beide Eltern waren aktive Linke und traten für die Rechte der Palästinenser ein.

Feindseligkeit Juliano Mer-Chamis diente als Fallschirmjäger in der Zahal und wurde später Schauspieler. Er spielte in israelischen und amerikanischen Filmen, trat an renommierten Bühnen wie dem Habima-Theater auf. Und er führte das Vermächtnis seiner Eltern fort. 2003 kam sein Film »Arna’s Children« in die Kinos, eine Dokumentation, in der Mer-Chamis ein Kindertheater porträtierte, das seine Mutter während der zweiten Intifada im Flüchtlingslager Dschenin im Westjordanland gegründet hatte. Aus dem Film entstand drei Jahre später eine neue Bühne in Dschenin, das »Freiheitstheater«.Vor allem bei islamistischen Gruppen weckte dieses Projekt nicht nur Misstrauen, sondern auch offene Feindseligkeit. So wurde Mer-Chamis als Theaterchef vorgeworfen, als Schweine maskierte Darsteller in George Orwells »Farm der Tiere« auf die Bühne gebracht zu haben. Auch, dass an dem Theater junge Männer und Frauen gemeinsam spielten, missfiel den muslimischen Fundamentalisten.

Auf offener Straße Immer wieder kam es zu Drohungen, zweimal gab es Brandanschläge auf das Theater. Juliano Mer-Chamis ließ sich davon nicht einschüchtern. Das kostete ihn das Leben. Am Montag wurde er von fünf maskierten Männern auf offener Straße erschossen. Die Täter waren, so der arabische Polizeichef von Dschenin, militante Palästinenser. Die Führung der Autonomiebehörde verurteilte den Anschlag scharf. »Ein hässliches Verbrechen«, nannte es der palästinensische Premier Salam Fajad, »angesichts dessen wir nicht schweigen können.«

In Israel ist die Bestürzung unter Künstlern und Intellektuellen groß. Amos Gitai, unter dessen Regie Juliano Mer-Chamis in Filmen wie »Berlin-Jerusalem«, »Kippur« und »Kedma« gespielt hatte, nannte ihn einen Brückenbauer in dritter Generation und fügte resigniert hinzu: »Wahrscheinlich kann unsere Region solche Menschen nicht aushalten.«

Im Gedenken an Juliano Mer-Chamis zeigt die Schaubühne Berlin am Freitag, den 8. April, und am Sonntag, den 10 April, den Film »Arnas Kinder«.

Tel Aviv

Israel: Entwicklung von Laser-Abwehrwaffe abgeschlossen

Das Hochleistungs-Lasersystem »Iron Beam« markiert einen Wendepunkt: Präzise, schnell und überraschend günstig. Wie verändert dies Israels Schutz vor Bedrohungen aus feindlichen Ländern der Region?

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Gaza

»Gebt mir mein Mädchen zurück!«

Ifat Hayman fleht, dass ihre Tochter Inbar, die letzte weibliche Geisel der Hamas, zur Bestattung zurückgebracht wird

von Ifat Hayman  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Politik

»Geradeaus« mit Gadi Eizenkot

Zu den Gründungsmitgliedern der neuen Partei des früheren Stabschefs gehört auch die Tochter einstiger Hamas-Geiseln

von Sabine Brandes  17.09.2025

Jerusalem

Netanjahu kündigt Treffen mit Trump an, warnt Hamas und kritisiert Katar

Vor seinem Besuch im Weißen Haus will der Ministerpräsident vor den Vereinten Nationen sprechen

 17.09.2025

Nahost

Israelische Armee weitet Offensive aus

Laut Armeesprecher Effie Defrin hat eine Befreiung der in der Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln höchste Priorität: »Ihre sichere Rückkehr ist der Kern unserer Mission. Sie sind der Grund, warum wir weiterkämpfen.«

 17.09.2025

Luftfahrt

Schlägerei während Flugs von Tel Aviv nach Bukarest

Israelische Passagiere prügeln sich. Anschließend gibt es Bußgelder. Medien berichten über mutmaßlich religiöse Motive

 16.09.2025 Aktualisiert