Israel

Stillstand für das Gedenken

Für zwei Minuten übernimmt am Jom Haschoa der Stillstand Israel. Foto: Flash90

Menschen, Fahrzeuge, Fabriken, Büros, Schulen, Werkzeuge. Alle halten inne, alles pausiert. Für zwei Minuten übernimmt der Stillstand Israel. Dann ist nur die Sirene zu hören, die durch das ganze Land heult. Es wird der sechs Millionen von den Nazis ermordeten jüdischen Männer, Frauen und Kinder gedacht.

Den Knopf für die Gedenksirene löste ein Überlebender aus. An der Seite seiner Enkelin, einer Soldatin des Heimatfrontkommandos, aktivierte Reuven Eyal das nationale Alarmsystem. Eyal wurde 1935 in Rumänien geboren und wanderte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Israel aus.

gedenkminuten Im Anschluss an die Gedenkminuten werden überall Zeremonien zur Erinnerung an die Holocaust-Opfer abgehalten. Den Beginn des Jom Haschoa bildete die zentrale Gedenkfeier am Mittwochabend in der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem. Dort sprachen verschiedene Politiker, Überlebende und der Oberrabbiner von Israel, Israel Meir Lau. Sechs Überlebende zündeten eine Fackel an – jede ein Symbol für eine Million ermordeter Menschen.

Am Donnerstagmorgen trafen Präsident Isaac Herzog und Ministerpräsident Naftali Bennett gemeinsam mit ihren Ehefrauen in der Knesset ein, entzündeten Gedenkkerzen und legten danach Kränze in Yad Vashem nieder. Anschließend nahmen sie an der »Für jeden Menschen gibt es einen Namen«-Zeremonie im israelischen Parlament teil, bei der die Namen von Ermordeten vorgelesen werden.

Herzog las die Namen seiner Angehörigen vor und erzählte Details aus ihrem Leben: »In Erinnerung an die 10.000 Juden des Ghettos Lomza in Polen, die im Januar 1943 massakriert und nach Auschwitz verbannt wurden, wie Lämmer zum Schlachten. Lomza war der Geburtsort meines Großvaters, Rabbi Yitzhak Isaac HaLevi Herzog, wo seit Jahrhunderten eine glorreiche jüdische Gemeinde blühte.«

»Mögen ihre Erinnerungen ein Segen sein.«

Präsident isaac Herzog

»In Erinnerung an die Familie meines Großonkels, Professor Hersch Lauterpacht aus Lemberg, der einzige Überlebende seiner Familie, der im Auftrag der Alliierten Ankläger bei den Nürnberger Prozessen wurde und einer der Begründer des modernen internationalen Gesetzes ist.« Der Präsident nannte auch seine anderen Familienmitglieder. »Mögen ihre Erinnerungen ein Segen sein.«

GESTE Mickey Levy, der Präsident der Knesset, war ebenfalls bei der Zeremonie anwesend, begleitet von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die derzeit in Israel ist. Levy sagte: »Wir gedenken der sechs Millionen von unserem Volk, die der Schoa zum Opfer gefallen sind. Erstmals nimmt die Präsidentin des Bundestags an den Veranstaltungen des israelischen Jom Haschoa teil. Wir erkennen diese Geste an und schätzen sie.«

»Ihr Besuch symbolisiert die besonderen Beziehungen zwischen unseren Völkern, die auf der historischen Verantwortung fußen, die Deutschland für die Schoa übernommen hat, und ihrer Verpflichtung zur Sicherheit Israels«, so Levy. »Wir haben soeben eine Kerze gezündet zum Gedenken an die Verstorbenen und zum Gedenken an Yosef Baruch, einen der Anführer beim Aufstand in Auschwitz.«

Heute leben nach Angaben des Ministeriums für soziale Gleichheit noch 161.400 Holocaust-Überlebende in Israel. Ihr Durchschnittsalter beträgt 85,5 Jahre. 31.500 Männer und Frauen sind über 90 Jahre alt und mehr als 1000 bereits über 100. Viele der Schoa-Überlebenden in Israel leiden unter Einsamkeit und leben unter der Armutsgrenze. Besonders hart traf viele von ihnen die Corona-Pandemie, die oft zu einer noch größeren Vereinsamung führte.

BAHN Israels Holocaust-Gedenktag stand in diesem Jahr unter dem Motto »Zugfahrten in den Untergang: Die Deportation der Juden während des Holocaust«. Bei Gedenkveranstaltungen war auch Bahnchef Richard Lutz dabei. Er legte in der Gedenkstätte Yad Vashem einen Kranz nieder. Die Reichsbahn spielte bei der Vernichtung der europäischen Juden eine entscheidende Rolle.

Lutz sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Unsere Vorgängerorganisation war durch Deportationen wesentlich an der Ermordung von europäischen Juden, Sinti und Roma beteiligt. Millionen von Menschen wurden mit Zügen ins Verderben gebracht.«

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Waffenruhe

Hamas will weiteren Geisel-Leichnam übergeben

Die Terroristen sollen noch die sterblichen Überreste von acht Geiseln in ihrer Gewalt haben

 04.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  04.11.2025

USA

Donald Trump will Netanjahu-Prozess beeinflussen

In einem Interview mit »60 Minutes« zeigt der US-Präsident kein Interesse an der Unabhängigkeit der Justiz

von Sabine Brandes  04.11.2025

Israel

Spion auf vier Rädern

Israels Armee mustert ihre Dienstfahrzeuge »Made in China« aus. Der Grund: Sie könnten ein Risiko für die nationale Sicherheit sein

von Ralf Balke  04.11.2025

US-Vorschlag

Internationale Truppen sollen zwei Jahre Frieden in Gaza garantieren

Bis zum 18. November wollen die Vereinigten Staaten im UN-Sicherheitsrat eine Resolution über die Zukunft des Küstenstreifens einbringen. Die Details

 04.11.2025

Gazastreifen

Israel übergibt Leichname von 45 Palästinensern

Im Rahmen der Waffenruhe hat sich Israel verpflichtet, für jeden Leichnam einer Hamas-Geisel die sterblichen Überreste von 15 Palästinensern in den Gazastreifen zu überstellen

 04.11.2025

Libanon

Israelische Armee tötet zwei Hisbollah-Mitglieder

Israel wirft der Terror-Miliz Wiederaufrüstung vor. Dabei hatte die Terror-Miliz eigentlich ihrer Entwaffnung zugestimmt

 04.11.2025

Erinnerung

Fünf Millionen Namen

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem hat einen Meilenstein erreicht

von Sabine Brandes  03.11.2025