Food-Tech

Steak aus dem Reagenzglas

Das Black Angus Petit Steak soll noch in diesem Jahr auf den Tellern von Karnivoren landen. Und auch Tierliebhaber dürfen genussvoll reinbeißen. Es ist ganz und gar Fleisch und trotzdem ganz und gar ohne totes Tier. Denn das Stück Fleisch von Aleph Cuts, der Marke des israelischen Start-ups Aleph Farms, wurde im Labor gezüchtet.

Israel ist das erste Land der Welt, das kultiviertes Fleisch auf der Basis von Rindfleisch zum Verkauf genehmigte. Singapur und die USA ließen bereits den Konsum von Zuchthähnchen zu, doch für Rindfleisch ist es ein Novum. Das Ministerium in Jerusalem erklärte, die Zulassung sei Teil eines Pilotprogramms für alternatives Protein, das von der Abteilung für Lebensmittel-Risikomanagement gestartet wurde.

»Produkte nicht lebenden Ursprungs«

Angesichts der wachsenden weltweiten Nachfrage nach »Produkten nicht lebenden Ursprungs« – so die Terminologie – arbeite man ständig an der Zulassung alternativer Nahrungsquellen. Mitte Januar habe das Ministerium Aleph Farms dann einen sogenannten »Keine Fragen«-Brief für seine Marke Aleph Cuts ausgestellt, was bedeutet, dass das Produkt als sicher anerkannt und für den Markt freigegeben sei.

Der Geschäftsführer des Unternehmens, Didier Toubia, ist begeistert: »Mit seiner weltweiten Führungsrolle in der zellularen Landwirtschaft drängt Israel weiterhin auf eine stärkere regionale Integration und wirtschaftliche Zusammenarbeit, die für die Stabilisierung der Region von entscheidender Bedeutung sein werden.« Er meint, dass die Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen wie der Ernährungssicherheit der beste Weg sei, den Wohlstand im Nahen Osten und in anderen Teilen der Welt sicherzustellen, die stark auf Lebensmittelimporte angewiesen sind, insbesondere in Asien.

Laborfleisch, auch In-Vitro-Fleisch genannt, wird durch sogenanntes Tissue Engineering hergestellt. Aleph Farms nutzt die Fähigkeit von Tieren, kontinuierlich Muskelgewebe aufzubauen, und isoliert die dafür verantwortlichen Zellen. Anschließend werden die optimalen Bedingungen für das Wachstum dieser Zellen zu Gewebe geschaffen, wobei das Fleisch praktisch außerhalb des Tieres wächst. Das Gewebe wird in Tanks gezüchtet, die als Fermenter fungieren, ähnlich denen in einer Brauerei. Dort werden die Zellen genährt und zu einer 3D-Struktur geformt, aus der schließlich das Fleisch entsteht.

Im April 2022 vergab die israelische Innovationsbehörde staatliche Zuschüsse in Höhe von 18 Millionen US-Dollar an Privatunternehmen und Forschungseinrichtungen für kultiviertes Fleisch, darunter auch Aleph Farms. Das Start-up ist einer der Hauptakteure im wachsenden israelischen Lebensmitteltechnologiesektor.

Einer der Investoren von Aleph Farms ist Leonardo DiCaprio.

Toubia hatte Aleph Farms im Jahr 2017 zusammen mit der Professorin Shulamit Levenberg von der Fakultät für Biomedizintechnik am Technion und dem israelischen Lebensmitteltechnologie-Inkubator »The Kitchen«, einem Teil der Strauss-Gruppe, ins Leben gerufen. Bis heute hat das Start-up insgesamt rund 120 Millionen US-Dollar von einer Reihe privater und öffentlicher Investoren eingesammelt, darunter auch vom Schauspieler und Umweltaktivisten Leonardo DiCaprio.

Niederlassungen in den Vereinigten Staaten und Singapur

Das israelische Start-up hat bereits Niederlassungen in den Vereinigten Staaten sowie Singapur. Ziel ist es nach eigenen Angaben, »Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit und Tierschutz zu verbessern«. 2018 präsentierte Aleph Farms der Welt erste kultivierte, dünn geschnittene Rindersteaks. Für seinen Beitrag zum Klimaschutz wurde es vom Weltwirtschaftsforum und den Vereinten Nationen ausgezeichnet.

Das erste Produkt von Aleph Cuts, das in Israel angeboten wird, ist das kultivierte Steak, das aus nicht modifizierten Zellen einer Premium-Black-Angus-Kuh namens Lucy sowie einer pflanzlichen Proteinmatrix aus Soja und Weizen besteht – laut Unternehmensangaben auch für Vegetarier eine Option. »Abgesehen von den Starterzellen, die aus einem von Lucys befruchteten Eiern stammen, gibt es keine tierischen Bestandteile im Kultivierungsprozess und im Endprodukt.« Ferner werden auch keine Antibiotika verwendet.

»Zum Markteintritt werden Aleph Cuts einen ähnlichen Preis haben wie konventionelles Premium-Rindfleisch«, so Yoav Reisler, Marketing- und Kommunikationsmanager des Unternehmens. Man plane, die Kosten innerhalb weniger Jahre zu senken, weshalb die Preise bald fallen dürften.

Koscher und parve

Anfang des vergangenen Jahres hatte der aschkenasische Oberrabbiner David Lau befunden, dass das von Aleph produzierte kultivierte Fleisch koscher und parve ist. Letzteres bezeichnet Lebensmittel, die weder Fleisch noch Milch sind. Dazu gehört beispielsweise auch Fisch. Laus Urteil basierte hauptsächlich auf der Tatsache, dass Aleph Farms – ebenso wie andere Unternehmen – ein Verfahren anwendet, bei dem das Fleisch aus Stammzellen befruchteter Eizellen und nicht aus den Muskelgewebezellen gezüchtet wird.

»Das gesamte Aleph-Team hat in diesen schwierigen Zeiten in Israel Stärke und Entschlossenheit vereint, um zu liefern – egal, was passiert«, betont Toubia. »Wir freuen uns, diese Widerstandsfähigkeit in Form von Innovationen in der Landwirtschaft und Ernährungssicherheit voranzutreiben. Aleph Farms setzt sich mehr denn je dafür ein, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.«

Jerusalem

Bischof Azar bedauert Irritation durch »Völkermord«-Äußerung

Weil er in einem Gottesdienst in Jerusalem von »Völkermord« an den Palästinensern sprach, hat der palästinensische Bischof Azar für Empörung gesorgt. Nun bedauert er, dass seine Worte Irritation ausgelöst haben

von Christine Süß-Demuth  07.11.2025

Diplomatie

Kasachstan will sich den Abraham-Abkommen anschließen

US-Präsident Donald Trump kündigte den Schritt wenige Tage vor dem Besuch des saudischen Kronprinzen im Weißen Haus. Auch Saudi-Arabien solle seine Beziehungen zu Israel normalisieren, so die Hoffnung des US-Präsidenten

 07.11.2025

Israel

Spion auf vier Rädern

Israels Armee mustert ihre Dienstfahrzeuge »Made in China« aus. Der Grund: Sie könnten ein Risiko für die nationale Sicherheit sein

von Ralf Balke  07.11.2025

Ko Pha Ngan

Thailand: Israelisches Paar hat in der Öffentlichkeit Sex - und wird verhaftet

Die Hintergründe

von Sabine Brandes  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Geiselhaft

»Sie benutzten mich wie einen Boxsack«

Die befreite Wissenschaftlerin Elisabeth Tsurkov berichtet über »systematische Folter und sexuelle Gewalt« durch die Entführer im Irak

von Sabine Brandes  06.11.2025

Gaza

Ex-Geisel Rom Braslavski: »Ich wurde sexuell missbraucht«

Es ist das erste Mal, dass ein aus der Gewalt der Terroristen freigekommener Mann über sexuelle Gewalt berichtet

von Sabine Brandes  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert