Debatte

Soziologe Sznaider: Empathie mit Gegenseite im Krieg unmöglich

Natan Sznaider Foto: picture alliance/dpa

Der israelische Soziologe Natan Sznaider kann in der derzeitigen Kriegssituation keine Empathie für die Opfer im Gazastreifens empfinden. »Das Verlangen nach Empathie im Krieg für die andere Seite ist für mich absurd, sage ich ganz ehrlich«, bekannte Sznaider am Dienstag beim Philosophie-Festival Phil.Cologne in Köln.

»Ich weiß nicht, ob das in irgendeiner Weise nachzuvollziehen ist, dass, wenn man im Krieg ist, wenn Enkel und Söhne von Bekannten und Freunden im Gazastreifen kämpfen und dann kommt da diese Empathie-Frage für die andere Seite, ja was bin ich? Mutter Teresa?« Das mache in diesem Moment keinen Sinn für ihn.

»Es geht nicht um Empathie, es geht um Verantwortung«, stellte der 1954 in Mannheim geborene Wissenschaftler klar. Mitverantwortlich für die Taten Israels im Gazastreifen fühle er sich als israelischer Staatsbürger durchaus, auch wenn er die Regierung von Benjamin Netanjahu nicht gewählt habe. 

Wenn er von deutschen Journalisten immer wieder danach gefragt werde, ob er Empathie mit den Menschen im Gazastreifen empfinde, habe er manchmal den Eindruck, dass dahinter in Wahrheit die Frage nach Empathie für die deutschen Opfer des Bombenkriegs im Zweiten Weltkrieg stehe, sagte Sznaider. »In einem Interview habe ich das mal versucht zu formulieren und gefragt: Was fragen Sie wirklich? Fragen Sie eigentlich nach der Empathie gegenüber den deutschen Opfern in Dresden oder in Hamburg? Geht’s denn wirklich um Gaza oder geht’s hier um eine ganz andere Frage?« Er sei sich in diesem Punkt aber nicht sicher, und er wolle sich damit auch nicht aus der Verantwortung stehlen. 

Sznaiders Gesprächspartner, der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani, äußerte sich frustriert darüber, dass die eine Seite das Leid der anderen nicht anerkennen könne. Er sei im Übrigen davon überzeugt, dass die Verhärtung Israels gleichzeitig eine Schwächung Israels bedeute.

»Israel war noch nie so isoliert wie in diesen Tagen, und das hat zu tun mit der Reaktion Israels auf den 7. Oktober, und es läuft 1:1 nach dem Plan der Hamas«, sagte Kermani, der seit Jahrzehnten mit Sznaider befreundet ist. Der Hamas gehe es darum, Israel international in Misskredit zu bringen und eine Solidaritätswelle für die Sache der Palästinenser auszulösen, sagte Kermani. Genau das sei passiert.

»Das Versprechen Netanjahus und der Rechten ‚Wir sorgen für Sicherheit, indem wir maximal hart sind‘ hat für alle erkennbar zu maximaler Unsicherheit für die israelische Bevölkerung geführt«, so Kermani. dpa

Meinung

Israel: Keine Demokratie ohne Pressefreiheit

Den Armeesender abschalten? Warum auch jüdische Journalisten in der Diaspora gegen den Plan von Verteidigungsminister Katz protestieren sollten

von Ayala Goldmann  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Geiseldeal

Hamas übergibt Leichnam von Meny Godard

Der 73-jährige Großvater wurde am 7. Oktober im Kibbuz Be’eri von Terroristen der Hamas ermordet und in den Gazastreifen entführt

 14.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Waffenruhe

Hamas und Islamischer Dschihad wollen Geisel-Leichnam übergeben

Die Terroristen haben noch die sterblichen Überreste von vier Geiseln in ihrer Gewalt

 13.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Westjordanland

Israel: Rund 40 Hamas-Mitglieder in Betlehem festgenommen

Israelische Einsatzkräfte wollen Anschlagspläne mit möglicherweise vielen Toten gestoppt haben: Was hinter der Festnahme Dutzender Hamas-Mitglieder steckt

 13.11.2025

Westjordanland

Jüdische Siedler zünden Moschee an

Nur einen Tag nachdem Israels Präsident Herzog und hochrangige Vertreter der Armee Angriffe gewalttätiger Siedler verurteilt hatten, schlugen diese wieder zu

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025