Israel hat in der Nacht mit einem Großangriff auf iranische Städte und Atomanlagen begonnen. Der Iran schlägt derzeit mit Drohnen zurück. Auch ausländische Staatsleute äußern sich zur Lage in Nahost.
Großbritanniens Premierminister Keir Starmer warnt vor einer weiteren Eskalation. »Wir rufen alle Parteien dazu auf, einen Schritt zurückzutreten und sofort Spannungen abzubauen«, teilte er auf der Plattform X mit. »Eine Eskalation hilft niemandem in der Region.«
Stabilität im Nahen Osten müsse Priorität haben, er setze sich bei seinen Partnern für eine Deeskalation ein, so Starmer. »Jetzt ist die Zeit für Zurückhaltung, Ruhe und eine Rückkehr zur Diplomatie.«
Auch Frankreich hat alle Seiten zur Zurückhaltung aufgerufen. Jede Eskalation, die die regionale Stabilität gefährden könnte, solle vermieden werden, schrieb Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot auf X. »Es ist entscheidend, dass alle diplomatischen Wege mobilisiert werden, um die Spannungen zu entschärfen.«
Merz: »Iran darf keine Atomwaffen entwickeln«
Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte Bundeskanzler Friedrich Merz am Morgen in einem Telefonat über die Militäraktionen und deren Ziele informiert. Der Kanzler rief Israel und den Iran dazu auf, von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation führen könnten. Gleichzeitig betonte er aber, dass Israel das Recht habe, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen.
«Deutschland steht bereit, mit allen uns zur Verfügung stehenden diplomatischen Mitteln auf die Konfliktparteien einzuwirken», erklärte Merz. «Das Ziel muss weiterhin bleiben, dass der Iran keine Nuklearwaffen entwickelt.»
Die Bundesregierung habe ihre Sorge über das weit vorangeschrittene iranische Atomwaffenprogramm seit vielen Jahren immer wieder zum Ausdruck gebracht. «Dieses Nuklearprogramm verstößt gegen die Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages und ist eine ernsthafte Bedrohung für die gesamte Region, insbesondere für den Staat Israel.»
Israels Außenminister telefoniert mit deutschem Amtskollegen
Israels Außenminister Gideon Saar hat nach eigenen Angaben eines der ersten Gespräche nach dem Angriff auf Irans Atomanlagen mit seinem deutschen Amtskollegen Johann Wadephul (CDU) geführt. Er habe ihn über die einstimmige Entscheidung des Kabinetts und über die Operation der israelischen Armee informiert, teilte das israelische Außenministerium mit.
»Wir haben diese Entscheidung in letzter Minute getroffen, nachdem alle anderen Wege ausgeschöpft waren. Die ganze Welt hat gesehen und verstanden, dass die Iraner nicht bereit sind, aufzuhören, und wir mussten sie stoppen«, habe er seinem Amtskollegen gesagt. Der letzte Bericht der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA habe die schweren iranischen Verstöße verdeutlicht. »Uns stehen herausfordernde Tage bevor, aber wir haben keine andere Wahl.«
Für Sonntag ist ein Besuch des deutschen Außenministers in Israel geplant. Ob der Besuch tatsächlich stattfinden wird, ist noch ungewiss.
Von der Leyen zu Nahost: Lage deeskalieren
Spitzenpolitiker und -politikerinnen aus Brüssel warnen vor weiterer Eskalation. »Die Berichte aus dem Nahen Osten sind zutiefst alarmierend. Europa fordert alle Parteien dringend auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, die Lage sofort zu deeskalieren und von Vergeltungsmaßnahmen abzusehen«, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf der Plattform X.
Auch EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas warnte vor einer weiteren Eskalation. Sie sei bereit, alle diplomatischen Bemühungen zur Deeskalation zu unterstützen, teilte sie mit.
EU-Ratspräsident António Costa zeigte sich ebenfalls besorgt. »Eine weitere gefährliche Eskalation muss vermieden werden, sie würde die gesamte Region destabilisieren«, schrieb er auf X.
Israel hatte in der Nacht mit einem Großangriff auf iranische Städte und Atomanlagen begonnen. Der Iran schlägt nach israelischen Angaben mit Drohnen zurück.
Arabische Staaten verurteilen Israels Angriffe auf Iran
Mehrere arabische Staaten haben die israelischen Angriffe auf iranische Atomanlagen scharf verurteilt. Die Angriffe stellten eine klare Verletzung internationalen Rechts dar, hieß es in einer Mitteilung der saudischen Regierung. »Das Königreich verurteilt diese ruchlosen Angriffe und betont, dass die internationale Gemeinschaft und der Sicherheitsrat eine große Verantwortung tragen, diese Aggression umgehend zu stoppen«, hieß es in einer Mitteilung aus Riad.
Die omanische Regierung bezeichnete die Angriffe laut der Nachrichtenagentur des Landes als »gefährliche und rücksichtslose Eskalation«, die eine eklatante Verletzung der UN-Charta und des Völkerrechts darstelle. Zudem drohe das israelische Vorgehen, diplomatische Bemühungen zunichtezumachen.
Erst am Donnerstag hatte Omans Regierung eine sechste Runde von Gesprächen zwischen dem Iran und den USA über das Atomprogramm des Landes in der omanischen Hauptstadt Muskat für Sonntag angekündigt. Bislang hatten die Gespräche keinen Durchbruch gebracht. Ob sie fortgesetzt werden können, gilt als zweifelhaft.
Auch aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait und Katar kam scharfe Kritik an den israelischen Angriffen. Es handle sich um eine »eklatante Verletzung« von Irans Souveränität und einen klaren Bruch internationalen Rechts, hieß es aus der katarischen Hauptstadt Doha. Die Angriffe fügten sich in ein Muster wiederkehrender Aggressionen ein, die Bemühungen zur Deeskalation und diplomatischer Lösungen untergraben, so die Mitteilung weiter.
Ägypten verurteilte die Angriffe ebenfalls und warnte vor einem größeren Konflikt in der Region.
China besorgt über israelischen Angriff gegen Iran
China hat sich nach dem Angriff Israels auf den Iran beunruhigt und besorgt über die Folgen gezeigt. Die Volksrepublik sei gegen die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Irans und die Ausweitung eines Konflikts, sagte Außenamtssprecher Lin Jian in Peking. China rufe alle Seite auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Man sei bereit, dabei eine konstruktive Rolle zu spielen.
China gilt als wichtiger Partner des Irans. Die Volksrepublik ist ein Hauptabnehmer iranischen Öls. Außerdem wird China etwa von den USA vorgeworfen, Teheran mit für die Rüstung wichtigen Rohstoffen zu beliefern. Mitte Mai sanktionierte Washington in diesem Zusammenhang chinesische Staatsbürger und Firmen.
Moskau verurteilt Angriff auf Iran
Russland hat nach den israelischen Angriffen auf den Iran die »schwere Eskalation der Spannungen« in der Region verurteilt. Moskau sei besorgt, Kremlchef Wladimir Putin werde über das Verteidigungsministerium, den Auslandsgeheimdienst und das Außenministerium über die Ereignisse informiert, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland, das über enge Beziehungen zum Iran verfügt, hatte sich bei den Verhandlungen der USA zu Teherans umstrittenen Atomprogramm zuletzt als Vermittler angeboten.
Moskau und Teheran hatten Mitte Januar eine strategische Zusammenarbeit für die nächsten 20 Jahre vereinbart, die allerdings keinen gegenseitigen militärischen Beistand vorsieht - anders als bei einem ähnlichen Abkommen zwischen Russland und Nordkorea.
Russland und der Iran arbeiten vor allem auch wegen der westlichen Sanktionen, die beide Länder belasten, eng zusammen. Der Iran steht in der Kritik, Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterstützen.
Huthi kritisieren Angriffe auf Iran und drohen mit Konsequenzen
Die Huthi-Terrormiliz im Jemen hat die Angriffe Israels auf iranische Atomanlagen als »illegal und ungerechtfertigt« kritisiert und mit Konsequenzen gedroht.
Die pro-iranische Miliz beschuldigten die USA und ihre Verbündeten, die Spannungen mit dem Iran systematisch durch diplomatischen Druck und militärische Aktionen zu erhöhen. Damit solle Teheran für seine Unterstützung der Palästinenser abgestraft werden, hieß es in der Huthi-Mitteilung. Israel und seinen westlichen Verbündeten, vor allem den USA, drohte die Miliz mit Konsequenzen. »Wer Brände in der Region legt, wird sich die Finger verbrennen.«
Die Huthi beschießen seit Beginn des Gaza-Kriegs immer wieder Israel mit Drohnen und Raketen mit der Begründung, die Palästinenser unterstützen zu wollen. Auch Handelsschiffe mit Verbindungen zu Israel sowie den USA und Großbritannien wurden immer wieder angegriffen. Die Huthi werden vom Iran unterstützt. dpa/ja