Israel

»Siedlungsbau kein Verstoß gegen das Recht«

US-Außenminister Mike Pompeo Foto: imago

Die US-Regierung sieht im israelischen Siedlungsbau im Westjordanland keinen Verstoß gegen internationales Recht mehr. US-Außenminister Mike Pompeo sagte am Montag in Washington, der Bau von israelischen Siedlungen im Westjordanland »ist nicht per se unvereinbar mit internationalem Recht«. Es habe den Friedensprozess im Nahen Osten nicht vorangebracht, die Siedlungen für illegal zu erklären.

Der Außenminister betonte, die US-Regierung treffe mit diesem Schritt keine Aussage zu einzelnen Siedlungsprojekten. Jeder Fall sei einzeln zu betrachten, von Gerichten vor Ort.

Israels Premier Netanjahu begrüßte die Entscheidung der US-Regierung ebenso wie Blau-Weiß-Chef Gantz.

EINSCHÄTZUNG Auch bedeute die Entscheidung keinerlei Vorfestlegung mit Blick auf den Status des Westjordanlandes im Fall einer Friedenslösung. »Das müssen Israelis und Palästinenser miteinander aushandeln.« Pompeo wehrte sich auch gegen die Einschätzung, dass sich die USA so weiter international isolierten.

Israel begrüßte die Entscheidung der US-Regierung, den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland nicht länger als Verstoß gegen internationales Recht zu betrachten. »Es gibt keinen Zweifel am Recht des israelischen Volkes am Land Israel«, sagte Außenminister Israel Katz laut einer Mitteilung seines Ministeriums am Montag. Er dankte der Regierung von US-Präsident Donald Trump für ihre »anhaltende und starke Unterstützung«.

TATSACHE Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte die US-Entscheidung zum israelischen Siedlungsbau als Korrektur einer »historischen Fehlentscheidung. Diese Politik reflektiert die historische Wahrheit - dass das jüdische Volk keine ausländischen Kolonialisten in Judäa und Samaria sind«, sagte Netanjahu am Montag nach Angaben seines Büros. »Tatsächlich werden wir Juden genannt, weil wir das Volk von Judäa sind.«

Israel bleibe weiterhin bereit, mit den Palästinensern Friedensverhandlungen aufzunehmen. Aber man werde weiterhin alle Argumente zurückweisen, nach denen die Siedlungen illegal seien, sagte Netanjahu.

Ex-Militärchef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß begrüßte ebenfalls die Entscheidung. Gantz ist derzeit nach der Parlamentswahl im September mit der Regierungsbildung beauftragt.

RECHT Schon vor der US-Ankündigung Pompeos hatte die israelische Ex-Justizministerin Ajelet Schaked auf Twitter dazu aufgerufen, die israelischen Siedlungen im Westjordanland zu verteidigen. »Das jüdische Volk hat das gesetzliche und moralische Recht, in ihrem historischen Heimatland zu leben«, schrieb Schaked. »Jetzt ist die Zeit gekommen, unsere Souveränität auf diese Siedlungen anzuwenden.«

Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel im Dezember 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp aufgefordert.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte in Brüssel: »Alle Siedlungsaktivitäten sind nach dem Völkerrecht illegal und unterhöhlen die Tragfähigkeit der Zwei-Staaten-Lösung die Perspektiven für einen dauerhaften Frieden.« Die EU rufe Israel auf, sämtliche Siedlungsaktivitäten im Einklang mit seinen internationalen Verpflichtungen zu unterbinden.

Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel im Dezember 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp aufgefordert. Siedlungen wurden in der Resolution 2334 als Verstoß gegen internationales Recht und als großes Hindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnet. Auch die Administration unter US-Präsident Barack Obama lehnten die Erweiterung israelischer Siedlungen in den Gebieten bislang ab. Der Siedlungsbau ging jedoch weiter.

Am Dienstag hatte der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung im Zusammenhang mit der israelischen Siedlungspolitik verkündet, die für große Kontroversen und Empörung sorgte. Der EuGH entschied, dass exportierte Waren aus israelischen Siedlungen im Westjordanland in der EU besonders markiert werden müssen und nicht als Produkt Israels ausgewiesen werden können. Israel kritisierte die Entscheidung als diskriminierend und antisemitisch. Die USA äußerten sich ebenfalls besorgt und beklagten, die Vorgabe diene lediglich dazu, Boykotte gegen Israel zu fördern.

UNTERSTÜTZUNG Mit der rechtlichen Kehrtwende der Amerikaner bekommt Israel nun kraftvolle Unterstützung für die eigene Siedlungspolitik. Die Trump-Regierung hat in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe proisraelischer Entscheidungen getroffen: Sie erkannte den israelischen Anspruch auf die  Golanhöhen ebenso an wie Jerusalem als Israels Hauptstadt. Die Trump-Regierung verlegte die US-Botschaft auch dorthin.

Die US-Botschaft in Jerusalem rief US-Bürger zu erhöhter Vorsicht in Jerusalem und den Palästinensergebieten auf.

Die Palästinenserführung kritisierte, dass die US-Regierung den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland nicht länger als Verstoß gegen internationales Recht betrachtet. Die Siedlungen beschränkten zudem das Recht auf Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bevölkerung, teilte Saeb Erekat, Generalsekretär der palästinensischen Organisation (PLO) am Montag mit.

Erekat verwies auf das Völkerrecht, das ganz klar die Rechtswidrigkeit der israelischen Siedlungen definiere. Er rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln gegen »das unverantwortliche Verhalten der USA« auf. Die Palästinenser werfen der US-Regierung vor, vor allem die Interessen Israels zu vertreten. Deshalb lehnen sie inzwischen die Vereinigten Staaten als Vermittler im Nahost-Konflikt ab.

GEFAHR Nabil Abu Rudeineh, Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, sagte, die US-Regierung trage »die volle Verantwortung für jegliche Auswirkungen dieses gefährlichen Schritts«.

Die US-Botschaft in Jerusalem rief US-Bürger zu erhöhter Vorsicht in Jerusalem und den Palästinensergebieten auf. Regierungsmitarbeitern wurden Reisen ins gesamte Westjordanland und Besuche in der Jerusalemer Altstadt sowie ihrer direkten Umgebung untersagt.  dpa/ja

Kommentar

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