Westjordanland

Scharfe Verurteilung der Siedlergewalt

Verteidigungsminister Yoav Gallant verurteilte die »Handvoll Extremisten«, die in Jit randalierten. Foto: copyright (c) Flash90 2024

Mehr als 100 extremistische israelische Siedler, zum Teil bewaffnet und maskiert, haben am Donnerstagabend ein palästinensisches Dorf im Westjordanland überfallen. Sie warfen Steine ​​und Molotowcocktails und steckten mindestens vier Häuser und sechs Fahrzeuge in Brand.

Dabei sei auch ein palästinensischer Mann getötet und ein weiterer verletzt worden, gab das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) an. Israelische und internationale Politiker verurteilten den Angriff aufs Schärfste.

Die israelische Armee gab an, wenige Minuten nach der Meldung des »schweren Vorfalls« Truppen und Grenzpolizisten zum Tatort entsandt zu haben und bei der Vertreibung der Israelis aus dem Dorf Mittel zur Aufruhrbekämpfung und scharfe Schusswaffen eingesetzt zu haben.

»Die israelischen Streitkräfte verurteilen Vorfälle dieser Art und die Randalierer, die Sicherheit, Recht und Ordnung gefährden und die IDF und die Sicherheitskräfte von ihrer Hauptaufgabe ablenken, nämlich Terrorismus zu vereiteln und die Sicherheit der Bewohner zu schützen«, fügte das Militär in einer Erklärung hinzu.

Unklar, wodurch Palästinenser getötet wurde

Der 23-jährige Palästinenser Rasheed Seda sei getötet und ein weiterer palästinensischer Zivilist durch die »Kugeln der Siedler« schwer verletzt worden, erklärte die PA und nannte das Geschehen »organisierten Staatsterrorismus«. Israelische Sicherheitsquellen gaben allerdings an, es sei unklar, wer auf die Palästinenser geschossen habe. Das Militär sagte außerdem, es untersuche den Tod des Palästinensers und habe eine Gemeinschaftskommission von Polizei und dem Geheimdienst Schin Bet eingerichtet.

Das Büro des Premierministers Benjamin Netanjahu gab eine Erklärung ab, in der es hieß, es betrachte den Angriff mit »äußerster Ernsthaftigkeit«. Die Verantwortlichen für jegliche Straftat würden festgenommen und vor Gericht gestellt. Der israelische Präsident Isaac Herzog verurteilte den Angriff als »Pogrom«. Verteidigungsminister Yoav Gallant verurteilte die »Handvoll Extremisten«, die in Jit randalierten, »während unsere Soldaten an verschiedenen Fronten kämpfen, um den Staat Israel zu verteidigen.«

Lesen Sie auch

Innenminister Moshe Arbel forderte unterdessen den Schin Bet und andere Strafverfolgungsbehörden auf, »sofort zu handeln, um das Phänomen des schweren nationalistischen Verbrechens auszumerzen, das heute Abend an Unschuldigen im Dorf Jit begangen wurde«. Arbel, ein Mitglied der ultraorthodoxen Shas-Partei, sagte, die Aktionen »widersprechen den Werten des Judentums, sind ein moralischer und menschlicher Tiefpunkt und schaden dem Staat Israel und dem Siedlungsvorhaben in Judäa und Samaria.«

Netanjahu regiert mit Unterstützung von zwei rechtsextremen Parteien, die weitere israelische Siedlungen im Westjordanland und eine vollständige Annexion befürworten. In einer seltenen Stellungnahme schrieb der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich auf X, die Angreifer in Jit hätten »nichts mit der Siedlung und den Siedlern zu tun«. Sie seien Kriminelle, gegen die die Strafverfolgungsbehörden »mit der vollen Härte des Gesetzes« vorgehen müssen.

Yair Golan, der Chef einer neuen linksgerichteten Allianz namens »Die Demokraten«, sagte, die Gewalt vom Donnerstag sei »keine extremistische Minderheit und kein kleines Problem, sondern eine gewalttätige Gruppe, die enorme Unterstützung von der Regierung genießt«. Netanjahu habe »Vertreter der Randalierer in Jit in die Knesset geholt und zu Ministern ernannt.«

Auswärtiges Amt, EU und USA verurteilen Gewalt

Die Bundesregierung verurteilte die Vorgänge. Das Auswärtige Amt postete am Freitagnachmittag auf der Plattform X: »Diese Gewalt ist inakzeptabel, die Angriffe müssen sofort aufhören. Palästinenser*innen haben ein Recht auf ein Leben in Sicherheit. Israel ist verpflichtet, die Palästinenser*innen im Westjordanland zu schützen, diese Angriffe zu stoppen und die Täter strafrechtlich zu verfolgen. Es darf für solche Gewalttaten keine Straflosigkeit geben.«

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, ging noch weiter. »Wir verurteilen die Angriffe der Siedler in Jit, die darauf abzielen, die palästinensische Zivilbevölkerung zu terrorisieren«, schrieb er auf X.

Kritisiert Israel scharf: Josep BorrellFoto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Tag für Tag heizten Siedler »in fast völliger Straffreiheit« die Gewalt immer weiter an. »Die israelische Regierung muss diese inakzeptablen Aktionen sofort stoppen. Ich bekräftige meine Absicht, einen Vorschlag für EU-Sanktionen gegen die Unterstützer der gewalttätigen Siedler, einschließlich Mitglieder der israelischen Regierung, vorzulegen«, so Borrell weiter. Für eine Sanktionierung ist allerdings die Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedsstaaten erforderlich.

Auch der US-Botschafter in Israel, Jack Lew, zeigte sich »entsetzt« über den Angriff israelischer Siedler. Das Weiße Haus in Washington erklärte am Donnerstag (Ortszeit), es verurteile den gewalttätigen Amoklauf von über 100 Siedlern in einem palästinensischen Dorf im Westjordanland. »Angriffe gewalttätiger Siedler auf palästinensische Zivilisten im Westjordanland sind inakzeptabel und müssen aufhören.«

Die Gewalt von Siedlern gegen Palästinenser im Westjordanland hat nach dem verheerenden Massaker der Terrorgruppe Hamas im Süden Israels am 7. Oktober stark zugenommen. (Mitarbeit mth)

Israel

Kibbuz will Einwohnerzahl nach Hamas-Massaker verdoppeln

Der 7. Oktober war ein tiefer Einschnitt für die Gemeinde an der Grenze zum Gazastreifen. Doch die Menschen dort denken nicht ans Aufgeben

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025

Wetter

Wintersturm Byron fegt über Israel

Israelische Rettungsdienste und kommunale Behörden im ganzen Land sind in Alarmbereitschaft. Wintersturm Byron bringt Überschwemmungen und Blitzschlag

 10.12.2025

Neuanfang

Israel und Bolivien nehmen wieder diplomatische Beziehungen auf

In dem südamerikanischen Land wurde im Oktober ein neuer Präsident gewählt, der mit der linken Außenpolitik seiner Vorgänger bricht

 10.12.2025

Israel

Kibbuz Be’eri beschließt Abriss

Die Gemeinde des vom 7. Oktober besonders stark betroffenen Kibbuz hat beschlossen, zerstörten Häuser nicht wieder aufzubauen. Bis auf eines

 10.12.2025

Andrea Kiewel

Ein Weltwunder namens Regen

Jedes Jahr im Dezember versetzt der Regen die Menschen in Israel in Panik - dabei ist er so vorhersehbar wie Chanukka

von Andrea Kiewel  09.12.2025

Nachrichten

Wasser, Armee, Mädchen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  09.12.2025

Geiseln

Israel nimmt Abschied von Sudthisak Rinthalak

Der Thailänder wurde am 7. Oktober von Terroristen des Islamischen Dschihad ermordet und in den Gazastreifen verschleppt

 09.12.2025