Jerusalem

»Problem der ganzen Menschheit«

Vertreter europäischer Staaten und der USA haben in Jerusalem über den wachsenden Antisemitismus in ihren Ländern beraten. Foto: PR

Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat vor wachsendem Antisemitismus weltweit gewarnt und zu einem vereinten Kampf dagegen aufgerufen. »Wir müssen immer daran denken, dass Antisemitismus, wenn er nicht rechtzeitig gestoppt wird, schnell von Rhetorik zu zerbrochenem Glas und Mord übergeht«, sagte er am Montag im Rahmen einer Antisemitismuskonferenz im Gedenken an die Novemberpogrome im Deutschen Reich am 9. November 1938.

An dem Treffen in Rivlins Jerusalemer Residenz nahmen Beauftragte, Sondergesandte und Koordinatoren im Kampf gegen Antisemitismus aus Europa und den USA teil, darunter der Antisemitismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Felix Klein.

NULLTOLERANZ In Sachen Antisemitismus müsse es eine Nulltoleranz geben, so Rivlin bei einem Treffen mit den Beauftragten der USA, der EU, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. Antisemitismus sei »kein jüdisches Problem, sondern ein Problem der ganzen Menschheit«.

In seiner Eröffnungsrede zur anschließenden Konferenz warnte Rivlin vor einem sich auf allen Ebenen ausbreitenden Antisemitismus. Er komme »von der extremen Rechten, der extremen Linken und vom radikalen Islam, wird online ausgedrückt, in den Straßen, in Hochschulen und mehr und mehr in Machtpositionen«, darunter in Parlamenten und politischen Parteien.

In seiner Eröffnungsrede warnte Rivlin vor einem sich auf allen Ebenen ausbreitenden Antisemitismus.

81 Jahre nach den Novemberpogromen sei es »unfassbar, dass Synagogen von Pittsburgh bis Halle unter Angriff« stehen, Juden Angst hätten, auf der Straße eine Kippa zu tragen, und jüdische Schüler aus Angst ihre Identität verstecken müssten.

massnahmen Als Maßnahmen forderte er unter anderem die Ausschöpfung aller rechtlichen Schritte, um Hassverbrechen zu verhindern und zu verfolgen. Die Sicherheit jüdischer Gemeinden müsse gewährleistet werden, neue Bildungsinitiativen müssten starten, um das Vermächtnis des Holocaust jenen Generationen weiterzugeben, die keine Überlebenden mehr kennen werden.

Ferner müssten Hassverbrechen im Internet bekämpft und entsprechende Regulierungen und Technologien entwickelt werden, um Antisemitismus und Aufwiegelung in Sozialnetzwerken zu verhindern. Ferner forderte der israelische Präsident die Übernahme und Anwendung der Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) »auf allen Ebenen«.

Die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katharina von Schnurbein, mahnte eine rigorose Strafverfolgung von Antisemitismus im Internet an und verwies auf entsprechende europäische Schritte. »Wir brauchen eine europäische oder idealerweise globale Lösung, um das Internet frei von Hass und Gewalt zu halten«, so von Schnurbein.

Als Maßnahmen forderte Rivlin unter anderem die Ausschöpfung aller rechtlichen Schritte, um Hassverbrechen zu verhindern und zu verfolgen.

initiative Der Antisemitismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Felix Klein, lobte gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Initiative des israelischen Präsidenten. Als wichtigste Botschaft gehe von dem Treffen aus, dass es sich bei Antisemitismus um einen Kampf handele, mit dem zwar die jüdischen Gemeinschaften konfrontiert seien, der aber die Gesellschaften in ihrer Gesamtheit angehe.

Ferner regte er an, dass andere Länder dem Beispiel Deutschlands in der Ernennung eines ausschließlich für den Kampf gegen Antisemitismus Beauftragten folgen, um international schneller und effizienter Maßnahmen gegen Antisemitismus beraten zu können.

Deutschland wolle mit dem Bundesverband RIAS (Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus) »Antisemitismus sichtbarer machen, auch wenn er unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegt«, so Klein. Betroffene und Zeugen sollen niederschwellig Vorfälle melden und Hilfe erhalten können. Das so erhaltene Datenmaterial stelle für die Präventionsarbeit ein wichtiges Element im Kampf gegen Antisemitismus dar.

Die Konferenz unter dem Titel »Wachsender Antisemitismus – eine neue Realität für Juden weltweit« wurde mitorganisiert vom israelischen Ministerium für Diasporaangelegenheiten, dem Außenministerium sowie der Organisation »Gesher«.

Krieg

Iran feuert weitere Raketen auf Israel

Sanitätskräfte melden mehrere leicht und mittelschwer Verletzte

 15.06.2025

Nahost

Expertin: Irans Atomprogramm noch nicht entscheidend beschädigt

Seit der Nacht auf Freitag greift Israel Ziele im Iran an - im Fokus der Armee stehen die Atomanlagen Teherans. Sima Shine bezweifelt jedoch große Schäden

 15.06.2025

Meinung

Die Angst der Mullahs vor der starken Frau

Israels Armee schmückt sich mit einer Kampfnavigatorin, die beim Großangriff auf den Iran im Einsatz war. Und der Angstreflex der Mullahs funktioniert einwandfrei

von Sophie Albers Ben Chamo  15.06.2025

Interview

»Sehr präzise und äußerst wirksame Schläge«

Arye Sharuz Shalicar über Israels Angriff auf den Iran, die Situation der iranischen Bevölkerung und die Zukunft des Mullah-Regimes

 15.06.2025

Gesellschaft

Geplatzter Sommernachtstraum

Sarah und Tom wollten nach drei Jahren Planung Mitte Juli in Israel heiraten – doch dann kam der Iran dazwischen

von Sabine Brandes  15.06.2025

Nahost

Israel wendet Hisbollah-Playbook im Iran an

Lange Zeit galt die libanesische Terrororganisation für Teheran als Kronjuwel in seiner Front gegen Israel. Aus Expertensicht könnte dem Iran nun das gleiche Schicksal drohen wie seinem Verbündeten

 15.06.2025

Jerusalem

US-Botschafter: Iran greift auch Amerikaner in Israel an

Die USA unterhalten im Nahen Osten zahlreiche Stützpunkte – an den israelischen Angriffen im Iran beteiligt sich Washington jedoch nicht. Mike Huckabee weist auf amerikanische Staatsbürger in Israel hin

 15.06.2025

Krieg in Nahost

Israel: Iranisches Flugzeug in 2300 Kilometer Entfernung angegriffen

Nach Angaben des Militärs handelt es sich um das bisher am weitesten entfernte Ziel, das im Iran attackiert wurde

 15.06.2025

Krieg

Rund 100.000 Israelis im Ausland gestrandet

Das Verkehrsministerium in Jerusalem will den Betroffenen helfen – doch wie, das weiß bisher niemand

von Imanuel Marcus  15.06.2025