Einspruch

Nicht einmal minimal neutral

Ralf Balke Foto: Marco Limberg

Man möchte sich die Augen reiben. Unter anderem berichtet »Spiegel Online« am Dienstagmorgen: »Nach schweren Zusammenstößen auf dem Tempelberg in Jerusalem hatte die Hamas zuvor einen Abzug israelischer Sicherheitskräfte gefordert.

Als Israel dem nicht nachkam, begann kurz nach 18 Uhr Ortszeit der massive Raketenbeschuss.« Es klingt, als ob Israel selbst die Schuld daran trage, dass es im Laufe des Abends und der Nacht Hunderte von Geschossen regnete, die die Städte – so die Diktion der Hamas – »in eine Hölle« verwanden sollten.

zusammenstöße Schließlich war es ja zuvor in Jerusalem erneut zu heftigen Zusammenstößen zwischen Israelis und Palästinensern gekommen, und das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte an den heiligen Stätten stand weltweit in der Kritik.

Auch bei den Vereinten Nationen kennt man ebenfalls nur einen einzigen Schuldigen an der eskalierenden Gewalt.

Abgesehen davon, dass es in manchen Redaktionen hierzulande anscheinend als völlig normal betrachtet wird, wenn eine Terrororganisation wie die Hamas ein Ultimatum stellt, dem man besser Folge leisten sollte, fand so wieder einmal eine Umkehr des Prinzips von Ursache und Wirkung statt: In Jerusalem gab es ein Problem, und die Raketen sind die Quittung – von dem Ausblenden der Vorgeschichte der »Tiktok-Intifada« ganz zu schweigen.

resolution Dabei weiß man sich in deutschen Medien in dieser Haltung Seite an Seite mit der Bundesregierung. Vor wenigen Wochen erst hatte Deutschland im UN-Menschenrechtsrat einer von Staaten wie Venezuela und Pakistan eingebrachten Resolution zugestimmt, in der Israel als »Besatzungsmacht« für so ziemlich alles verantwortlich gemacht wurde, was in den Palästinensergebieten falsch läuft, wobei man quasi als Bonus auch noch ein Waffenembargo gegen Israel absegnete.

Apropos Vereinte Nationen: Dort kennt man ebenfalls nur einen einzigen Schuldigen an der eskalierenden Gewalt. So forderte am Montag UN-Generalsekretär António Guterres allein Israel dazu auf, »maximale Zurückhaltung« zu üben, kein Wort zum Raketenterror. Das ist nicht einmal minimale Neutralität.

Der Autor ist freier Journalist in Berlin und Tel Aviv.

Wirtschaft

Netanjahus unglücklicher »Sparta«-Vergleich

Israels Premierminister spricht in einer Rede von wirtschaftlicher Isolation und sieht sein Land in einer ähnlichen Situation wie einst der griechische Stadtstaat. Politik und Märkte reagieren unerwartet heftig

von Sabine Brandes  18.09.2025

Israel

Zwei Tote bei Anschlag an Grenze zu Jordanien

Der Angreifer ist offenbar in einem Lastwagen angekommen, der humanitäre Hilfsgüter für den Gazastreifen transportierte. Der Anschlag könnte laut Medien auch Auswirkungen auf Gaza-Hilfen haben

 18.09.2025 Aktualisiert

Nachruf

Sie trug ein strassbesetztes Krönchen

Tovia Ringer überlebte die Konzentrationslager Groß-Rosen und Schömberg, bevor sie 1948 nach Israel emigrierte. Nun ist die »Miss Holocaust Survivor 2018« im Alter von 102 Jahren gestorben

von Sara Klatt  18.09.2025

Kurznachrichten

Hotel, Datteln, Pilger

Meldungen aus Israel

von Sabine Brandes  18.09.2025

Tel Aviv

Israel: Entwicklung von Laser-Abwehrwaffe abgeschlossen

Das Hochleistungs-Lasersystem »Iron Beam« markiert einen Wendepunkt: Präzise, schnell und überraschend günstig. Wie verändert dies Israels Schutz vor Bedrohungen aus feindlichen Ländern der Region?

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Gaza

»Gebt mir mein Mädchen zurück!«

Ifat Hayman fleht, dass ihre Tochter Inbar, die letzte weibliche Geisel der Hamas, zur Bestattung zurückgebracht wird

von Ifat Hayman  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025