Studie

Lockdown macht depressiv

Der »Stehauf-Männchen-Effekt« bleibt bei der Pandemie aus. Foto: Flash90

Studie

Lockdown macht depressiv

Jeder fünfte Israeli hat während der Pandemie mit mentalen Problemen zu kämpfen

von Sabine Brandes  08.12.2020 15:24 Uhr

Die Pandemie macht depressiv: Mit diesen Worten kann man die Ergebnisse der neuen Studie der Tel Aviv Universität (TAU) zu den Auswirkungen des Covid-19-Ausbruchs zusammenfassen. Besonders junge Erwachsene seien »von den extremen Schäden für die mentale Widerstandsfähigkeit betroffen«.  

EINSCHRÄNKUNGEN Seit dem 18. September gibt es einen zweiten landesweiten Lockdown, der zwar ab Oktober schrittweise gelockert wird, doch nach wie vor große Einschränkungen für die Bevölkerung mit sich bringt. Jetzt werden sogar wieder striktere Maßnahmen eingeführt, etwa eine nächtliche Ausgangssperre während der Chanukka-Festwoche. Auch sprechen Politik und Gesundheitsexperten dauerhaft von einem dritten Lockdown.

Viele Menschen beklagen, dass die »einzige Gewissheit derzeit die Ungewissheit« sei.

Der sonst normale »Stehaufmännchen-Effekt«, der nach anderen Krisen, etwa Wellen von Terroranschlägen, gesehen wird, bleibe derzeit aus, beschreibt die Studie. Doch woher soll er auch kommen, wenn das öffentliche Leben in Israel seit dem Frühjahr fast ausschließlich von der Corona-Pandemie bestimmt wird? Viele Menschen beklagen, dass derzeit die »einzige Gewissheit die Ungewissheit ist«.

SORGE Die leitende Forscherin der Untersuchung, Notfallmedizin-Spezialistin Bruria Adini von der TAU, habe auf den »klassischen israelischen Effekt« des Wiederaufstehens gehofft. »Doch es bereitet uns Sorge zu sehen, dass die mentale Gesundheitskrise immer schlimmer wird.«

Für das Projekt wurden Hunderte von Menschen vor und während der Pandemie untersucht. Während des Lockdowns im Oktober gaben 29 Prozent der Israelis an, große Angstzustände zu haben, und 20 Prozent beschrieben »ein hohes Level von Depressionen«. Vor der Pandemie lagen diese Zahlen bei zwölf beziehungsweise neun Prozent.

Im Gegensatz zu landläufigen Annahmen ist die physische Gesundheit die geringste Sorge der Menschen. Lediglich fünf Prozent der Befragten fühlen sich in dieser Hinsicht bedroht. Nahezu ein Drittel aller Israelis (30 Prozent) aber beklagen die politische Instabilität, während 20 Prozent große Finanzängste angeben.

»Israelis zwischen 30 und 40 sind besonders von der Krise betroffen.«

Wissenschaftlerin Bruria Adini

Während die Forscherin bestätigt, dass die Politik sich um ältere Menschen kümmert und das richtig sei, gibt Adini zu bedenken, was die Ergebnisse ihrer Studie zeigen: dass Israelis zwischen 30 und 40 Jahre besonders von der Krise betroffen sind. »Man würde annehmen, die Gruppe ist widerstandsfähiger. Doch tatsächlich haben diese Leute öfter Angstzustände und Depressionen als die älteren Menschen.«

»Der Trend steigt und steigt und hat mittlerweile Auswirkungen auf die Familien, die Gesellschaft, die Beschäftigung. Und darum müssen sich die Politiker kümmern«, macht sie klar. Sie wolle kein »Alarmist« sein, will aber gleichsam klarmachen, dass darauf geachtet werden müsse. »Wenn die politischen Anführer die Bevölkerung auf ihrer Seite haben wollen, müssen sie anerkennen, was sie wirklich belastet.«

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Waffenruhe

Hamas-Terroristen übergeben mutmaßliche Geisel-Leiche

Die Terroristen müssen noch die sterblichen Überreste von drei Geiseln übergeben

 25.11.2025

Wetter

Sturzfluten in Israel

Nach extremer Hitzewelle bringen erste heftige Stürme und Niederschläge Überschwemmungen im ganzen Land

von Sabine Brandes  25.11.2025

Hochzeit des Jahres

Hochzeit des Jahres

Daniel Peretz und Noa Kirel haben sich getraut

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Gesellschaft

Familienforum für Geiseln schließt seine Pforten

Nach mehr als zwei Jahren des unermüdlichen Einsatzes der freiwilligen Helfer »ist der Kampf vorbei«

von Sabine Brandes  24.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025