Jerusalem

Kritik an Warschauer Geschichtspolitik

Warschau Foto: dpa

In Israel ist man über die neue Gesetzgebung zur Geschichte der Schoa in Polen schockiert. Einen Tag vor dem Internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocaust am 27. Januar hatte das dortige Unterhaus es für gesetzeswidrig erklärt, Polen wegen der Mitwirkung an den Verbrechen der Schoa zu beschuldigen.

Politiker und Historiker äußerten sich entsetzt. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sagte dazu: »Dieses Gesetz hat keine Grundlage. Ich bin strikt dagegen. Die Geschichte kann nicht umgeschrieben werden, und es ist verboten, den Holocaust zu leugnen.«

todeslager Es ist neuerdings in Polen untersagt, jegliche Beteiligung »der polnischen Nation an den Verbrechen der Nazis« zu erwähnen. Es darf nicht geäußert werden, dass Polen beim Töten von Juden mit den Deutschen kollaborierten. Ebenso darf der Begriff »polnische Todeslager« nicht mehr verwendet werden.

Auch der Vorsitzende der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, Avner Shalev, äußerte sich kritisch über das neue Gesetz. Es könnte die historische Wahrheit über die Unterstützung der polnischen Bevölkerung für die Deutschen verwässern. Allerdings sei der Begriff »polnische Todeslager« in der Tat eine geschichtliche Falschdarstellung: »Die Todeslager wurden im von den Nazis besetzten Polen errichtet, um Juden im Rahmen der ›Endlösung‹ zu töten.« Beschränkungen für die Erklärungen von Wissenschaftlern indes sei eine ernsthafte Verzerrung.

außenministerium Der stellvertretende Botschafter in Israel, Piotr Kozlowski, wurde zunächst ins Außenministerium einbestellt, um das neue Gesetz seines Landes zu besprechen, und einen Tag später ermahnt. »Diese Gesetzgebung wird nicht dabei helfen, dass die historische Wahrheit ans Licht kommt, sie wird die Recherchefreiheit behindern sowie die Diskussion um die geschichtliche Botschaft und das Erbe des Zweiten Weltkrieges verzerren«, hieß es aus dem Ministerium.

Währenddessen rechtfertigte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Änderung: »Auschwitz-Birkenau ist kein polnischer Name, und ›Arbeit macht frei‹ ist kein polnischer Satz.« Er twitterte, Auschwitz sei die bitterste Lektion, »wie bösartige Ideologien für eine Hölle auf Erden sorgen können. Juden, Polen und alle Opfer müssen dafür sorgen, dass der von den deutschen Nazis Getöteten gedacht wird.«

Polens Präsident Andrzej Duda versicherte, dass »jeder, der über persönliche Erinnerungen spricht, das volle Recht dazu hat und nicht bestraft wird«. Das Gesetz sei dazu da, um »Lügen und falsche Anschuldigungen gegen das polnische Volk und die polnische Nation zu verhindern«, hieß es aus dem Büro des Präsidenten. Er wolle das Gesetz erst sorgfältig untersuchen, bevor er es endgültig abzeichnet.

schulen Der israelische Bildungsminister Naftali Bennett (Jüdisches Haus) nannte das Gesetz »ein schändliches Ignorieren der Wahrheit« und wies daraufhin Schulen im ganzen Land an, in dieser Woche zwei zusätzliche Stunden Geschichtsunterricht in den Lehrplan einzuschieben. Während des zusätzlichen Unterrichts soll die Beteiligung europäischer Nationen an der Schoa thematisiert werden – darunter auch Polen.

Auch der World Jewish Congress kritisierte das Gesetz. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Jewish Telegraphic Agency (JTA) nannte er es eine »historische Verschleierung« und einen »Angriff auf die Demokratie«.

Nahost

»Wir zählen nicht mehr die Minuten«

Die Geschwister der freigelassenen Geisel Evyatar David haben sich vermutlich ein letztes Mal an die Öffentlichkeit gewandt - und ein Statement ihres Bruders verlesen

 20.10.2025

Abnehmen

Israelische Studie: Hypnose statt Magenverkleinerung funktioniert

Im Jerusalemer Hadassah Medical Center stellt sich heraus: Hypnose-Behandlungen haben denselben Effekt wie risikoreiche Operationen

 20.10.2025

Gaza

Israel kehrt nach Angriff der Hamas zur Waffenruhe zurück

Die Armee wolle die Vereinbarung weiter einhalten, »aber auf jede Verletzung mit Nachdruck reagieren«

 20.10.2025

Israel

Auf dem Weg ins neue Leben

Ariel und David Cunio sind aus dem Krankenhaus entlassen worden. Gali und Ziv Berman, Maxim Herkin, Yosef Chaim Ohana und Elkana Bohbot ebenfalls

 19.10.2025

Waffenstillstand und Geiselbefreiung

»Papa ist endlich zu Hause«

Die beiden toten Geiseln Ronen Engel und Sonthaya Oakkharasri wurden in der Nacht nach Israel überführt

von Sabine Brandes  19.10.2025

Nahost

Israels Armee wirft Hamas Verstoß gegen Waffenruhe vor

Die Terrororganisation soll mehrere direkte Angriffe gegen israelische Truppen ausgeführt haben

 19.10.2025

Washington

US-Außenministerium warnt vor Angriffsplänen der Hamas

Die USA hätten die Garantiemächte des Gaza-Friedensplans über »glaubwürdige Berichte« informiert, die auf eine Verletzung der bestehenden Waffenruhe hindeuteten

 19.10.2025

Israel

Trauer um Eliyahu Margalit

Am Samstag wurde die Leiche des am 7. Oktober 2023 ermordeten Mannes überführt. Noch immer warten 18 Familien auf die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen

 18.10.2025

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025