Covid-19

Warum Israel bei Impfungen weltweit führend ist

Wieder einmal zu: Geschäfte in Israel zu Beginn des dritten Lockdowns Foto: Flash 90

Israel liegt weltweit an erster Stelle bei den Impfungen gegen das Covid-19-Virus. Am Sonntag allein wurde 100.000 Menschen das Mittel des US-Konzerns Pfizer verabreicht. Die Gesamtzahl der Israelis, die bereits eine Immunisierung gegen das Coronavirus erhalten haben, beläuft sich auf 379.000.

Israel liegt damit nach Angaben der Website »Our World in Data« der Oxford-Universität mit großem Abstand an erster Stelle bei der Schnelligkeit des Impfens. Gefolgt wird das Land von dem kleinen Golfstaat Bahrain.

beginn Bereits am 21. Dezember hatte das Mittelmeerland mit knapp neun Millionen Einwohnern mit den Impfungen begonnen – eine Woche vor der Europäischen Union.

Zunächst werden Gesundheitspersonal, ältere Menschen sowie Risikogruppen immunisiert, gefolgt von jenen, die im öffentlichen Bereich tätig sind, beispielsweise Sozialarbeiter, Lehrer und Sicherheitskräfte sowie Soldaten. Die dritte Stufe soll die restliche Bevölkerung umfassen. Derzeit wird darüber beraten, ob die Impfungen 24 Stunden an sieben Tagen der Woche vorgenommen werden.

Während beim ersten Lockdown im Frühjahr die Straßen wie leergefegt waren, herrscht jetzt reger Betrieb.

Währenddessen hat am Sonntag um 17 Uhr der dritte nationale Lockdown begonnen, um die Ausbreitung des Covid-19-Virus einzudämmen. Während beim ersten Mal im Frühjahr die Straßen wie leergefegt waren, herrscht jetzt reger Betrieb. Die meisten Kinder gehen in die Kindergärten und Schulen, viele Eltern zur Arbeit.

EXPERTEN Dieser Lockdown soll zunächst zwei Wochen andauern, Experten gehen jedoch davon aus, dass er auf mindestens vier Wochen ausgeweitet wird. Zuvor hatte es verschiedene Kontroversen in der Regierung um die Öffnung bestimmter Bereiche gegeben.

Während das Corona-Kabinett zunächst angab, dass an Schulen lediglich die Klassen eins bis drei sowie elf und zwölf bis 13 Uhr im Präsenzunterricht lernen dürfen, hieß es kurz darauf, dass es zudem für die kleineren Kinder eine Nachmittagsbetreuung geben wird. Wenige Stunden vor dem Beginn der Abriegelung dann die Nachricht aus Jerusalem, dass nun auch alle anderen in den Schulen unterrichtet werden dürfen, nachdem das Bildungskomitee der Knesset dies entschieden hatte.

»Es ist wirklich unglaublich, was da geschieht. Können es sich die Politiker nicht vorher überlegen, bevor sie uns alle verrückt machen?«

Eyal S., Lehrer einer Tel Aviver Grundschule

»Es ist wirklich unglaublich, was da geschieht. Können es sich die Politiker nicht vorher überlegen, bevor sie uns alle verrückt machen?«, beklagte sich Lehrer Eyal S. an einer Tel Aviver Grundschule. »Tagelang haben wir unsere vierten bis sechsten Klassen auf den Lockdown vorbereitet, und ein paar Stunden vorher heißt es nun: ›Morgen gibt es doch Schule‹. Worauf sollen die Kinder denn noch vertrauen?«

EINSCHRÄNKUNGEN Auch die Leiterin der Abteilung öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, Sharon Alroy-Preis, kritisierte den Schritt und meinte, dass es sich dieses Mal um »keinen wirklichen Lockdown« handele. Sie befürchtet, die Einschränkungen seien nicht strikt genug, um die Zahl der Neuinfektionen bedeutsam zu verringern.

Die Israelis dürfen sich nur noch im Umkreis von einem Kilometer aus dem Haus bewegen, Ausnahmen bestehen für Einkäufe, Arztbesuche, Impfungen und individuelle Sportarten. Zusammenkünfte sind in Räumlichkeiten mit bis zu zehn, unter freiem Himmel mit bis zu 20 Personen erlaubt. Jedoch ist es niemandem gestattet, das Zuhause eines anderen zu besuchen, auch nicht Familienmitgliedern.

Durchgesetzt werden sollen die Beschränkungen unter anderem von 4000 Polizisten, die während des Lockdowns im ganzen Land abgestellt sind. Von 18.30 Uhr bis zu den frühen Morgenstunden sollen zusätzlich an 380 Straßensperren von Nord nach Süd Fahrzeuge kontrolliert werden.

Die Polizei erklärte, sie sorge sich, dass die Bereitschaft der Israelis, sich an die Regeln zu halten, stark gesunken sei. Zum einen, da die Impfkampagne begonnen habe, zum anderen, weil viele unter extremen wirtschaftlichen Schwierigkeiten leiden und keine andere Möglichkeit sehen als zur Arbeit zu gehen, auch wenn dies untersagt ist.  

GESCHÄFTE Sämtliche Geschäfte sind geschlossen worden, nachdem sie im Anschluss an den zweiten Lockdown erst wenige Woche wieder geöffnet waren. Mehrere Betreiber äußerten sich im israelischen Fernsehen, dass sie ihre Läden trotz des Verbotes öffnen wollen, »um zu überleben«. Vertreter des Handels haben vor, sich am Dienstag mit Premierminister Benjamin Netanjahu zu treffen, um ihre Sorgen vorzutragen und für einen Lockdown zu plädieren, »der so kurz wie möglich ist, damit nicht noch mehr Schaden für die Wirtschaft angerichtet wird«.

»Wenn wir die erste Stufe hinter uns gebracht haben, können wir in 30 Tagen aus der Corona-Krise heraus sein.«

Premierminister Benjamin Netanjahu

Die Zahlen der Neuinfektionen mit Covid-19 waren am Wochenbeginn noch einmal gestiegen. Am Montagmorgen gab das Gesundheitsministerium an, dass es am Tag zuvor 3498 Fälle gegeben habe. Die Positivrate der Tests lag bei 4,9 Prozent, die höchste Rate seit zwei Monaten. Derzeit befinden sich in den Krankenhäusern knapp 600 Patienten in kritischem Zustand. 144 von ihnen werden künstlich beatmet.

Infiziert hat sich auch das Oberhaupt der ultraorthodoxen Strömung der Satmarer, Rabbiner Zalman Teitelbaum. Israelische Medien berichten, dass der 68-Jährige unter leichten Symptomen leidet. Die Gemeinde der Satmarer war immer wieder für Massenveranstaltungen, vor allem Hochzeiten, während der Pandemie in negative Schlagzeilen geraten. Im März war bereits der Bruder des Rabbiners, Rabbi Aaron Teitelbaum, positiv auf Covid-19 getestet worden.

Am Montag gab die Stadtverwaltung Tel Aviv an, dass sie bei den Impfbemühungen weiter helfen werde. Derzeit wird nach Angaben der Pressestelle in Zusammenarbeit mit dem Ichilov-Krankenhaus ein riesiges Zelt auf dem Rabinplatz aufgebaut, in dem ab dem 4. Januar 20 Impfstationen betrieben werden. Seit einigen Monaten existiert an derselben Stelle bereits eine Station, in der man sich kostenlos auf das Coronavirus testen lassen kann.

HILFE Bürgermeister Ron Huldai betont, dass sich die Stadt seit dem Ausbruch des Coronavirus auf die Hilfe eingestellt habe. »Und wir werden auch weiterhin an vorderster Front in diesem Kampf stehen. Für die Bewohner unserer Stadt und des ganzen Landes.«

Ministerpräsident Netanjahu pries in einer Fernsehansprache die Anstrengungen der Gesundheitszentren, die die Impfungen verabreichen, und die Bereitschaft der Bevölkerung: »Wenn wir diese erste Stufe hinter uns gebracht haben, können wir in 30 Tagen aus der Corona-Krise heraus sein. Dann sind wir in der Lage, die Wirtschaft wieder zu öffnen und alle Dinge zu tun, die kein anderes Land tun kann.«

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