Israel bewaffnet im Kampf gegen die Terroristen der Hamas lokale palästinensische Gruppen im Gazastreifen. Nach öffentlicher Kritik eines israelischen Oppositionspolitikers daran bestätigte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, dass lokale Clans »aktiviert« worden seien, die die Hamas ablehnen.
Dies sei auf Anraten ranghoher Sicherheitsbeamter geschehen. »Was ist daran schlecht? Das ist nur gut. Das rettet das Leben israelischer Soldaten«, sagte Netanjahu in einer auf der Plattform X veröffentlichten Videobotschaft.
Medienberichten in den USA und Israel zufolge geht es vor allem um eine von einem 32-jährigen Beduinen namens Jassir Abu Schabab angeführte, relativ kleine Gruppe von Männern im Raum Rafah im Süden Gazas. Sie sei vom israelischen Militär mit Kalaschnikow-Gewehren ausgerüstet worden, die die Armee während des Krieges von der Hamas beschlagnahmt habe, berichteten israelische Medien.
Strategie mit Risiken
Auch nach 20 Monaten Krieg ist es Israel nicht gelungen, die Hamas vollständig zu besiegen – unter anderem, weil keine alternative palästinensische Führung als Ersatz installiert wurde. Ministerpräsident Netanjahu hat ausgeschlossen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) aus dem Westjordanland auch im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernehmen könnte, da sie den Terror unterstützt. Die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geleitete Organisation war 2007 von der Hamas aus dem Küstengebiet vertrieben worden.
Stattdessen wolle Netanjahu nun lokale Partner im Gazastreifen stärken, die weder mit der Hamas noch mit der PA verbunden sind, berichtete das »Wall Street Journal«. Doch Israels Unterstützung für Abu Schababs Gruppe berge Risiken.
Eine Bewaffnung seiner aus schätzungsweise einigen Hundert Mann bestehenden Gruppe durch Israel erfordere »genaue Überwachung«, damit »das nicht nach hinten losgeht«, zitierte die »New York Times« einen ehemaligen israelischen Geheimdienstoffizier.
Zuvor hatten Vertreter mächtiger Clans aus dem Süden des Gazastreifens einen Brandbrief mit dem Titel »Das Maß ist voll« an die Hamas geschickt. Darin heißt es laut »Bild«: »Das Leid unseres Volkes muss ein Ende haben.« Die Palästinenser seien ein Volk »das Leben und Frieden will – aber mit Würde und freiem Willen. Wir wollen, dass unser Heimatland ein freier, demokratischer Staat wird.«
Sie fordern in dem Schreiben, die Macht im Gazastreifen an Mahmud Abbas, den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, zu übertragen.
Kompletter Zusammenbruch
Experten hatten schon vor mehr als einem Jahr vor einem kompletten Zusammenbruch jeglicher Ordnung und regelrechter Anarchie im Gazastreifen gewarnt. In dem abgeriegelten Gebiet drohten Verhältnisse wie in Somalia mit rivalisierenden Warlords, Banden und Clans. Die Hamas bezeichnet Abu Schabab als kriminellen Kollaborateur Israels. Seine Leute und die palästinensische Terrororganisation lieferten sich Gefechte, berichtete das »Wall Street Journal«.
Abu Schabab sei unter der Herrschaft der Hamas als Plünderer von Hilfsgütern bekannt gewesen, zitierte die US-Zeitung Michael Milstein, einen ehemaligen Leiter der Abteilung für palästinensische Angelegenheiten beim israelischen Militärgeheimdienst. Zudem mangele es ihm an breiter Unterstützung in Gaza, weshalb Israels Plan nur geringe Erfolgsaussichten habe. Er sei sich ziemlich sicher, dass die Hamas Abu Schababs Gruppe »zerschlagen wird«, sagte Milstein dem Blatt. (mit ja)