Nach einem Jahrzehnt der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen standen die Gespräche dieses Jahr ganz und gar im Zeichen der Verständigung und Kooperation beider Länder. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Israels Premier Benjamin Netanjahu beteuerten während der siebten Konsultationen die »besondere Freundschaft, gemeinsame Werte und gleiche Interessen«.
Es schien, als wollten beide die Unstimmigkeiten bezüglich der Siedlungen und des iranischen Atomprogramms hinter sich lassen und in die Zukunft blicken. Nach wie vor bestehende Differenzen würde man kennen und diskutieren, betonten Merkel und Netanjahu während ihres zweitägigen Treffens immer wieder.
Auf die Frage von Journalisten, ob man vielleicht schlicht des Streitens müde sei, antwortete Netanjahu fast trotzig: »In den meisten Dingen stimmen wir überein, in einigen nicht« – und fügte hinzu: »Na und!« Die Allianz ist außergewöhnlich stark und werde noch stärker werden, betonte Netanjahu. Merkel machte klar, dass man nicht mit dem Reden warte, bis sich Harmonie einstellt, und ein gewisses Maß an Meinungsverschiedenheiten »schließlich auch den Reiz der Gespräche« ausmache.
Pionierin Die Bundeskanzlerin sei die Pionierin dieser Regierungskonsultationen, »die so wichtig für beide Staaten sind«, würdigte Netanjahu Merkel am Donnerstag auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Jerusalem. Vor zehn Jahren habe Angela Merkel in der Knesset erklärt, dass die Sicherheit Israels niemals zur Debatte stehen würde. »Sie hat Wort gehalten – und dafür dankt ihr ganz Israel. Unter der Führung von Angela Merkel sind unsere Beziehungen stetig gewachsen.«
Und sie sollen noch weiterwachsen. Beide Politiker lobten vor allem die Teilnahme der Wirtschaftsdelegation, die zum ersten Mal bei den Konsultationen mit dabei war. So waren Themen wie Innovation und Technik prägend während des Besuchs. »Deutschland ist eine der stärksten Ökonomien der Welt, Israel einer der innovativsten Staaten der Welt – und wir können es besser zusammen«, fand der israelische Ministerpräsident.
Generell hätten die deutschen Firmen und ihre Mitarbeiter einen großen Eindruck auf ihn gemacht, bekannte Netanjahu. Er und Merkel haben Vertreter der Unternehmen im Israel-Museum getroffen, viele Gespräche geführt und dabei einen Überblick über die Zusammenarbeit beider Staaten erhalten. Eines der vertretenen deutschen Unternehmen war »Brainlab« aus München, dessen Medizintechnologie heute in nahezu allen deutschen Krankenhäusern und fast allen großen Kliniken in Israel zum Einsatz kommt.
Afrika Merkel erwähnte in diesem Zusammenhang auch die trilaterale Zusammenarbeit, etwa im Bereich Wassermanagement: »Dabei kommen Israels Innovation und unsere Kenntnis in der Entwicklungsarbeit in Afrika zusammen.« Mittlerweile kooperiere man in vielen Bereichen, von Verkehr, Telekommunikation, Agrartechnologie, Cybersicherheit bis zu Automobilwirtschaft und vielen anderen. »Es gibt hier«, erklärte Netanjahu, »praktisch ein unbegrenztes Potenzial«.
Aber auch sicherheitspolitische Herausforderungen kamen bei der Pressekonferenz zur Sprache. Netanjahu meinte, dass man die Kräfte eindämmen müsse, die einen in die Vergangenheit zurückversetzen wollen. Dazu gehöre natürlich vor allem der Iran. »Wir sind gegen ein Abkommen, weil das Geld, das in den Iran fließt, nicht der Bevölkerung zugutekommt, sondern für Waffen benutzt wird.«
Merkel hingegen betonte, dass man in Sachen Iran lediglich beim Weg anderer Meinung sei. Mit der grundlegenden Aussage, dass der Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen kommen dürfe, stimmte sie indes vollständig überein. Anders als beim Thema Siedlungen sei man hier einer Meinung.
Frieden Allerdings, unterstrich Netanjahu, hat die Krise um den Iran die Israelis so nah an andere arabische Staaten gebracht wie nie zuvor. »Es ebnet den Weg für Frieden. Zwar wird das dauern, doch es wird letztendlich passieren – vielleicht sogar mit den Palästinensern.«
Netanjahu kritisierte die Palästinensische Autonomiebehörde, »Gaza zu erwürgen«, indem sie Gelder zurückhalte. »Und das führt zu Angriffen gegen uns.« Merkel wolle bald mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas telefonieren, kündigte sie an. »Ich werde ihm einige Fragen stellen, auch zu Gaza.« Gleichsam betonte sie, dass sie nach wie vor die Zweistaatenlösung für die vernünftigste Lösung halte.
Nach dem Ende der Konsultationen veröffentlichten beide Regierungen eine gemeinsame Erklärung unter dem Motto »Aus einer bereichernden Gegenwart in eine innovative Zukunft«. Es wurden Vereinbarungen im Bereich Handel, Verteidigung, Kultur, Wissenschaft, Umwelt und Nachhaltigkeit sowie zur Gründung eines deutsch-israelischen Jugendwerks unterzeichnet.