Buchmesse

»Ich nehme Schiller«

Eine junge Frau steckt zwei Klötze in ihre Tasche. »Ich kann mich einfach nicht entscheiden«, sagt sie und lächelt verschämt. Mehr als 5000 Holzklötze stecken in einer Wand aus Plexiglas. Auf jedem steht das Zitat eines Philosophen oder Schriftstellers aus Deutschland. In deutscher, hebräischer und arabischer Sprache. Die Installation des Goethe-Instituts macht Lust auf Lesen. Passend steht sie vor dem Eingang zur 27. Internationalen Buchmesse in Jerusalem.

An 70 Ständen präsentieren rund 200 Publizisten aus Israel und dem Ausland ihre Bücher. Vertreten sind unter anderem Italien, Russland, Rumänien, Frankreich und Deutschland. Lesungen, Buchvorstellungen, Vorträge und Podiumsdiskussionen laden an fünf Veranstaltungstagen die Öffentlichkeit zum freien Eintritt nach Jerusalem – erstmals in der First Station, der zur Ausgehmeile umgebauten alten Bahnstation.

Am frühen Abend füllt sich das 3000 Quadratmeter große Gelände – und es sind auffällig viele junge Leute und Familien mit Kindern unterwegs, die von einem Stand zum nächsten schlendern. Rund um die First Station liegen mehrere bekannte kulturelle Einrichtungen, darunter die Cinematheque, das Khan-Theater und Mishkenot Shaananim, in denen während der Buchwoche literarische Events abgehalten werden.

Wie alle zwei Jahre, so wurde auch diesmal der prestigeträchtige Jerusalem-Preis an einen Schriftsteller verliehen, der sich mit seinem Werk für die Freiheit des Einzelnen in der Gesellschaft einsetzt. Gewinner in diesem Jahr ist der albanische Autor Ismail Kadare. Bürgermeister Nir Barkat überreichte Kadare persönlich die Auszeichnung.

Interaktiv Die »Verschwindende Wand« ist eine interaktive Kunstinstallation des Architekten Werner Sobek mit Studenten in Moskau. Im Herbst 2014 hatte das Goethe-Institut die Israelis aufgefordert, ihr Lieblingszitat eines Deutschen einzureichen. Das Ergebnis ist die Wand, an der die Messegäste verweilen und lesen. Jeder Besucher darf sich sein Lieblingszitat mit nach Hause nehmen. Judith Cohen hat Friedrich Schiller gewählt. »Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben. Bewahret sie! Sie sinkt mit euch; mit euch wird sie sich heben!« Ein wunderschöner und wichtiger Satz, den sie ihren Schülern präsentieren will, sagt die Lehrerin. »Es ist ein altes Zitat und doch heute so bedeutsam wie nie zuvor.«

Die Regale des deutschen Standes sind gefüllt mit Büchern von 40 Verlagen, darunter dtv, Fischer, der jüdische Kinderverlag Ariella aus Berlin, Publikationen der Holtzbrinck-Stiftung und verschiedener Institutionen, die einen Bezug zum Judentum und zu Israel haben, etwa das Jüdische Museum in Frankfurt. Präsentiert werden neue deutsche Literatur, Nominierte und Gewinner des deutschen Buchpreises 2014, Kinderbücher sowie zwei spezielle Sammlungen.

Mischung Dieter Schmidt, Manager für internationale Projekte der Frankfurter Buchmesse, ist stolz darauf: »Dies ist das erste Mal, dass wir eine Sammlung aus 50 deutschen Titeln in englischer Übersetzung haben. Es ist schwer, in den englischsprachigen Markt hineinzukommen, aber er ist eine Eintrittskarte in andere Märkte.« Auch hier in Jerusalem sei das so, denn die meisten Besucher würden kein Deutsch lesen, aber Interesse an der Literatur haben. Eine andere Sammlung ist die zu jüdischem Leben in Vergangenheit und Gegenwart. »Alle Bücher stammen aus den letzten zwei Jahren, sind also ganz aktuell«, betont Schmidt.

Ausgesucht hat sie Eldad Stobezki. Auf dessen Visitenkarte steht: »Literatur – hauptsächlich aus Israel«. Die Werke auf dem Tisch sind eine Mischung aus Sachbüchern und Belletristik. »Sie müssen in irgendeiner Weise mit Deutschland und dem Judentum zu tun haben«, erläutert Stobezki. Die Romane haben oft die Schoa zum Thema, doch nicht nur. Ein besonders lesenswertes Buch ist die Wiederauflage des Romans Manja von Anna Gmeyner aus dem Jahr 1937.

»Es geht um fünf Kinder, deren Erzählungen sich zu einem Strang verknüpfen. Das Buch ist etwas altmodisch, aber sehr schön geschrieben. Es lohnt sich auf jeden Fall, es wiederzuentdecken.« Auch Lizzie Dorons Who the Fuck is Kafka legt Stobezki den Lesern ans Herz. »Ein tolles Buch über den israelisch-palästinensischen Konflikt, und ich hoffe, dass es ein Renner wird.«

Israel

Huthi-Drohne trifft Ramon-Flughafen

Nach einem Raketenangriff aus Gaza am Morgen heulten auch am Nachmittag im Süden des Landes die Sirenen. Diesmal waren es Huthi-Drohnen

 07.09.2025

Vermisst

Er war erst 19

Itay Chen wurde entführt, als er Kibbuzim schützte

von Sabine Brandes  07.09.2025

Israel

Massenprotest in Jerusalem und blanke Angst um die Geiseln

Israels Armee bereitet die Einnahme von Gaza-Stadt vor. Geisel-Angehörige fürchten das Schlimmste. Am Samstagabend kamen Tausende Israelis zu Protesten zusammen

 07.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Gaza

Psychoterror am 700. Tag - Hamas lässt Geiseln um ihr Leben flehen

Die Hamas hat ein neues Propagandavideo veröffentlicht. Die ausgemergelten Geiseln Guy Gilboa-Dalal und Alon Ohel werden in Gaza-Stadt vorgeführt

von Sabine Brandes  06.09.2025 Aktualisiert

Terror

Die Geisel Matan Angrest ist dem Tode nahe

Die Mutter des am 7. Oktober 2023 von der Hamas verschleppten Soldaten Matan Angrest hat einen Anruf von der israelischen Armee erhalten

von Sabine Brandes  06.09.2025

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025

Nahost

Minister deutet Intensivierung des Einsatzes in Gaza an

Israel fordert die Freilassung aller Geiseln und eine Entwaffnung der Hamas, um den Gaza-Krieg zu beenden. Israel Katz droht den Terroristen, sollten sie sich darauf nicht einlassen

 05.09.2025

Gaza-Stadt

Armee: Hamas will Geiseln bei Evakuierung unter Zivilisten verstecken

Die Sorge wächst, dass die Hamas auch humanitäre Korridore missbrauchen könnte, um Geiseln in den Süden zu bringen

 05.09.2025