»Zaka - Identifizierung, Bergung und Rettung - Wahre Freundlichkeit« ist der volle Name der von Ultraorthodoxen getragenen israelischen Organisation, deren freiwillige Helfer Opfern von Unfällen, vorwiegend aber von Terroranschlägen helfen.
Nach der Terror-Attacke wurden 200 Zaka-Helfer an die Shura-Basis der Streitkräfte (IDF) geschickt. Ihre Aufgabe war es, Opfer des 7. Oktobers zu identifizieren. Was sie während ihres sechswöchigen Aufenthaltes sahen, werden sie nie vergessen. Die israelische Publikation »Ynet« befragte einige von ihnen.
Mit Asche vermischt
Die Zaka-Helfer wussten nicht, was sie erwartete. Immer mehr Leichen und sterbliche Überreste der 1200 Terroropfer wurden zur Basis gebracht. Sie mussten registriert, katalogisiert und in Kooperation mit dem Nationalen Zentrum für forensische Medizin in Tel Aviv identifiziert werden.
Knochen, Zähne, Schädelstücke und andere Leichenteile wurden in Säcken angeliefert. Diese waren zum Teil mit Asche, Maschinengewehrkugeln und anderen Objekten vermischt. Es ging in vielen Fällen darum, die DNA der Opfer zu extrahieren. Dies gestaltete sich schwierig, auch da oft Teile der Leichen mehrerer Opfer in einer einzelnen Tüte enthalten waren.
Es handelte sich um Opfer aus Kibbuzim im Süden Israels, wo ganze Familien bei lebendigem Leib in ihren Häusern verbrannt wurden. Auf dem Supernova-Festival, das am 6. und 7. Oktober in Sichtweite der Grenze zu Gaza stattfand, ermordeten die palästinensischen Terroristen 364 meist junge Menschen aus Israel und anderen Staaten. Viele wurden vergewaltigt oder anderweitig gefoltert, bevor oder während sie umgebracht wurden. Auch ihre sterblichen Überreste wurden nach Shura gebracht.
»Wir mussten gucken«
»Ynet« zitierte den Zaka-Freiwilligen Ariel Chazkiev: »Der Geruch verlässt deinen Körper zunächst gar nicht«, erklärt er. Es dauere lang. »Du bist an einem netten Ort und plötzlich riechst du es. Als wir die Säcke öffneten, sahen wir, wie grausam Menschen sein können. Sie haben für niemanden Gnade walten lassen.«
Chazkiev und andere Freiwillige sagten der Publikation, sie wollten nicht Helden genannt werden. Es sei ihnen aber wichtig mitzuteilen, dass sie die Erfahrungen von der Shura-Militärbasis nie vergessen würden.
»Man kann das, was wir gesehen haben, nicht einfach wegradieren. Dies ist etwas, das die Psyche eines normalen Menschen nicht so leicht verarbeiten kann«, sagte ein anderer Freiwilliger, Elchanan Shachaf, laut »Ynet«. Er habe Veteranen nach Tipps gefragt. Sie hätten ihm nahegelegt, den Opfern nicht ins Gesicht zu gucken, damit er später nicht von ihnen träume.
Der Tipp war so jedoch nicht umsetzbar: »Wir mussten gucken und die Gesichter ansehen.« In diesen Identifizierungs-Räumen der Militärbasis hätte er seinen Kollegen mehrmals mitgeteilt, sie sollten ihm keine Leichenteile mehr zeigen. »Stopp! Das reicht. Ich komme damit nicht klar.«
In einer Umarmung getötet
Chazkiev erzählte zudem von einer ganzen Familie, deren ermordete Mitglieder in die Basis gebracht worden seien. »Ich hob den Sohn in die Höhe. Ein wundervolles Kind. Es hat mir sehr wehgetan. Auch ich habe Kinder und sah diese Situation aus der Perspektive eines Vaters. Dieses Kind habe ich weiterhin im Kopf.«
Ein dritter Freiwilliger, Ariel Yazidi, erinnerte sich ebenfalls: »Was wir dort gesehen haben, kann man sich nicht vorstellen. Es ist eine irrsinnige Grausamkeit.« Ihm ist vor allem der Fall von Ruth und Arik Peretz in Erinnerung geblieben: »Ein Vater nahm seine Tochter zu einer Party mit, und sie wurden gemeinsam ermordet. Es war sehr schwierig, sie zu identifizieren. Um 2 Uhr nachts, nachdem wir fast 40 Stunden wach waren, entdeckten wir, dass sie in einer Umarmung getötet worden waren.«
Yazidi fing damals an zu rauchen: »Sie sagten mir, dass ich nichts riechen würde, wenn ich rauchte. Jetzt rauche ich anderthalb Päckchen am Tag. Es wird mit der Zeit immer schlimmer.«
»Wir hatten eine Mission. Jetzt gibt es nichts mehr«
Heute, mehr als zehn Monate nach den Massakern, übt Ariel Yazidi auch Kritik: »Zu Beginn des Krieges ging ich fast zwei Monate lang nicht zur Arbeit«, erzählte er. »Niemand begleitete oder unterstützte uns oder unsere Familien in irgendeiner Weise. Sie nutzten uns während des Krieges aus, ließen uns arbeiten, wann immer es ging - tagsüber, nachts und an den Wochenenden. Als es zu Ende war, hat niemand unsere Arbeit anerkannt.«
Yazidi hat seither erhebliche Probleme. Er nabele sich von seiner näheren Umgebung ab, weil sein Geist nicht funktioniere. »Ich habe keine Geduld, und es wird mit der Zeit immer schlimmer. In jenen Tagen in Shura haben wir gearbeitet, wir waren zusammen, wir waren uns gegenseitig eine Stütze. Wir hatten eine Mission. Jetzt gibt es nichts mehr.«
Seit dem 7. Oktober waren Zaka-Mitglieder in Shura tätig, aber auch im Nationalen Zentrum für forensische Medizin und an der Grenze zu Gaza, wo Büsche, Wiesen und Fahrzeuge nach Leichenteilen durchsucht werden mussten.
Laut Zaka-Chef Zvi Hassid bedeutet die Arbeit in Shura, »sich mit dem Wesen der Grausamkeit zu befassen, das Grauen zu untersuchen«. Ihm zufolge interessiert sich jedoch heute niemand für die Organisation oder die Freiwilligen. Das Finanzministerium habe ein Komitee zusammengestellt, um Schlussfolgerungen über Israelis zu ziehen, die von den Attacken und Massakern am meisten betroffen gewesen seien. »Kein einziges Wort wurde über die Zaka-Freiwilligen verloren.«
Die von der Regierung offiziell anerkannte NGO war vor dem 7. Oktober 2023 bankrott. Dann, als klar wurde, dass Zaka nach den Massakern des palästinensischen Terrors dringend gebraucht wurde, sprudelten plötzlich die Spendengelder. In kürzester Zeit kamen gut 50 Millionen Schekel (13 Mio. Euro) zusammen. Die Arbeit konnte weitergehen. im