Gaza

Hamas droht mit Hinrichtung von Matan

Der gesundheitliche und emotionale Zustand der Geisel ist besorgniserregend. Foto: Screenshot

Matan Zangaukers Leben ist in größter Gefahr. Die israelische Geisel, die sich seit mehr als 600 Tagen in der Gewalt der Hamas befindet, ist nicht nur gesundheitlich extrem angeschlagen – zudem droht die Terrorgruppe jetzt mit seiner Hinrichtung.

Am Samstagabend veröffentlichte die Terrorgruppe ein neues Foto des 25-jährigen Israeli. Auf dem düsteren Bild sitzt Zangauker vermutlich in einem Tunnel unterhalb des Gazastreifens, eine Decke bedeckt seine Beine. Im Hintergrund hängt ein Infusionsbeutel an der Wand. Die Familie stimmte der Veröffentlichung des Bildes zu.

»Letzte Warnung« der Hamas

Zu dem Foto behauptete die Hamas, israelische Truppen »belagern das Gebiet, in dem Zangauker in Gaza festgehalten wird«. Man werde ihn töten, sollten sich die Truppen weiter nähern, »die Feinde können ihn nicht lebend bergen«. Mit zynischen Worten erklärte die Organisation weiter: »Wir haben sein Leben 20 Monate lang geschützt. Sollte dieser Gefangene bei einem Befreiungsversuch sterben, ist die Besatzungsarmee für seinen Tod verantwortlich«, drohte Abu-Obeida, der Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, des militärischen Flügels der Hamas. »Dies ist eine letzte Warnung«, fügte er hinzu.

Die IDF betonte in einer Erklärung, dass keinerlei Versuch unternommen worden sei, Zangauker zu befreien. Das Propagandafoto wurde inmitten verstärkter IDF-Operationen im gesamten Gazastreifen veröffentlicht. Währenddessen dauern Verhandlungen über einen neuen Waffenstillstand und eine Vereinbarung zur Geiselbefreiung an, allerdings gibt es keinen Durchbruch.

Nach der Veröffentlichung des Fotos sprach seine Mutter, Einav Zangauker, mittlerweile eine prominente Figur der Geiselbefreiungs- und Protestbewegung in Israel, bei einer Kundgebung in Tel Aviv: »Ich mache mir solche Sorgen um Matans körperliches und emotionales Wohlbefinden. Ich habe riesengroße Angst vor einer weiteren Verschlechterung seines Zustands.«

Einav Zangauker: »Seit ich von der Folter und den körperlichen und seelischen Qualen erfahren habe, die mein Sohn ertragen muss, kann ich nichts mehr essen und kaum noch atmen.«

Es breche ihr Herz, »denn all das hätte ohne das politische Kalkül von [Premierminister Benjamin] Netanjahu vermieden werden können«. Die Regierung unter Netanjahu indes argumentiert, dass militärische Operationen die Geiseln befreien könnten.

Einav Zangauker, eine ehemalige glühende Anhängerin von Netanjahu und der Likud-Partei, kritisiert den Premier bei Protesten und in den Medien immer wieder aufs Schärfste. Wenn Matan nicht lebend aus Gaza zurückkomme, »klebt das Blut meines Sohnes an Ihren Händen«, richtete sie sich auch am Samstag wieder direkt an Netanjahu.

Nach der Freilassung der israelisch-amerikanischen Geisel Edan Alexander am 12. Mai nach 584 Tagen in Gaza waren Informationen über den Gesundheitszustand von Zangauker bekanntgeworden, die die Öffentlichkeit und seine Angehörigen schockierten. Demzufolge waren die beiden jungen Männer zusammen gefangen gehalten worden. Nach Edans Freilassung musste Matan allein in den Tunneln der Hamas zurückbleiben.

Nach Angaben der freigelassenen Geisel Edan habe Matan aufgrund einer genetischen degenerativen Muskelerkrankung, die nicht behandelt wird, Schwierigkeiten, allein zu stehen, und leide unter dauerhaften Darmproblemen und Magenschmerzen. Zudem sei er in einem psychisch sehr schwierigen Zustand.

Edan sagte aus, dass die Hamas Matan gefoltert hätte

Edan sagte auch aus, dass die Terroristen Matan gefoltert hätten. Über lange Zeiträume sitze der junge Mann in einer Ecke des Tunnels, in dem er festgehalten wird, und weigere sich zu essen oder zu sprechen. Selbst nachdem die Hamas Zangauker und Alexander in den letzten Monaten angeblich mehr Nahrung gab, habe sich sein Zustand nicht verbessert.

Zangauker wurde während des Massakers der Hamas am 7. Oktober 2023 zusammen mit seiner Freundin Ilana Gritzewsky aus seinem Haus im Kibbuz Nir Oz entführt. Gritzewsky wurde am 30. November 2023 im Rahmen eines vorübergehenden Waffenstillstandsabkommens zwischen der Hamas und Israel freigelassen.

Die Hamas hatte zuvor mehrfach erklärt, sie werde Geiseln hinrichten, wenn israelische Truppen sich den Gebieten nähern, in denen sie festgehalten werden. Im August 2024 ermordeten Terroristen die sechs Geiseln Hersh Goldberg-Polin, Eden Yerushalmi, Carmel Gat, Almog Sarusi, Alexander Lobanov und Ori Danino in einem Tunnel in Rafah. Israelische Streitkräfte hatten in der Nähe operiert ohne zu wissen, dass sich dort verschleppte Menschen befanden.

Die Leichen der jungen israelischen Zivilisten wurden wenige Tage nach ihrer Ermordung gefunden. Israelische Militärvertreter haben wiederholt erklärt, dass jeder Angriff und jede Bodenoperation in Gaza sorgfältig geplant sei, um Geiseln nicht zu gefährden. Noch immer werden 55 entführte Menschen in Gaza festgehalten. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden seien noch 21 von ihnen am Leben, das Schicksal von zwei weiteren Geiseln ist ungewiss.

»Seit ich von der Folter und den körperlichen und seelischen Qualen erfahren habe, die mein Sohn ertragen muss, kann ich nichts mehr essen und kaum noch atmen. Wie kann eine Mutter überleben, wenn sie weiß, dass ihr Sohn, der an einer Muskelerkrankung leidet, allein in Gefangenschaft gehalten wird?«, rief Einav Zangauker am Samstag mit Verzweiflung in der Stimme. »Kann er überhaupt alleine stehen? Ein Glas Wasser halten? Was er durchmacht, bricht mein Herz entzwei. Ich weiß nicht, wie lange er noch überlebt.«

Debatte

Netanjahu: Video-Leak verursachte schlimmsten Image-Schaden

Die Affäre um ein geleaktes Video aus dem Gefängnis Sde Teiman in Israel zieht weiter Kreise. Der Regierungschef kündigte eine unabhängige Untersuchung an

 02.11.2025

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Umfrage

Mehrheit der Palästinenser findet Angriff vom 7. Oktober richtig

Die People’s Company for Policy and Survey Research hat die Einstellungen von Palästinensern in Gaza und dem Westjordanland abgefragt

von Imanuel Marcus  02.11.2025

Berichte

Wunden und Narben

Nach der Freilassung von Bar Kupershtein und anderer ehemaliger Geiseln wird immer mehr über ihr grausames Schicksal in Gefangenschaft der Hamas bekannt

von Sabine Brandes  02.11.2025

Yitzhak Rabin

Der Falke, der zur Taube wurde

Vor 30 Jahren wurde der Ministerpräsident von einem extremistischen Juden erschossen. Im Rabin Center in Tel Aviv kann man dem Lebenswerk des Staatsmannes nachspüren

von Sabine Brandes  02.11.2025

Tel Aviv

Israels Militäranwältin tritt wegen Video-Leaks zurück

An der Spitze der Militärjustiz war Tomer-Jeruschalmi nicht immer bequem. Jetzt ermittelt die Polizei wegen eines brisanten Videos aus dem Vorjahr. Für die Militärjuristin wurde die Lage unhaltbar

 02.11.2025

Interview

»Wir hatten keine Verwandten«

Erst seit einigen Jahren spricht sie über ihre jüdischen Wurzeln: Bildungsministerin Karin Prien erzählt, warum ihre Mutter davon abriet und wann sie ihre eigene Familiengeschichte erst begriff

von Julia Kilian  02.11.2025 Aktualisiert

Nahost

Leichname von Amiram Cooper und Sahar Baruch in Israel

Mit viel Verspätung kommen die sterblichen Überreste zweier Verschleppter nach Hause. Elf Geiseln fehlen noch

 02.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025