Diplomatie

Grüße aus Moskau

Spitzentreffen im Kreml: Wladimir Putin und Benjamin Netanjahu mit ihren Delegationen bei einer Unterredung am Dienstag vergangener Woche Foto: dpa

Zum dritten Mal ist er innerhalb eines Jahres nach Moskau gereist. Vergangene Woche traf sich dort der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der offizielle Anlass waren 25 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Israel und der Russischen Föderation.

Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten, Eröffnung einer Ausstellung über Israel und ein Konzert mit russischen und israelischen Musikern gehörten daher zum Programm.

Abseits der Feierlichkeiten wurden auch einige Verträge unterschrieben. Die neue Rentenvereinbarung zwischen den beiden Staaten sichert israelischen Bürgern, die bei der Auswanderung aus der Sowjetunion ihre Staatsbürgerschaft und Rentenansprüche verloren, Renten aus Russland zu.

Olim Dieser Vertrag kann und wird hoffentlich die Lebensumstände vieler älterer sowjetischer Olim in Israel verbessern. Im russischen Internet rief der Vertrag allerdings eher Spott hervor, da es in deutlichem Widerspruch zu einem erst vor wenigen Wochen zum Internethit avancierten Video steht. Darin erklärt der russische Premier Dmitri Medwedew einer Rentnerin auf der annektierten Halbinsel Krim zur Frage der Anpassung der Renten an die Inflation: »Es gibt kein Geld. Halten Sie hier durch!«

Außerdem wurde eine gemeinsame Absichtserklärung verabschiedet, die die Zusammenarbeit in der Landwirtschaft stärken soll. Denn seit Russland als Antwort auf die EU-Sanktionen im Zusammenhang mit der Annexion der Krim die Einfuhr von Lebensmitteln aus der EU untersagt hat, ist Israel zu einem seiner wichtigsten Handelspartner geworden.

Sicherheit Viel wichtiger waren aber die Sicherheitsinteressen Israels. Schon im September 2015 und im April dieses Jahres war Netanjahu zusammen mit ranghohen Militärs nach Moskau gereist, um Gespräche über die Lage in Syrien zu führen. Während Russland eigene Streitkräfte auf der Seite des syrischen Präsidenten Assad kämpfen lässt, führt Israel seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs immer wieder Luftschläge durch, meist gegen die dort kämpfende Hisbollah. Eine Koordination mit Russland ist da unerlässlich.

Auch diesmal war der syrische Bürgerkrieg ein zentrales Thema des Treffens hinter verschlossenen Türen zwischen Netanjahu und Putin. Für Israel ist es wichtig, dass möglichst wenig russische Bewaffnung an die Hisbollah gerät, dass auf den Golanhöhen keine neue Front gegen Israel entsteht und dass die israelischen Luftschläge in Syrien zu keiner Konfrontation mit Russland führen.

Putin In dieser Hinsicht sind die so häufig gewordenen Treffen auf höchster Ebene nur logisch, denn wenn man in Russland etwas erreichen will, muss man mit Putin direkt reden. Keine noch so guten diplomatischen Kanäle ersetzen in Russland einen kurzen Austausch mit dem Präsidenten.

USA Außerdem signalisiert Israel damit immer deutlicher, dass es sich in strategischer Hinsicht nicht mehr vollständig auf die USA verlässt, sondern nach neuen Partnern in der Region und weltweit sucht. Nachdem die Beziehungen zwischen den USA und Israel in den letzten Jahren abgekühlt sind, sucht Netanjahu nun nach Alternativen für die langjährige außenpolitische Hauptstütze Israels.

Auch der russische Oberrabbiner Berel Lazar führt das jüngste Interesse Israels an Russland darauf zurück, dass hier zwei Staaten, die von der Weltgemeinschaft verächtlich behandelt werden, zueinander finden. Dabei übersieht er aber geflissentlich, dass sich Russland durch sein Vorgehen gegen die Ukraine in diese internationale Isolation selbst hineinmanövriert hat. Es wird kaum im Interesse Israels liegen, diesem Beispiel zu folgen.

Doch bisher hat sich Russland nicht unbedingt als Verbündeter Israels präsentiert. Wenn auch aus eigenen strategischen Interessen heraus, so ist Russland doch ein Unterstützer des Iran auf diplomatischem Parkett und einer seiner wichtigsten Waffenlieferanten.

Teheran Erst im April dieses Jahres gab Teheran die Lieferung russischer Luftabwehrraketen vom Typ S-300 bekannt, die die israelischen Luftstreitkräfte im Falle eines Einsatzes gegen den Iran in ernsthafte Bedrängnis bringen würden. Eine Lieferung dieser Raketen an Syrien vor einigen Jahren wäre einer Flugverbotszone über Nordisrael gleichgekommen und wurde nur durch die Zahlungsunfähigkeit des Assad-Regimes verhindert. Und auch die Hisbollah kämpft in Syrien mittlerweile mit modernen russischen Waffen.

Es ist also durchaus fraglich, welchen langfristigen Nutzen Netanjahu von seiner Annäherung an Putin erwartet. Seine Warnungen an Washington dürften die Beziehungen zu den USA unnötig weiter strapazieren. Und einen neuen Verbündeten von ähnlicher Bedeutung hat man in Jerusalem noch nicht gefunden. Doch andererseits täuscht vielleicht der Eindruck einer Annäherung.

Denn bisher kam Netanjahu nur zu kurzfristigen Stippvisiten nach Moskau. Und in wichtigen Fragen führt in Russland nun mal kein Weg an einem Treffen mit Putin vorbei. Statt geopolitischer Neuausrichtung Israels haben wir es bislang größtenteils mit notgedrungenen pragmatischen Arbeitstreffen zu tun. Die Maschine des israelischen Premiers dürfte nicht zum letzten Mal in Moskau gelandet sein.

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seinem Israel-Besuch die enge Partnerschaft - und hofft auf konkrete Fortschritte bei Trumps Gaza-Plan

von Sara Lemel  06.12.2025

Diplomatie

»Dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen«

Es ist eine seiner bisher wichtigsten Auslandsreisen, aber auch eine der schwierigsten. Kanzler Merz ist für zwei Tage im Nahen Osten unterwegs

 06.12.2025

Jerusalem

Merz trifft Netanjahu und besucht Holocaust-Gedenkstätte

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche von Kanzler Merz - aber auch einer der schwierigsten. In den Beziehungen zu Israel gab es in den letzten Monaten einige Turbulenzen

von Michael Fischer  06.12.2025

Akaba/Jerusalem

Merz zu Nahost-Reise aufgebrochen: Antrittsbesuch in Israel 

Das Renten-Drama ist überstanden, jetzt geht es für den Kanzler erstmal ins Ausland. Heute und morgen steht ein besonderer Antrittsbesuch auf seinem Programm

 06.12.2025

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  05.12.2025

Barcelona

Guinness World Records blockiert Bewerbungen aus Israel

Die israelische NGO Matnat Chaim will im kommenden Monat 2000 Nierenspender zusammenbringen. Dieser Rekord wird nicht registriert, da er im jüdischen Staat umgesetzt werden soll

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bezeichnet Korruptionsprozess als »politisch«

»Sie sind nicht an Gerechtigkeit interessiert, sie sind daran interessiert, mich aus dem Amt zu drängen«, so der Ministerpräsident

 05.12.2025

Luftfahrt

EasyJet plant Rückkehr nach Israel

Im Frühling geht es mit zunächst drei Verbindungen zwischen europäischen Städten und dem Ben-Gurion-Flughafen los

 05.12.2025