Geiseln

Geiselvater: »Ich habe nichts mehr zu verlieren«

Demonstranten halten ein Foto aus dem Propagandavideo mit Rom Braslavski in die Höhe Foto: Flash90

Aus jedem seiner Sätze spricht Verzweiflung, uferlose Angst und völlige Hilflosigkeit. Mehrfach bricht Ofir Braslavski die Stimme auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv als er über seinen Sohn Rom Braslavski spricht, den jungen Mann, der seine Freiheit dafür gab, um andere vor den sicheren Tod zu bewahren.

Der deutsch-israelische Staatsbürger war erst 19 Jahre, als er am 7. Oktober 2023 auf dem Nova-Festival als Sicherheitsmann arbeitete. An jenem Schabbatmorgen hatte er es schon fast geschafft, den mordenden Horden der Hamas zu entkommen, und doch kehrte er zurück, um andere zu retten. Dabei wurde er selbst brutal verschleppt. Sein Freund Mark Mizrachi, der überlebte, berichtete später, dass Rom »mutig eine Gruppe von jungen Leuten verteidigte«.

Völlig ausgemergelter junger Mann im Video zu sehen

Das letzte Propagandavideo der Terroristengruppe Islamischer Dschihad von ihm wurde vor etwa drei Wochen veröffentlicht. Es lässt das Blut in den Adern gefrieren: Ein völlig ausgemergelter junger Mann mit geschorenem Kopf ist in den Aufnahmen zu sehen. Er weint vor laufender Kamera und bettelt darum, endlich nach Hause zu dürfen. Sein Vater nennt das Video wie einen »Horror des Holocaust, ihn gefoltert und so leidend zu sehen«.

Es sind fast 2 Jahre, in denen sich die Hamas weigert, den jungen Israeli freizulassen, in denen er unter unvorstellbaren Umständen gefangen gehalten wird, unter der Erde Gazas in den feuchten, schimmeligen Terrortunneln der Hamas. »Ich will meinen Jungen nicht in einem Plastiksack zurückbekommen«, flehte der Vater auf der Bühne vor 350.000 Demonstranten am Dienstagabend und kann die Tränen kaum zurückhalten. Viele der Menschen, die gekommen sind, um ihre Solidarität mit den Familien der Geiseln auszudrücken, weinten mit ihm.

Doch trotz der Aufnahmen »unternimmt die Regierung nichts«, sagt Braslavski von der Bühne aus. »Zwei Jahre warten wir. Es ist fast so, als ob es Premierminister Benjamin Netanjahu absichtlich täte.« Er vertraue niemandem mehr, nicht dem Ministerpräsidenten, nicht der Regierung, macht er in harschen Worten klar. »Die einzige Person, der die Wahrheit spricht, und der ich vertraue, ist der Generalstabschef der israelischen Armee«, sagt er.

Ofir Braslavski: »Ich will meinen Jungen nicht in einem Plastiksack zurückbekommen.«

Braslavski bezieht sich auf Generalstabschef Eyal Zamir, der die Regierung Medienberichten zufolge einen Tag zuvor aufgefordert hatte, den derzeit auf dem Tisch liegenden Geiseldeal anzunehmen, und sagte, die Entscheidung liege »in Netanjahus Händen«. Im Kabinettstreffen vom selben Tag wird das vorliegende Abkommen für einen Waffenstillstand und Geiselbefreiungsdeal nach offiziellen Angaben nicht angesprochen.

Die Regierung hat angedeutet, dass sie einen vorübergehenden Waffenstillstand, der die Freilassung von zehn lebenden Geiseln vorsieht, nicht akzeptieren wird. Sie will stattdessen eine nach eigenen Angaben temporäre Militäroffensive in Gaza-Stadt durchführen und gleichzeitig auf ein umfassendes Abkommen zur Beendigung des Krieges drängen.

Vater klingt in Interview noch verzweifelter

Einen Tag später wird Roms Vater vom israelischen Sender Kanal 12 interviewt. Er klingt noch verzweifelter: »Es kann nicht sein, dass wir, nachdem wir ihn – mein Kind – sterben und gefoltert sehen, einfach so weitermachen, als wäre nichts passiert. Das ist unfassbar, ich kann es nicht verstehen.«

Er sei auch bereit, »extreme Maßnahmen« zu ergreifen, um seinen Sohn zu befreien, und schließe nichts aus. Was genau das sein könnte, sagt er nicht, doch unterstreicht: »Ich kann nicht länger schweigen. Alles, was ich tun kann, werde ich tun. Es ist mir egal, wenn nötig auch extreme Maßnahmen. Ich habe nichts mehr zu verlieren.«

Gazakrieg

Palästinenser trainieren in Ägypten für den »Tag danach«

Rund 10.000 Mann sollen für den in Gaza als Sicherheitskräfte eingesetzt werden, sobald der Krieg zu Ende ist

von Sabine Brandes  28.08.2025

Nahost

Israel kündigt zwei neue Hilfszentren im Gazastreifen an

Die Bauarbeiten laufen bereits. Zwei neue Verteilstellen für Hilfsgüter werden eingerichtet. Betreiber soll die amerikanische GHF-Stiftung werden

 28.08.2025

Diplomatie

Blair berät Trump und Kushner bei Gaza-Wiederaufbau

Der ehemalige britische Premier und sein Tony Blair Institute sollen einen Plan für die Zukunft des Gazastreifens ausgearbeitet haben

 28.08.2025

Krieg

Wie weiter in Gaza?

Israelische Sicherheitsexperten diskutieren über die Chancen und Risiken der geplanten Ausweitung der Militäroperation im Kampf gegen die Hamas-Terroristen

von Sabine Brandes  28.08.2025

Appell

Nennt ihre Namen!

Deutschland redet geradezu obsessiv über Israel. Über den angeblichen »Völkermord.« Über die Siedlungen. Aber über die deutschen Geiseln spricht fast niemand. Es ist, als existierten sie nicht mehr

von Andreas Büttner  28.08.2025

Krieg

Israels Armee: Evakuierung der Stadt Gaza »unvermeidlich«

Vor der geplanten Umquartierung der Einwohner von Gaza Stadt laufen die Vorkehrungen für die Einrichtung humanitärer Hilfszentren auf Hochtouren

von Robert Messer  27.08.2025

Antisemitismus

Vuelta: Demonstranten stoppen Israel-Team

Sportdirektor Daryl Impey: »Es war ein Schock für uns«

von Stefan Tabeling  27.08.2025

Krieg

»Manipulierte Daten«: Israel fordert Rücknahme von Bericht über Hungersnot in Gaza 

Israel kritisiert den IPC-Bericht über eine Hungersnot in Teilen Gazas scharf und fordert dessen sofortige Rücknahme

von Robert Messer  27.08.2025

Davidstadt

Jerusalem: Archäologen entdecken größten Damm des alten Israel

Monumentaler Fund bei Jerusalem: Archäologen haben den ältesten bekannten Damm Israels aufgespürt. Die antike Staumauer diente laut den Forschern einem doppelten Zweck

 27.08.2025