»Der Krieg ist vorbei. Es ist wahr. Und du kommst nach Hause.« Worte, die Einav Zangauker ins Handy schreit. Der, der da anruft, ist ihr Sohn Matan. Über zwei Jahre lang hat sie ihn nicht sprechen können. Denn der 25-Jährige war Geisel der Terrororganisation Hamas in Gaza. Und es ist die Hamas, die Matans Mutter an diesem Morgen anruft.
Noch ist Matan Zangauker nicht in Freiheit. Doch die Mutter bekommt schon den ersehnten – und völlig unerwarteten – Anruf. Sie ist auf dem Weg in die israelische Militärbasis Re’im an der Grenze zum Gazastreifen, wo sie später ihren Sohn in die Arme schließen soll. Nach 738 unendlichen Tagen des Wartens, Hoffens und Bangens.
Auch bei den Cunios klingelt unerwartet das Telefon
»Mein Leben, mein Süßer, ich liebe Dich. Wir umarmen uns gleich. Es ist wahr. Du kommst nach Hause«, ruft seine Mutter weiter mit hörbar aufgeregter Stimme und lacht. Und immer wieder sagt sie: »Der Krieg ist vorbei. Er ist wirklich vorbei…« Im Hintergrund hört man Männer arabisch sprechen.
Neben ihr im Auto sitzt Matans Verlobte Ilana Gritzewsky, eine ehemalige Geisel. Auch sie schreit ins Handy: »Ich bin ebenfalls hier. Ich warte auch auf Dich. Mein Liebster, mein Süßer…« Ihre Stimme überschlägt sich, als sie ihren Matan zum ersten Mal wiedersieht und sprechen hört. Gritzewsky und Zangauker waren aus dem Kibbuz Nir Oz von der Hamas entführt worden. Die 30-Jährige war nach 55 Tagen im November 2023 durch einen Deal freigekommen.
Später wird das Telefon offenbar an die Cunio-Brüder weitergegeben. Auch sie sprechen mit Angehörigen. Es ist nicht bekannt, mit wem, und was sie gesagt haben. Es wird klar, dass die israelischen Geiseln zusammen in einem Fahrzeug sitzen und offenbar zu der Übergabe an das Rote Kreuz gebracht werden.
Vicky Cohen: »Er hat nicht viel gesagt. Aber er sieht wundervoll aus.«
Vicky Cohen, die Mutter des jungen Soldaten Nimrod Cohen (21) meldet sich ebenfalls kurz darauf zu Wort. Sie habe gerade auch mit ihrem Sohn gesprochen – über das Handy der Hamas. »Er sieht sehr gut aus«, sagt sie einem Reporter des israelischen öffentlich-rechtlichen Senders Kan. »Er hat nicht viel gesprochen. Aber ich habe ihn gesehen. Und er sieht wundervoll aus.«
Etwa eine halbe Stunde später melden sich weitere Familien. Elkana Buhbut hat seine Eltern anrufen dürfen. Er sagt: »Hakol beseder« - alles ist in Ordnung. »Beruhigt Euch...« Seine Mutter Ruhama erzählt danach, dass er aussieht wie »mein Elkana«. Den Menschen auf dem Platz der Geiseln sagt sie: »Es ist auch wegen Euch. Ich danke und liebe Euch.«
Auch Bar Kuperstein ruft an. Neben ihm steht ein in grüner Maske vermummter Hamas-Mann. Doch der 23-Jährige aus Holon strahlt in die Handykamera und begrüßt seine Familie.
Und auch Rom Braslavski aus Jerusalem ruft an. Seine Mutter schreit, dass sie sich nach ihm »verzehrt«. Der Hamas-Terrorist im Hintergrund sagt der Familie, dass sie das Video »an die israelischen Nachrichten schicken soll«. Auch in diesem Moment nutzen die Terroristen die Situation für die psychologische Kriegsführung aus. Rom weint. Seine Eltern trösten ihn in diesem ungewöhnlichen Gespräch. »Romi, wir sehen dich gleich. Gleich bist du zu Hause. Wir lieben Dich.«
Offenbar hat sich auch Evyatar David bei seinen Eltern mit einem Videoanruf gemeldet. Um ihn hatte es besonders große Sorge gegeben. Ein Hamas-Video vor einigen Wochen hatte ihn völlig ausgemergelt dabei gezeigt, wie er in den Tunneln der Hamas ein Grab schaufelte. Doch sein Vater Avishay Evyatar sagte, er habe gesagt, »es geht mir gut«. In den vergangenen Tagen ihrer Geiselhaft hätten sie mehr Essen von der Hamas erhalten.
»Was für ein Geschenk«, sagt die Moderatorin Tali Morano mit erstickter Stimme im Studio dazu. »Was für ein Geschenk…«