COVID-19

Israel und die zweite Welle

Gesundheitsminister Yuli Edelstein während einer Pressekonferenz im Juni 2020 Foto: Flash 90

Die zweite Welle ist in Israel angekommen, meinen mittlerweile die meisten  Gesundheitsexperten. Und es könnte sogar sein, dass »Israel die Kontrolle über das Coronavirus verloren« habe. Dieser Auffassung ist eine Gruppe von Wissenschaftlern, die den Nationalen Sicherheitsrat berät. Auch Gesundheitsminister Yuli Edelstein fordert derweil striktere Maßnahmen im Umgang mit der Pandemie.  

INFEKTIONSKETTE »Es müssen jetzt sofortige Schritte eingeleitet werden, um die Virusverbreitung zu unterbinden, sonst wird es in wenigen Wochen einen weiteren Lockdown geben«, schrieb die Gruppe an Premierminister Benjamin Netanjahu und Edelstein am Wochenbeginn. Das Gremium, dem Professor Avi Waxman vom Weizmann Institut vorsitzt, will zudem erreichen, dass die Verantwortlichkeit für das System der Durchbrechung der Infektionskette nicht mehr in den Händen der Generaldirektorin im Gesundheitsministerium, Sigal Sadetzki, liegt.

Nichtstun wird zu einem weiteren Lockdown innerhalb von wenigen Wochen führen, meinen Gesundheitsexperten.

Die tägliche Anzahl der Neuinfektionen sei hoch, würde stetig wachsen, und die Fälle treten im ganzen Land auf, so das Schreiben. Allerdings verdoppele sich diese Zahl alle zwölf Tage, während es im März alle drei Tage war. Zudem sei der Prozentsatz der Patienten in ernsthaftem Zustand niedriger als zuvor. »Das bietet jetzt eine Möglichkeit, aktiv zu werden«, rufen die Experten auf. Das Nichtstun indes werde zu einem weiteren Lockdown innerhalb von wenigen Wochen führen. »Und die Folgen für die Wirtschaft und Gesellschaft werden verheerend sein.«

23.755 Menschen sind bislang mit dem Coronavirus infiziert, gibt das Gesundheitsministerium an. An den Folgen von COVID-19 starben 318 Erkrankte. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden sind 299 Israelis neu infiziert worden, am Tag zuvor waren es mehr als 600.

NEUINFEKTIONEN Erst vor einer Woche war der Zugverkehr in Israel wieder eingerichtet worden. Nachdem die Neuinfektionen auf teils weniger als 20 gesunken waren, hatten Restaurants, Cafés und Bars wieder geöffnet, wurden Gottesdienste im Innern und später auch Hochzeiten und andere Familienfeiern erlaubt.

Derweil gab Netanjahu bekannt, dass Arbeitslosenunterstützung für alle Betroffenen bis Mitte August verlängert werde. Alle Beschäfigungslosen über 67 erhalten außerdem Zulagen. Dennoch zeigt eine Umfrage des Fernsehkanals zwölf am Wochenende, dass lediglich 35 Prozent der Israelis damit zufrieden sind, wie die Regierung mit der aus der Pandemie resultierenden Wirtschaftskrise umgeht.

Ziel sei der maximale Schutz mit dem minimalen Schaden für die Wirtschaft, sagt Gesundheitsminister Yuli Edelstein.

Auch Gesundheitsminister Edelstein spricht sich mittlerweile für striktere Maßnahmen aus. In einer Pressekonferenz am Sonntag bestätigte er, dass sich das Land »am Anfang einer zweiten Welle befindet«. Ziel sei der maximale Schutz mit dem minimalen Schaden für die Wirtschaft. Der richtige Weg dahin sei seiner Meinung nach die »Eindämmung der Gottesdienste und die Ausweitung der Heimarbeit für Angestellte, vor allem im öffentlichen Dienst«.

WETTBEWERB »Aber leider gibt es derzeit einen populistischen Wettbewerb. Sieger ist der, der die Notwendigkeit der Vorsicht am frechsten umgeht«, wetterte Edelstein in Bezug auf andere Politiker. »Einige beschuldigen mich, Panik zu sähen. Aber es ist leicht, damit abzulenken, um billige Punkte zu erzielen. Leicht, aber gefährlich.« Edelsteins Vorschläge waren zunächst bei einem Treffen der Minister am Sonntag diskutiert jedoch nicht angenommen worden.

Am Tag darauf beschloss das Corona-Kabinett einige Einschränkungen für die Bevölkerung. Dazu gehört, dass die Zahl von Teilnehmern an Beschneidungszeremonien, Beerdigungen und Gottesdiensten auf 50 limitiert wird. Bei Hochzeiten wird ab 10.7. die Zahl auf 250 unter freiem Himmel beschränkt, innerhalb geschlossener Räume auf 100 Gäste. Zudem wird die Zahl der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Homeoffice auf 30 Prozent erhöht.

Glosse

Das kleine Glück

Was unsere Autorin Andrea Kiewel mit den Produkten der Berliner Bäckerei »Zeit für Brot« in Tel Aviv vereint

von Andrea Kiewel  20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Geiseln

Quälendes neues Geiselvideo

Veröffentlichte Clips zeigen sechs Geiseln, die acht Monate später in Gaza von der Hamas hingerichtet wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  20.12.2025

Knesset

Umfrage: Netanjahu-Regierung ohne Mehrheit

Im Herbst 2026 wählen die Israelis ein neues Parlament. Laut einer Meinungsumfrage liegen die Parteien der amtierenden Koalition weit hinter der Opposition

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Israel

Zahl der Verkehrstoten steigt

Die Statistik verzeichnet mehr Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang denn je

 19.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Tschechien

Prag plant Botschaftsverlegung nach Jerusalem

Der neue Prager Außenminister Petr Macinka sagt, der Schritt sei überfällig

 18.12.2025