Der öffentlich-rechtliche Sender Israels, Kan, könnte bald der Vergangenheit angehören. Die Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu scheint es ernst mit der Drohung zu meinen, den Sender privatisieren und damit de facto abschaffen zu wollen. Der Ministerausschuss für Gesetzgebung billigte die Weiterführung eines Gesetzentwurfs, der die Nachrichtenabteilung des israelischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks Kan sowie dessen arabischsprachigen Schwestersenders Makan schließen soll.
Der Gesetzentwurf der Abgeordneten Galit Distel Atbaryan (Likud) sieht die Abschaffung zentraler Elemente des israelischen öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems vor. Er zielt zunächst darauf ab, die Nachrichtenabteilung von Kan zu schließen, Hunderte Millionen Schekel aus dem Budget des Senders zu streichen, das öffentlich-rechtliche Radionetzwerk Reshet Bet zu privatisieren und Makan, den arabischsprachigen Schwester-Fernsehsender, zu schließen. In der Begründung heißt es lapidar: »Solche Inhalte seien unnötig«.
Entwurf trotz Nein der Generalstaatsanwaltschaft angenommen
Verschiedene Likud-Abgeordnete versuchen seit Jahren, Teile der israelischen Rundfunkgesellschaft zu privatisieren oder zu schließen. Der jüngste Gesetzentwurf, der auf die vollständige Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Senders abzielt, wurde bereits im vergangenen Jahr in einer vorläufigen Lesung angenommen. Besonders Kommunikationsminister Shlomo Karhi förderte diese Bemühungen.
Der Gesetzentwurf zur Schließung von Kans Nachrichtenabteilung wurde trotz des Widerstands der Generalstaatsanwaltschaft angenommen. In einem Positionspapier an den Ausschussvorsitzenden, Justizminister Yariv Levin, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft: »Der Gesetzentwurf dürfte die Medienlandschaft in Israel grundlegend verändern und die ›öffentliche Stimme‹ beseitigen – eine zentrale und einzigartige Stimme, die den Bürgern Nachrichten und aktuelle Inhalte frei von kommerzieller und politischer Voreingenommenheit bietet.«
Die Rundfunkgesellschaft wurde 2014 durch ein Gesetz gegründet und 2017 eröffnet. Sie ersetzte die ehemalige israelische Rundfunkbehörde (IBA). Premierminister Benjamin Netanjahu unterstützte und förderte das Gesetz zunächst, lehnte es später jedoch ab. 2016 erklärte er gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Senders, er bedauere die Gründung.
Miri Regev: »Was ist die Rundfunkgesellschaft wert, wenn wir sie nicht kontrollieren?«
Verbündete von Netanjahu kritisierten Kan, die neue Rundfunkbehörde, schon damals aufs Schärfste. Miri Regev vom Likud, seinerzeit Ministerin für Kultur und Sport, fragte im Jahr 2016: »Was ist die Rundfunkgesellschaft wert, wenn wir sie nicht kontrollieren?«
Kan kritisierte die Vielzahl der Gesetzesentwürfe, die den Sender einschränken sollen, in einer Erklärung. Sie seien darauf ausgerichtet, »die Nachrichtenabteilung von Kan und ihre Mitarbeiter zu terrorisieren und regierungsnahen Kreisen zu nützen, die versuchen, sich öffentlich zugängliche Radiofrequenzen zu sichern«.
Und weiter: »Ohne kostenlose Nachrichtensendungen gibt es keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und genau das ist bei dem vom Likud initiierten Gesetz der Fall«, fügte die Senderleitung hinzu und gab zu bedenken: »Tatsächlich wird Kan News in unabhängigen, umfassenden Umfragen immer wieder als die zuverlässigste Nachrichtenagentur Israels wahrgenommen.«
Kan: »Medien müssen sich Launen der Regierung beugen«
Es wurde darauf hingewiesen, dass der jüngste Entwurf zu einer Vielzahl anderer Einbringungen von Abgeordneten gehört, die alle darauf abzielen, Kan einzuschränken. »Jeder der Vorschläge, für sich genommen und sicherlich auch in Verbindung mit den anderen, hat eine sehr erhebliche abschreckende Wirkung auf das Unternehmen sowie auf andere Medien in Israel«, hieß es in der Erklärung zusammenfassend.
»Die Botschaft, die sich daraus ergibt, ist die, dass ein Medienunternehmen, das sich nicht den Launen der Regierung beugt, möglicherweise um seine Existenz kämpfen muss.«
Kan merkte auch an, dass die Schließung seiner Nachrichtenabteilung zum Ausschluss des Unternehmens aus der Europäischen Rundfunkunion führen könnte, »was mehrere israelfeindliche Länder bereits angestrebt haben«. »Und das alles nach Israels Erfolg beim letzten Eurovision Song Contest, der Israels Image außerordentlich gestärkt hat …«
Und so könnte jedes neue Gesetz, das den öffentlich-rechtlichen Sender schwächt, zum Ende der israelischen Teilnahme an dem größten Gesangswettbewerb der Welt führen. Eurovision ohne Israel – die Forderung von Israel-Gegnern könnte damit hausgemachte Realität werden.