Geisel-Übergabe

Obduktionsergebnisse für Kfir und Ariel liegen vor

Ein Bild aus glücklichen Zeiten: Yarden, Ariel, Shiri und Kfir Bibas Foto: Privat

Die islamistische Hamas hat nach israelischen Angaben mit der Übergabe einer falschen Leiche gegen die Waffenruhe-Vereinbarung verstoßen. »Es ist eine anonyme, nicht identifizierte Leiche«, teilte Israels Armee in der Nacht nach forensischen Untersuchungen mit. Dies sei ein schwerer Verstoß gegen die Vereinbarung, vier getötete Geiseln zu übergeben. Bei zwei Kinderleichen handele sich um die vor mehr als 16 Monaten in den Gazastreifen verschleppten Kfir und Ariel Bibas. Bei der am Vortag ebenfalls übergebenen Frauenleiche handele es sich jedoch nicht um ihre Mutter Shiri.

Nun wird klar: Die Terroristen haben Kfir und Ariel getötet. »Im Widerspruch zu den Lügen der Hamas wurden Ariel und Kfir nicht bei einem Luftangriff getötet«, teilte Militärsprecher Daniel Hagari mit.

»Wir fordern, dass die Hamas Schiri mit allen anderen unserer Geiseln zurückgibt«, teilte die Armee mit. Israel habe diese Forderung auch in einer dringenden Botschaft an die Vermittler erhoben und darin protestiert, dass die Hamas gegen die Vereinbarungen verstoßen habe, berichtete die israelische Nachrichtenseite »ynet». Ein ranghoher israelischer Beamter habe die Situation als »zutiefst schockierend« beschrieben. »Wir wissen nicht, warum sie das getan haben. Das ist ein großer Vertrauensbruch«.

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Am Freitag behauptete Hamas-Vertreter Ismail al-Thawabteh, dass sich angeblich Shiri Bibas‹ Körperteile bei einem israelischen Luftangriff mit denen anderer Getöteter gemischt hätten, deshalb sei die genetische Analyse negativ. Das forensische Institut Abu Kir hatte allerdings bereits bekannt gegeben, dass der Körper in dem mit Shiris Foto versehenen Sarg in einem Zustand sei, der eine einwandfreie Analyse ermöglicht habe, berichtet »Times of Israel«. Die Frau sei angezogen gewesen, und man habe sie mehrfach getestet, um Fehler auszuschließen. Die vorliegende DNA sei mit der von Shiri Bibas und allen anderen weiblichen Geiseln verglichen worden. Es habe keinerlei Übereinstimmung gegeben.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete den Vorgang der Hamas, eine andere Leiche als Shiri Bibas auszugeben als »grausam und bösartig«. Dafür würden die »Hamas-Monster« zahlen, warnte Netanjahu in einer Videobotschaft. Zugleich sicherte er zu, sich für die Rückkehr aller Geiseln einzusetzen. Die Zukunft der Waffenruhe und die für Samstag geplante Freilassung sechs weiterer Geiseln scheint erneut gefährdet. 

Israels Armee informiert Familie Bibas 

Die israelische Armee informierte unterdessen nach eigenen Angaben die Familie Bibas über den Tod der beiden Kinder Ariel und Kfir Bibas. Ariel sei zum Zeitpunkt seines Todes vier Jahre und Kfir zehn Monate alt gewesen. Nach Einschätzung von Experten auf der Basis von Geheimdienstinformationen und forensischer Untersuchungsergebnisse seien »Ariel und Kfir im November 2023 in Gefangenschaft brutal von Terroristen ermordet worden«.

Die Hamas hatte behauptet, sie wären bei einem israelischen Bombardement getötet worden. Allerdings gehört es zur psychologischen Kriegsführung der Terroristen, zu behaupten, dass Geiseln durch israelische Angriffe getötet worden sind. Unter anderem schütteten Hamas-Terroristen Staub über die Geisel Daniella Gilboa und filmten sie, um die Welt glauben zu lassen, sie sei bei einem israelischen Luftangriff getötet worden. Das berichteten Angehörige nach Gilboas Freilassung. Der Vater von Ariel und Kfir, Yarden Bibas, der ebenfalls Geisel in Gaza war, aber getrennt von seiner Frau und seinen Kindern gefangengehalten wurde, sei immer wieder mit Geschichten über den Tod seiner Frau und Kinder gequält, berichteten andere freigelassene Geiseln. Yarden Bibas wurde kürzlich freigelassen.

Israels UN-Botschafter fordert Verurteilung der Hamas 

»Dies ist ein neuer Tiefpunkt, ein Übel und eine Grausamkeit, die ihresgleichen sucht«, schrieb Israels UN-Botschafter Danny Danon auf der Plattform X. Die Hamas habe eine nicht identifizierte Leiche anstelle der Mutter von zwei ermordeten Jungen zurückgegeben, »als ob es sich um eine wertlose Lieferung handelte«. UN-Generalsekretär António Guterres, der UN-Sicherheitsrat und die Generalversammlung dürften »angesichts der Barbarei der Hamas nicht weiter schweigen«, schrieb Danon weiter. »Der Staat Israel fordert eine klare und unmissverständliche Verurteilung dieses abscheulichen Verbrechens und eine klare und sofortige Forderung nach der Rückkehr von Shiri zu ihrer Familie«. 

Rubio: Hamas muss ausgerottet werden

US-Außenminister Marco Rubio forderte zuvor, die Hamas müsse »ausgerottet« werden. »Die Hamas ist das Böse – das reine Böse – und muss ausgerottet werden. ALLE Geiseln müssen JETZT nach Hause kommen«, schrieb Rubio auf der Plattform X. Sein Beitrag erschien vor der Nachricht, dass es sich bei der Frauenleiche nicht um Shiri Bibas handele. Die Hamas hatte am Donnerstag in Gaza die sterblichen Überreste von vier Menschen übergeben. Zunächst war die Leiche von Oded Lifschitz identifiziert worden. Lifschitz war ein pensionierter Journalist und Aktivist für die Rechte von Palästinensern. 

Unklar war nun zunächst, wie es mit der Umsetzung des Deals zwischen Israel und der Hamas nun weitergehen soll. Vier weitere Leichen sollten laut der islamistischen Terrororganisation in der kommenden Woche Israel übergeben werden. Zudem sollen am Samstag sechs weitere Geiseln im Rahmen des Abkommens zwischen Israel und der Islamistenorganisation freikommen.

Israel kündigte massiven Militäreinsatz im Westjordanland an  

Für einen weiteren Schock sorgte in Israel unterdessen die Explosion von drei Bussen in einem südlichen Vorort von Tel Aviv. Nach Angaben der Polizei wurde dabei niemand verletzt. Die Ermittler gehen von einem mutmaßlichen Terroranschlag mit Sprengsätzen in der Stadt Bat Jam aus. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte daraufhin in der Nacht einen massiven Militäreinsatz im Westjordanland an. Es habe sich um den Versuch einer Reihe von Bombenanschlägen gehandelt, teilte sein Büro weiter mit.

Nach Sicherheitsberatungen habe Netanjahu die Streitkräfte angewiesen, einen »intensiven Einsatz gegen Zentren des Terrorismus« im Westjordanland durchzuführen. Netanjahu wies zudem die Polizei an, die Präventivmaßnahmen gegen weitere Anschläge in israelischen Städten zu verstärken, hieß es. 

Laut israelischen Medienberichten waren die drei geparkten Busse leer. Zwei weitere Sprengsätze seien entschärft worden, hieß es. Einer davon wurde demnach in der Stadt Cholon südlich von Tel Aviv gefunden. In einem Fall habe eine Passagierin dem Busfahrer gemeldet, dass sie einen verdächtigen Gegenstand im Fahrzeug gefunden habe, berichtete der Sender Channel 13.

Der Sender Channel 12 mutmaßte, dass alle Sprengsätze gleichzeitig zur Detonation gebracht werden sollten. Sie hätten Zeitzünder gehabt, meldete die »Times of Israel« unter Berufung auf Tel Avivs Bezirkspolizeichef Haim Sargarof.

Beratungen über die Zukunft Gazas 

Derweil kommen heute in Saudi-Arabien die Staats- und Regierungschefs Ägyptens und Jordaniens sowie der Golfländer zusammen, um über einen möglichen Wiederaufbau des Gazastreifens zu beraten. Geplant sei ein »informelles brüderliches Treffen« in Riad, wie die saudi-arabische Staatsagentur SPA berichtete. Es finde statt im Kontext vergangener Treffen dieser Art und als Vorbereitung auf das Gipfeltreffen in Kairo zur Lage in dem abgeriegelten und verwüsteten Gazastreifen, das für Anfang März geplant ist. 

US-Präsident Donald Trump hatte mit einem umstrittenen Vorschlag, die rund zwei Millionen Bewohner Gazas dauerhaft in arabische Staaten umzusiedeln, für Unruhe in der Region gesorgt. Ägypten, Jordanien und andere arabische Länder der Region lehnen solche Pläne strikt ab. Ägypten will mit einem eigenen Plan für den Wiederaufbau des Gazastreifens verhindern, dass die USA und der Verbündete Israel den Vorschlag Trumps weiter vorantreiben. Israel lehnt eine Fortsetzung der Hamas-Herrschaft im Gazastreifen ebenso ab wie eine Kontrolle des Gebiets durch die Palästinensische Autonomiebehörde. (mit ja)

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