Geiseln

»Eine Geisel starb neben mir«

Nach seiner Gefangenschaft im Gazastreifen ist Kaid Farhan Elkadi derzeit noch zu Untersuchungen im Krankenhaus Foto: Yossi Ifergan

Immer mehr Details zur Gefangenschaft von Kaid Farhan Elkadi im Gazastreifen kommen ans Licht. Israelische Soldaten hatten den beduinischen Mann, der am 7. Oktober gekidnappt worden war, am Dienstag allein in einem Tunnel gefunden, hieß es. Die Hamas-Terroristen, die ihn festgehalten hätten, seien geflüchtet, als sie hörten, wie sich die Armee nähert. Elkadi habe während des Horrors auch erlebt, dass eine andere Geisel, ein jüdischer Mann, neben ihm gestorben sei.

Der ehemalige Bürgermeister der Beduinenstadt Rahat, aus der Elkadi stammt, berichtete, dass der Befreite ihm noch am Tag seiner Rettung im Krankenhaus davon erzählt habe. »Er sagte, ›eine Geisel, mit der ich zwei Monate zusammen war, ist neben mir gestorben‹. Er hat viele schreckliche Erinnerungen. Aber diese Geschichte bricht ihm das Herz«, so Ata Abu Madighem. Näheres dürfe er nicht sagen. Die israelischen Sicherheitskräfte bestätigten dies bislang nicht.

Befreite Geisel hat sehr viel an Gewicht verloren

Abu Madighem sagte auch, dass Elkadi während seiner gesamten Geiselhaft kaum die Sonne sah und ständig überprüft habe, ob seine Augen noch funktionieren. Seine Familie, die ihm im Soroka-Krankenhaus in Beer Schewa besuchte, gab an, dass er sehr viel Gewicht verloren habe, fast ausschließlich Brot zu essen bekam, doch auch das nicht regelmäßig. Das Krankenhaus teilte später mit, er sei offenbar bei relativ guter Gesundheit, es seien jedoch weitere Untersuchungen erforderlich.

Elkadis Cousin Fadi Abu Sahiban bestätigte am nächsten Tag, Elkadi sei genauso wie alle Israelis behandelt worden, obwohl er Muslim sei. »Sie [die Terroristen] machten ihm keine Zugeständnisse. Sie ließen ihn beten, das war das Einzige, was sie ihm erlaubten.« Er habe auch keine Möglichkeit gehabt, mit der Welt zu kommunizieren und sei nicht mit Medien in Berührung gekommen. Er habe den Beschuss der israelischen Armee ununterbrochen gehört, dabei habe »sein ganzer Körper gezittert«. Jeden Tag sei er sicher gewesen, dass es sein letzter Tag ist - und das nicht nur wegen seiner Entführer, sondern auch wegen des Beschusses der Armee.

»Er hat viel Zeit unter der Erde verbracht, aber er beginnt, Licht und Sonne zu sehen, und das gibt ihm Zuversicht.«

Der 52-Jährige ist die achte Geisel, die seit Kriegsbeginn lebend gerettet wurde, und die erste, die unter der Erde gefunden wurde. Die Soldaten hätten weder Elkadis Entführer noch andere Terroristen angetroffen, und es wurden auch keine anderen Geiseln in dem Tunnel gefunden. Das Militär betonte am Dienstag noch einmal, dass die Rettung der verbleibenden Geiseln, darunter die sterblichen Überreste von 34 Geiseln, deren Tod von der israelischen Armee bestätigt wurde, ein Austauschabkommen mit der Terrorgruppe Hamas erfordern wird.

Der jetzige Bürgermeister von Rahat, Talal al-Kerawi, der Elkadi ebenfalls im Krankenhaus besuchte, meinte, seine Rettung könne anderen Familien Hoffnung geben, deren Angehörige noch immer in Gaza gefangen gehalten werden. »Wir sind alle glücklich, jeder Mensch in Israel ist froh, dass Farhan zu Hause ist«, sagte er. »Er hat viel Zeit unter der Erde verbracht, aber er beginnt, Licht und Sonne zu sehen, und das gibt ihm Zuversicht.«

Hoffnung, dass diese Freude alle Geiselfamilien erleben werden

Sein Sohn Saad Elkadi sagte in israelischen Medien: »Er steht wieder auf den Beinen und spricht klar. Er hat ständig an seine Familie gedacht und nie den Glauben daran verloren, dass er es schaffen würde. Wir wissen nicht, wie er überlebt hat, aber er hat überlebt, und das ist, was zählt.«

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Elkadis jüngster Sohn Habib, der gerade zwei Monate alt war, als sein Vater entführt wurde, wurde von seinem Onkel Ismail ins Krankenhaus gebracht. »Wir sagten ihm: ›Du wirst deinen Vater kennenlernen‹, und er lächelte nur. Wir alle waren zu Tränen gerührt. Wir hoffen, dass alle Familien von Geiseln diese Freude erleben werden.«

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