Jom Haazmaut

»Ein Traum, der in Erfüllung ging«

Ari Rath Foto: dpa

Jom Haazmaut

»Ein Traum, der in Erfüllung ging«

Ari Rath über Israels Staatsgründung, Wunder und 40.000 Bazooka-Granaten

von Philipp Peyman Engel  23.04.2015 14:23 Uhr

Herr Rath, wie haben Sie 1948 den Unabhängigkeitstag erlebt?
Mit Ihrer Frage erwischen Sie mich an meiner Achillesferse. Als der jüdische Staat ausgerufen wurde, war ich nicht in Jerusalem, sondern in New York. Meine Aufgabe war es, junge amerikanische Juden für die Alija zu begeistern. Ich habe diesen historischen Moment selbst gar nicht an Ort und Stelle miterlebt. Das macht mich bis heute traurig.

Noch in derselben Nacht wurde Israel von mehreren arabischen Staaten angegriffen. Wurden Sie zum Kämpfen nach Israel abberufen?
Das war zeitweise im Gespräch, ich war ja im besten Alter: 23 Jahre. Doch erst einmal bekam ich den Auftrag, für unsere damals noch nicht gut ausgestattete Armee 40.000 Bazooka-Granaten und so viele Panzer wie möglich einzukaufen. Ich war immer zusammen mit Teddy Kollek unterwegs, dem späteren Bürgermeister von Jerusalem. Das war sehr abenteuerlich.

Inwiefern?
Nun, Waffenverkäufer sind nicht immer die allerseriösesten Gesellen. Aber wir wussten: Es kommt auf jede Granate an, um unseren jungen Staat zu verteidigen und zu überleben.

Nach Ihrer Rückkehr 1949 nach Israel wurden Sie Journalist. In den 50er-Jahren gehörten Sie mit Schimon Peres und Yitzhak Rabin zum engen Kreis um Ministerpräsident David Ben Gurion. Wie blicken Sie auf die vergangenen 67 Jahre zurück?
Mit großer Sprachlosigkeit! Was Israel in dieser Zeit alles geleistet hat, ist ein Traum, der in Erfüllung ging. Die Israelis haben in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik Unglaubliches geleistet. Ich bin als 13-Jähriger 1938 von meiner Heimatstadt Wien mit einem Kindertransport nach Palästina gelangt. Wenn man sich vor Augen führt, wie das Land damals im Vergleich zu heute ausgesehen hat, muss man von einem Wunder sprechen – trotz aller politischen Probleme, die Israel dringend lösen muss.

Welche Probleme meinen Sie?
Ich bin der Ansicht, dass Israel nur dann Frieden finden wird, wenn es einen Ausgleich mit den Palästinensern findet. Meiner Ansicht nach ist die Regierung Netanjahu dazu weder in der Lage noch willens. Sie fokussiert sich aus politischem Kalkül heraus auf außenpolitische Themen, etwas die Bedrohung durch Iran. Dabei wäre das Vorantreiben der Zweistaatenlösung viel wichtiger. Solange dies nicht geschieht, wird Israel nie das sein, was es sein könnte.

Was glauben Sie: Wie wird Israel 2083 – nach weiteren 67 Jahren – den Jom Haazmaut feiern?
Wissen Sie, ich stamme aus dem Volk der Propheten, ich selbst bin aber leider keiner. Aber so viel kann ich sagen: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Israel dann noch existieren wird – trotz vieler Staaten, die anders denken und hoffen.

Das Gespräch führte Philipp Peyman Engel.

Ari Rath wurde 1925 als Sohn galizischer Juden in Wien geboren. Als Journalist war er oft Zeuge einschneidender Ereignisse in Politik und Zeitgeschichte, die er jüngst in seinem Buch »Ari heißt Löwe« aufgeschrieben hat. Er berichtet darin vom »Anschluss« und seiner Flucht aus Österreich, vom harten Leben im Kibbuz, von seinen Jahren in den USA im Dienst der zionistischen Jugendbewegung und dem mühsamen Aufbau des Staates Israel. Außerdem schreibt er von seinen Jahren bei der »Jerusalem Post«, die er bis zum Ende seiner Chefredakteurstätigkeit als Sprachrohr eines politisch liberalen Israel prägte.

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Die letzte Geisel in Gaza

»Er ging als Erster – er kommt als Letzter zurück«

Ran Gvili war ein Polizist einer Eliteeinheit, der trotz gebrochener Schulter in den Kampf zog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Prozess

Bitte um Gnade

Premierminister Netanjahu wendet sich überraschend an Staatspräsident Herzog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

Tel Aviv

Fast jeder vierte Israeli denkt über Auswanderung nach

Unter säkularen Juden ist die Zahl derer, die ein Auswandern erwägen, größer als in religiösen Gruppen und bei israelischen Arabern

 04.12.2025

Gaza

Sudthisaks letzte Reise hat begonnen

Der Leichnam des thailändischen Landarbeiters Sudthisak Rinthalak wurde am Mittwoch überführt. Nun befindet sich noch eine tote Geisel in Gaza, nämlich die von Ran Gvili

von Sabine Brandes  04.12.2025

Barcelona

Guinness World Records blockiert Bewerbungen aus Israel

Die israelische NGO Matnat Chaim will im kommenden Monat 2000 Nierenspender zusammenbringen. Dieser Rekord wird nicht registriert, da er im jüdischen Staat umgesetzt werden soll

 04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert