Tourismus

Düfte der Wüste

Die bizarre Landschaft des Kraters Makhtesh Ramon bei Mitzpe Ramon in der Negev-Wüste war Teil der antiken Parfumstraße. Foto: Flash90

Die Legende geht, dass all jene, welche die Parfumroute in alter Zeit bereisten, dauerhaft berauscht waren. Doch nicht etwa von alkoholischen Getränken. Es sei der Duft in der ganzen Gegend gewesen, der die Reisenden umgeben habe wie eine betörende Wolke.

Eine der wichtigsten Handelsrouten der Antike begann im Süden der Arabischen Halbinsel und führte auch durch Israel. Die Herstellung von und der Handel mit Parfum waren bereits im 13. Jahrhundert v.d.Z. enorme Quellen des Reichtums. Jetzt soll die alte Route wiederbelebt und touristisch erschlossen werden.

handelsstraße Die Handelsstraße führte nach Norden, parallel zum Roten Meer, und umfasste etwa 65 Raststationen. Der touristische Ausbau der Region ist Teil der »Negev 2030«-Strategie des Tourismusministeriums, die in sieben Jahren die Region zu einer »Tourismusdestination der Zukunft« machen soll. Bereits heute ist die Negev-Wüste ein beliebtes Ziel für Gäste aus dem In- und Ausland, allerdings mit relativ wenig Infrastruktur.

Um das zu ändern, plant die israelische Landbehörde in Zusammenarbeit mit dem Regionalrat der Mittleren Arava den Bau des ersten Feriendorfes in der Region. Es soll ein Hotel mit Konferenzsälen und Besucherzentrum werden. In einem Garten für Gewürz- und Parfumpflanzen der Antike werden die Touristen mehr über die Bedeutung der historischen Parfumstraße erfahren. Insgesamt stehen 19,2 Hektar zur Verfügung. Das Haus wird über 150 Gästezimmer verfügen.

Zur Parfumstraße gehört auch die Region der Wüstenkrater um Mitzpe Ramon. Das Gebiet rund um den Krater Ramon ist einzigartig auf der Welt. Die Landschaft soll mit ihren bizarren Felsformationen und Bergen besonders »behutsam touristisch erschlossen werden«, heißt es aus dem Ministerium in Jerusalem.

karawansereien Die Weihrauchstraße erlebte ihren Höhepunkt während der Nabatäer- und Römerzeit (ungefähr 300 v.d.Z. bis 300 n.d.Z) und verband die Arabische Halbinsel sowie das Rote Meer mit dem Mittelmeer. Sie war Hauptverkehrsstraße für den Gewürz- und Parfumtransport in die ganze Welt und übersät mit Siedlungen und kleinen Gasthäusern am Straßenrand, genannt Karawansereien, in denen die Händler Rast einlegen, sich und ihre Lasttiere versorgen konnten.

»Vor zwei Jahrtausenden war der Handel mit parfümierten Ölen und Weihrauchharzen in den Gesellschaften rund um das Mittelmeerbecken äußerst wichtig und führte zu interkulturellen Fernkontakten zwischen weit entfernten Orten wie Südostasien, Indien, Jemen, Alexandria und Rom«, erklärt Tali Erikson-Gini von der Altertumsbehörde. »Das macht die Arbeit an Stätten entlang dieser Route so außergewöhnlich interessant.«

Ein Ziel ist es, Pflanzen aus biblischer Zeit wieder auf diesem Boden zu kultivieren.

Laut Plinius dem Älteren, dem römischen Philosophen des ersten Jahrhunderts, dauerte die Überquerung des Abschnitts der Weihrauchstraße, der vom Jemen bis zum Gazastreifen reichte, etwa 62 Tage. Damals konzentrierte sich der Parfumhandel vor allem auf Weihrauch und Myrrhe. Diese wurden in Südarabien und im Norden Somalias angebaut.

Heute wachsen sie auch in Israel. Und zwar im Botanischen Garten des Kibbuz Ein Gedi. Die vier großen natürlichen Quellen, die den Bergen rundherum entspringen, sind Keim des Lebens für mehr als 900 verschiedene Pflanzenarten, die in der Oase oberhalb des Toten Meeres wachsen. Weihrauch und Myrrhe sind hier überall zu finden, ihr schwerer Duft wabert durch die warme Wüstenluft.

EXTRAKT Der weißliche Extrakt der Myrrhe wird, nachdem er wie in alten Zeiten gehärtet und mit Öl gemischt wurde, für medizinische und kosmetische Produkte verwendet. Der Kibbuz stellt mit den Wirkstoffen eine eigene Kosmetiklinie her.

Einst kamen die originalen Samen für die Myrrhe von Botanikern in England und Deutschland. »Es sind gute Pflanzen, die gesunde Samen hervorgebracht haben. Damit haben wir unsere eigenen gezüchtet«, weiß Mani Gal, der seit mehr als fünf Jahrzehnten im Kibbuz lebt und Experte für den Botanischen Garten ist.

Ein Ziel des Kibbuz sei es, Pflanzen, die in biblischer Zeit wuchsen, auf diesem Boden neu zu kultivieren. »Und viele von ihnen gedeihen ganz prächtig«, sagt Gal und zeigt stolz auf die Lawsonia inermis, einen Strauch, dessen Blätter die rote Hennafarbe produzieren. Die Pflanze wurde bereits im »Lied der Lieder« des legendären Königs Salomon besungen.

DUFTPFLANZE In Ein Gedi war es auch, wo in antiker Zeit eine der berühmtesten Duftpflanzen angebaut wurde: die antike Persimone (nicht zu verwechseln mit der modernen Kakifrucht). Das Verfahren zum Anbau der Pflanze und zur Herstellung des Parfums wurde über Generationen hinweg geheim gehalten, weil sie besonders wertvoll war.

1988 fand man in den Höhlen von Qumran am Toten Meer ein Gefäß mit Öl, von dem man annimmt, dass es sich um Persimon-Öl handelt. Vor zwei Jahren entdeckten Archäologen in der Altstadt von Jerusalem ein antikes, aus Amethyst geschnitztes Siegel, das möglicherweise die biblische Pflanze zeigt, die zu den Duftpflanzen gehörte, die für Zeremonien im Zweiten Jüdischen Tempel verwendet wurden.

Heute versucht sich eine Farm in der Nähe des Kibbuz Almog im Norden des Toten Meeres mit einer Experimentierplantage am Anbau der mystischen Pflanze. Die Website lädt ein: »Kommen Sie und lassen Sie sich vom Duft des antiken Parfums berauschen.«

Andrea Kiewel

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