Israel

Die Wahlen haben begonnen

Staatspräsident Reuven Rivlin bei der Stimmabgabe am Dienstagmorgen in einem Wahllokal in Jerusalem Foto: Flash 90

Mehr als 6,3 Millionen Israelis sind am heutigen Dienstag aufgerufen, ihre Stimme für eine neue Knesset abzugeben. 16 Prozent von ihnen sind arabische Israelis. Es sind die zweiten Parlamentswahlen innerhalb eines Jahres.

Die meisten der 10.885 Wahllokale öffneten ihre Türen punkt sieben Uhr morgens, einige kleinere sind seit acht Uhr mit Wahlhelfern besetzt. Um 22 Uhr werden sie schließen, und bereits wenige Minuten danach werden die ersten Hochrechnungen veröffentlicht. Am Wahltag ist es den Parteien untersagt, weiter Werbung zu betreiben.

hotlines Innenminister Arie Deri von der ultraorthodoxen sefardischen Partei Schas blies vor dem Beginn der Stimmabgaben das Schofar, um an die Bedeutung der Wahlen zu erinnern. Viele Parteivertreter schicken SMS herum und bieten alten und kranken Menschen an, sie zu den Wahllokalen zu fahren, sollten sie dazu allein nicht in der Lage sein. Die Leiterin der Überwachung des demokratischen Prozesses innerhalb des Wahlkomitees, Orly Adas, erklärte, dass jede Unregelmäßigkeit oder auch nur die bloße Vermutung von den Bürgern gemeldet werden solle. Es sind zwei Hotlines unter den Nummern *8492 und *8354 geschaltet, die Beschwerden aufnehmen.

Es wird bis zum Abend spannend bleiben, denn man geht davon aus, dass es ein enges Rennen zwischen den zwei größten Parteien wird.

Es wird bis zum Abend spannend bleiben, denn man geht davon aus, dass es ein enges Rennen zwischen den zwei größten Parteien wird, dem rechten Likud von Premierminister Benjamin Netanjahu und der oppositionellen Zentrumsunion Blau-Weiß von Ex-General Benny Gantz und Yair Lapid. Daher ist es nicht garantiert, dass das Ergebnis heute klarer sein wird als im April.

Damals hatten beide Parteien jeweils 35 Mandate geholt. Der regierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte es dennoch nicht geschafft, eine Koalition zusammenzustellen und sich die Mehrheit im 120 Sitze starken Parlament zu sichern. Die dafür nötige Partei Israel Beiteinu hatte sich unter dem Vorsitz von Avigdor Lieberman geweigert, in einer gemeinsamen Regierung mit den Ultraorthodoxen des Vereinigten Tora-Judentums zu sitzen.

einheitsregierung Mehrfach bereits hatte Lieberman verkündet, dass er eine Einheitsregierung erzwingen will. Das könnte tatsächlich ein realistisches Szenario sein, denn sowohl ein Block aus rechten und religiösen Parteien als auch eine Mitte-Links-Regierung braucht seine Sitze, um in der Knesset eine Mehrheit zu erhalten. Allerdings hatte die herausfordernde Union Blau-Weiß erklärt, nicht mit Netanjahu in einer Koalition sitzen zu wollen. Eine Ablösung des Premiers mit der längsten Amtszeit in der Geschichte des Landes innerhalb seiner eigenen Partei wäre ein möglicher Ausweg.

Kurz bevor er seinen eigenen Stimmzettel in die blaue Box steckte, machte Lieberman vor Journalisten klar: »Wir werden eine Regierung ohne die Ultraorthodoxen aufstellen. Es wird keine dritte Wahl geben, und definitiv gibt es nicht noch einmal 61 Stimmen, um die Knesset aufzulösen.«

Auch Staatspräsident Reuven Rivlin unterstrich in einer Ansprache auf Facebook, dass er seine Macht nutzen wolle, um dies nicht geschehen zu lassen: »Ich werde alles tun, um weitere Wahlen zu verhindern und schnell eine Regierung aufzubauen.« Er forderte seine Landsleute – trotz großer Politikmüdigkeit – auf, zu den Wahlen zu gehen.

Hintergrund

Das steckt hinter »Katargate«

Die Affäre um vermeintliche Zahlungen von Doha an Netanjahu-Berater und Medien-Leaks zieht immer weitere Bahnen

von Sabine Brandes  30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Afrika

Somalier protestieren gegen Israel

Sprechchöre, geschlossene Unis, kämpferische Reden: In Somalia entlädt sich Wut über Israels Anerkennung von Somaliland. Die Proteste ziehen sich quer durch die Gesellschaft.

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Jerusalem/Fremont

Benjamin Netanjahu spricht mit Elon Musk über KI-Zukunft Israels

Im Mittelpunkt stand die strategische Ausrichtung Israels im Bereich künstlicher Intelligenz. Netanjahu will das Land technologisch an die Weltspitze führen

 30.12.2025

Jerusalem

Mikwe aus der Zeit des Zweiten Tempels unter der Klagemauer entdeckt

Der Fund gilt als eindrucksvoller archäologischer Beleg für die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 nach Christus

 30.12.2025

Schicksalbericht

»Der Terrorist betete, dass mein Kind stirbt«

Der 36-jährige Elkana Bohbot spricht zum ersten Mal über seine persönlichen Erlebnisse als Hamas-Geisel in Gaza

von Sabine Brandes  30.12.2025

Medizin

Studie aus Tel Aviv: Hautkrebs setzt Immunsystem gezielt außer Gefecht

Weltweit sterben jährlich 57.000 Menschen an Melanomen. Die neuen Erkenntnisse aus Israel könnten Medizinern helfen, diese Krebsform zu bekämpfen

 30.12.2025

Jerusalem

Knesset beschließt Gesetz gegen Versorgung von UNRWA-Einrichtungen

Israel wirft der UN-Organisation eine Nähe zur Hamas vor. Jetzt werden ihr der Strom, das Wasser und die Datenverbindungen gekappt

 30.12.2025